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Driver

Driver

Titel: Driver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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»Struktur« eines Drehbuchs zu reden.
    »Es ist kompliziert.«
    »Jede Wette.«
    Er hörte aufmerksam zu, während Nino erzählte – der getürkte Raubüberfall, der in die Hose gegangen war, dieser Typ, der es sehr persönlich genommen hatte, die Abrechnung.
    »Du hast Scheiße gebaut«, sagte Bernie.
    »Glaub mir, das weiß ich selbst. Ich hätte dich einschalten müssen. Wir sind ein Team.«
    »Nicht mehr«, sagte Bernie Rose.
    »Bernie …«
    »Halt die Schnauze, Nino.«
    Bernie Rose schenkte sich noch ein Glas Wein ein, machte die Flasche leer. In der guten alten Zeit hätten sie jetzt eine Kerze hineingestellt und das Ding auf einen der Tische gestellt. Wie romantisch.
    »Die Sache läuft jetzt so. Ich erledige diesen Kerl, aber es läuft nach meiner Ansage. Hat nichts mehr mit dir zu tun. Und wenn das erledigt ist, bin ich hier weg – wie eine schlechte Erinnerung.«
    »So leicht geht man nicht weg, mein Freund«, antwortete Nino. »Du steckst mit drin.«
    Sie saßen da, rührten sich nicht, sahen sich fest in die Augen. Es dauerte eine ganze Weile, bevor Bernie Rose wieder etwas sagte.
    »Ich bitte dich nicht um deine scheiß Erlaubnis, Izzy.« Dass er Ninos Spitznamen aus der Kindheit benutzte, was er in all diesen Jahren noch nie getan hatte, zeigte Wirkung. »Du hast dein Geld wieder. Sei damit zufrieden.«
    »Es geht hier nicht ums Geld«, sagte Nino.
    »Es geht ums Prinzip, richtig … Also wirst du was tun? Willst du einen Kommentar für die New York Times schreiben? Oder weitere von deinen Amateuren losschicken?«
    »Das wären keine Amateure.«
    »Heutzutage sind alle nur noch Amateure. Jeder Einzelne. Abziehbilder von Junior, mit ihren beschissenen Tattoos und putzigen kleinen Ohrringen. Aber es ist deine Entscheidung. Tu, was du tun musst.«
    »Das mach ich immer.«
    »Zwei Dinge noch«, fuhr Bernie fort.
    »Ich zähle.«
    »Wenn du mir Leute auf den Hals schickst, wenn irgendwer mir Leute auf den Hals schickt, solltest du die Laderampe besser aufhalten, denn dann wird regelmäßig angeliefert.«
    »Ist das derselbe Bernie Rose, der sagte, ich drohe niemals jemandem?«
    »Es ist keine Drohung. Und das jetzt auch nicht.«
    »Was?« Nino sah ihm in die Augen.
    »Nur der alten Zeiten wegen kriegst du nichts geschenkt. Wenn ich beim Blick in den Spiegel jemanden auf dem Rücksitz sehe, kümmere ich mich darum – und danach um dich.«
    »Bernie, Bernie. Wir sind Freunde.«
    »Nein. Sind wir nicht.«
     
    Was sollte man davon halten? Jedes Mal, wenn man dachte, man hätte es geschnallt, zeigte einem die Welt eine lange Nase und wechselte auf ihre eigene Spur zurück, wurde wieder unergründlich. Driver überlegte, dass er jetzt gern Manny Gildens Meinung gehört hätte. Manny hatte immer auf einen Blick Dinge verstanden, über die andere wochenlang nachgrübeln mussten. »Intuition«, hatte er gesagt, »alles nur Intuition. Nur eines meiner vielen Talente. Jeder hält mich für smart, aber das bin ich gar nicht. Irgendwas in mir erkennt einfach Zusammenhänge.« Driver fragte sich, ob Manny es jemals nach New York geschafft oder ob er wie bei den meisten Sachen am Ende doch wieder einen Rückzieher gemacht hatte.
    Der Wein-Mann kam heraus, um sich mit völlig ausdruckslosem Gesicht Espresso anzusehen, und kehrte dann ins Haus zurück. Eine halbe Stunde später schwebte er wieder aus der Tür und sattelte auf. Ein himmelblauer Lexus.
    Driver dachte später daran, wie der Kerl da gestanden und zu Boden gesehen hatte, das Weinglas in der Hand, und wie er kurz darauf in den Lexus gestiegen war, beinahe schwerelos, und verstand zum ersten Mal, was Manny mit Intuition gemeint hatte.
    Der Typ, der hineinging, und derjenige, der wieder herauskam, das waren zwei völlig verschiedene Menschen. Irgendetwas war dort drinnen passiert, das alles verändert hatte.

27
    Bernie Rose und Isaiah Paolozzi waren in Brooklyn aufgewachsen, im alten italienischen Teil rund um die Henry Street. Von dem Dach aus, auf dem Bernie einen guten Teil seiner Teenagerzeit verbracht hatte, konnte man nach links zur Freiheitsstatue und nach rechts zur Brooklyn Bridge sehen, die wie ein riesiges elastisches Band zwei verschiedene Welten zusammenzuhalten schien. Im Laufe der Jahre waren die Unterschiede zwischen diesen Welten ständig geringer geworden. In die Höhe schießende Mieten in Manhattan trieben junge Menschen über den Fluss und ließen auch in Brooklyn die Nachfrage und damit die Preise steigen. Manhattan lag schließlich mit

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