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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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sitzen und deren Lebenszweck darin besteht, die Leute über den Salatpreis abzulinken. Vergießt ja keine Träne für die.« Ronnie, der die drei in seinem Studebaker hingefahren hatte, konnte ihr da nur beipflichten. »Scheißfaschisten«, war sein Kommentar.
    Trotzdem raste ihr Herz, während sie an der Zigarette zog und so tat, als erwöge sie den Kauf der Packung Haferflocken in ihrer Hand, die Stirn furchte und die Augen ob der essentiellen Frage der Ausgabe von eins neunundsechzig für 100 Prozent natürlichen Rollhafer zu Schlitzen verengte. Sie bemerkte den Mann im bügelfrischen weißen Oberhemd und der Fliege erst, als er schon dicht neben ihr stand. »Alles in Ordnung bei Ihnen?« fragte er.
    Sie sah ihm in die Augen – ein verwaschenes Grau in einem rosafarbenen Gesicht, mit fettig glänzendem Haar, das präzise gescheitelt war wie auf Fotos in den Schaufenstern von Friseuren. Er war fünfundzwanzig, hatte seiner Freundin ein Kind gemacht, mit der Highschool aufgehört und arbeitete in diesem Laden, seit er sechzehn war. Oder so ähnlich. Er gehörte zur Spießerwelt, und das war alles, was zählte. Er war der Feind. Star zuckte kein bißchen zusammen, obwohl ihr Herz das reinste Schlagzeugsolo trommelte. »Nein«, sagte sie, »nicht ganz«, und sie konnte Reba und Verbie sehen, die im Nachbargang ihre Antennen einzogen – sie war nun ganz auf sich selbst gestellt. »Ich suche nämlich nach einem wirklich nahrhaften Müsli für meine Tochter. Ich will nicht, daß sie diesen Dreck ißt, den wir als Kinder gekriegt haben, Sugar Pops und Frosted Flakes und so Zeug. Deshalb dachte ich, vielleicht Haferflocken. Einfach reine Haferflocken. Mit Milch.«
    »Wie alt?« Er lächelte selig, ganz der dienstfertige Angestellte, der sich eine informierte Kundin vorknöpfte.
    »Was?«
    »Na, Ihre Tochter – wie alt ist sie?«
    »Ach, die ...« Um Zeit zu gewinnen, erfand sie zunächst einen Namen. »Jasmine? Ich hab sie Jasmine genannt, ist das nicht ein hübscher Name?«
    »O ja«, sagte er. »Sehr hübsch.« Kurze Pause. »Hier drin kann’s wirklich kalt werden, nicht?«
    Einen Moment lang war sie völlig verdutzt. Kalt? Wovon redete er? Dann sah sie an ihrem Mantel hinunter, zu dem Mann zurück, und das Herz rutschte ihr in die Hose. »Ja, ich bin da sehr empfindlich«, sagte sie schließlich und versuchte, ihre Stimme nicht zittern zu lassen. »Ich komm aus dem Süden, aus so einer kleinen Stadt in Arizona. Yuma? Je davon gehört?« Kannte er nicht. » Johnny Yuma ?« versuchte sie es mit einem bekannten Song. Nichts. Sie zuckte die Achseln. »Das ist, weil Sie hier diese vielen Kühlschränke laufen haben, beim Fleisch, bei den Milchprodukten ...«
    Er nickte nur, und da wurde ihr klar, daß er sie durchschaut hatte, daß er genau wußte, was sie tat, daß er das zehnmal pro Tag erlebte. Vor allem bei Typen ihres Schlags, bei Kiffern, Hippies, Rockern, bei Bräuten . »Wissen Sie, ich hab selbst drei Kinder, der älteste, Robert junior, also Bobby – der geht schon in die zweite Klasse. Und die essen alle nichts als Junkfood, möglichst die süßesten Cornflakes, Schokosachen, Limo ...«
    »Ach, also Jasmine«, und hier wurde ihr klar, daß er kein Wort sagen würde, solange sie nur dieses Spielchen mit ihm weiterspielte, »die ist erst eineinhalb, so etwa, wissen Sie, und sie, äh, also, ich möchte nicht, daß sie sich was Schlechtes angewöhnt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    O ja, das verstand er – sie brauchte ihm da nichts zu sagen. Und ob er also bei den Getreideflocken helfen könne? Diese Hafergrütze hier sei sehr gut, wenn man sie mit Milch anrührte, nicht mit Wasser, und Farina war natürlich das Spitzenprodukt. Übrigens, wohnte sie hier in der Gegend, weil er sie noch nie ...?
    Das war’s also. Er machte sie an, genau wie jeder Freak . Für alle Fälle. Nur so, hätte ja sein können.
    »Wir sind eben erst hergezogen«, sagte sie. »Mein Mann arbeitet in der Flugzeugbranche.« Und dann dankte sie ihm und stand kurz danach an der Kasse, gegenüber von Reba und Verbie, die Haferflocken immer noch in der Hand. Ihr Herz hüpfte kleine Salti, aber sie legte einen zerknitterten Dollar hin und wühlte etwas Kleingeld aus der Tasche, und dann war sie draußen auf dem Parkplatz und ging auf den Studebaker zu, die absolute Käsekönigin.
    Sie brachen an diesem Abend ziemlich spät aus Seattle auf, weil Norm sich Harmonys Käfer genommen hatte, um seinen Onkel zu besuchen, und er war den

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