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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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noch ein einziges Mal an, dann müßt ihr total bekloppt sein. Also, raus jetzt! Allesamt! Die Kneipe ist geschlossen .«
    Von draußen, vom moskitoumschwärmten Parkplatz, ertönte das Schrummeln der Hippiegitarren nach dem plötzlichen Verstummen der Musicbox nur um so deutlicher. Es war eine melancholische, kontemplative Musik, jede Note klang wie aus einer Ritze gefischt und von allen Seiten her betrachtet, ehe die nächste hergenommen wurde, und dann die danach. Sess stand in der Menge, und dann bewegte er sich auf die Tür zu, in Richtung der traurig funkelnden Verheißung der Musik. Er trank sein Bier aus und spürte Pamela an seiner Seite. Dann standen sie draußen in der Luft, die einen süßen Uferduft mit sich trug, den Geruch des Flusses, der sich mit frischem Schmelzwasser füllte, und die Hippies tanzten wie Menschen auf dem Mond zum drogengeschwängerten Schildkrötentakt ihrer Musik. Lucius war auch da und schnüffelte an Sess’ Hand, und ihm wurde klar, daß der Hund noch kein einziges Mal gefüttert worden war, seit sie ihn vom Tierheim abgeholt hatten, und das war ein Versäumnis, allerdings. »Komm jetzt, Sess«, sagte Pamela und zerrte ihn zur Ecke der Veranda hinüber, wo sie ihre Rucksäcke abgelegt hatten, voller Marshmallows, Dillgurken, Käsereiben und all dem Plunder, ohne den sie anscheinend nicht leben konnten. »Zeit zum Aufbrechen. Wir haben morgen einen langen Tag vor uns. Der Garten, weißt du noch? Und die vielen Baumstämme zum Entrinden? Und die Lachse im Fluß?«
    In diesem Moment fing er den Blick der Frau auf, die von seinem Bier getrunken hatte – Lydia –, und sie betrachtete ihn lange und abschätzend aus Augen in der Farbe von Lupinen. Wer sie auch geschaffen haben mochte, wer die entsprechenden Gene aus dem elterlichen Hut gezogen hatte, der war kein Geizhals gewesen, dachte er bei sich. Dann aber hakte sich die Brünette in der Cowboyaufmachung bei Lydia ein, und sie wandte ihm den Rücken zu, um mit einem schlangengleichen Tanz loszulegen – ebensogut hätte sie ihm heißes Öl in die Hose schütten können.
    »Hallo, Sess, ich bin’s. Erinnert du dich noch an deine Frau?«
    Er blinzelte zweimal und grinste.
    »Na, genießt du die Aussicht?«
    »Die vergeuden wirklich nicht allzuviel Geld für Unterwäsche, was?«
    Sie schlang ihm den Arm um die Hüfte. Die Töne zerteilten sich und platzten wie kleine Bläschen aus Aluminium oder aus Zinn, harte metallische Bläschen, die eine Maschine irgendwo weit hinten im Hippieland erzeugte und die nun aus den Hippielautsprechern dröhnten. Was das war? Wie würden die dazu sagen? Abgefahren. Es war ausgeflippt. Skid Denton kam gerade zur Tür heraus, an jeder Seite ein sanftmütiges Mädchen, auf die er im Affentempo auf französisch einredete. »Nein«, sagte Pamela und drückte sich an ihn, und sie fühlte sich selbst in Hochform, keineswegs verärgert, und die Nacht war ja noch jung, immer noch jung. »Nein, das tun sie wohl nicht.«
    Und dann kam Iron Steve, mit geduckten Schultern und gesenktem Kopf, wie um besser aufnehmen zu können, was die kleine Frau mit der Zahnlücke ihm anzuvertrauen hatte – »O ja«, sagte er gerade, »und wie das hier kalt wird, du liebe Scheiße.« Sess hatte plötzlich ein frisches Bier in der Hand, während er Pamela dabei half, sich in die Rucksackriemen zu schlängeln.
    Überbringer des Biers war der Neffe, der mit seiner geflickten Brille und dem golden aufblitzenden Gebiß vor ihm stand, zwischen den Knöcheln zwei weitere Bierflaschen, von denen er eine an Pamela weiterreichte; die andere behielt er selbst und nahm gleich einen ordentlichen Schluck daraus, bis der Schaum ihm in den Bart kleckerte. »Weißt du was?« sagte er, ließ die Flasche wieder sinken und grinste breit. »Mir gefällt dein Musikgeschmack.«
    Sess erwiderte das Grinsen, dann ging er in die Knie, damit ihm Pamela mit seinem Rucksack helfen konnte. »Na ja, und wegen Lynette – das dürft ihr ihr nicht übelnehmen. Sie ist neu hier. Kommt aus Seattle. Da ist ihr wohl irgendeine Laus über die Leber gelaufen.«
    »War doch ein Riesenspaß«, sagte der Neffe und wühlte sich im Bart, als hätte er dort etwas verloren. »Wie oft haben wir das Ding gespielt – so an die fünfzigmal? Aber hört mal zu, das mit der Einladung hab ich ernst gemeint – die Bräute kochen innerhalb einer Stunde was Leckeres zusammen, das garantier ich euch, und, na ja, wißt ihr, es war einfach eine echt lange, harte Reise und so, und

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