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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Dillsauce, braunem Reis, gekochten Preiselbeeren und einem Topf Kommunesenf dazu, und ganz Drop City fühlte sich entspannt und zuversichtlich. Sie hatten es geschafft. Sie waren hinauf nach Alaska geschrotet und hatten aus dem Nichts ein Haus gebaut, mit den Materialien, die sich vor Ort fanden – gratis erhältlich, von der Natur zur Verfügung gestellt –, und wenn sie das geschafft hatten, konnten sie auch die anderen Blockhäuser bauen, und warum sollten es nur drei sein? Warum nicht vier oder fünf oder sechs? Warum sollten sie nicht gleich ein kleines Dorf aufbauen, so wie damals im Camp Minewa, wo je vier Frauen ein Haus geteilt hatten, Etagenbetten an den Wänden und genügend Platz für Gäste? Marco sprach bereits von einer Räucherkammer, Norm machte sich für eine Sauna und vielleicht auch eine beheizte Badewanne stark, und zum Mittagessen legte er mit einem vom LSD angetriebenen Vortrag los über die Schweden und ihre heißen Steine und ihr noch heißeres Wasser, über die Schwitzhütten der Chippewa und über Läuterungsriten, bis er heiser war. Klar doch, sagten die anderen. Ja, sicher, wieso nicht? Denn es gab nichts, was sie nicht zustande bekämen, und wenn noch irgendwer daran zweifelte, dann brauchte er ja nur einen Blick auf das Versammlungsgebäude zu werfen, das sich stolz und prächtig erhob, wo noch vor kurzem nichts als Gestrüpp und Bäume und ein paar Felsen gewesen waren. Und deshalb grinsten sie alle, und nicht nur wegen des aufheiternden Einflusses des LSD. Das Gefühl war echt. Es war wirklich. Und Verbie? Die war doch auf dem Weg hierher, oder nicht?
    Star deckte den großen Picknicktisch, der aus einem gespaltenen massiven Baumstamm bestand, als sich das Heulen eines Außenborders Bahn brach. Verbie, dachte sie. Und Harmony und Alice und das Shampoo, die Zeitschriften, die Taschenlampenbatterien, die Schokolade – sie könnte sterben für Schokolade. Sie sprang leichtfüßig zum Fluß hinunter.
    Ein halbes Dutzend Leute waren bereits dort, das Wasser reflektierte flächig das Licht, während es seine Wellen und Täler umblätterte, der Himmel war mit Wolken geriffelt und sah aus wie eines dieser Ausmalbilder, die fertig auszufüllen sie als Kind nie genug Geduld gehabt hatte. Der irre George hockte barfuß auf einem Felsen mitten in der Strömung, das nasse Haar hing ihm den Rücken hinunter wie ein Seetangbüschel, Erika stand hüfttief neben ihm im Fluß. Auch der Hund war da, Freak, bis zur Brust im Wasser, er wedelte mit dem Stummelschwanz, und es war noch warm, sehr warm, nicht viel anders als im Hochsommer an der Küste von New Jersey. Und was schossen ihr da für Bilder durch den Kopf – die Küste von New Jersey, sie und Ronnie und Mike und JoJo und ein paar der anderen von den Steinhäuschen, das Wochenende, an dem sie alle zusammen am Strand gecampt hatten, nichts als Sonne und das ziehende Gefühl von Salz, das auf der Haut trocknet, Lagerfeuer in der Nacht, leckere Miesmuscheln im eigenen Saft. Das Boot kam nun näher, und ihr wurde langsam klar, daß nicht Harmony an der Ruderpinne saß, und Verbie oder Alice waren es auch nicht. Aber dort war Verbie, vorn im Bug, die blasse Maske ihres Gesichts hob und senkte sich ruckartig, aber wer saß da auf der mittleren Bank, und wer war das im Heck?
    Der Motor heulte. Das Boot war fast da. Star drehte sich um und warf einen besorgten Blick über die Schulter auf Marco und Alfredo, die auf dem Dach des Versammlungsgebäudes knieten und ihre Arbeit begutachteten, und sie hätte am liebsten etwas hinaufgerufen – »Seht mal, seht mal, wer da kommt!« –, aber sie hielt sich im Zaum. Ein paar von den anderen aber merkten jetzt auch auf, neugierig, denn daß an einem Tag gleich zweimal jemand aus der Stadt eintraf, das war noch nie vorgekommen, und sie sah, wie sich ihre Mienen erhellten – Jiminy und Merry an der Tür des Blockhauses, Mendocino Bill und Creamola, die im Hufeisenwerfen innehielten, Premstar mit hoch auf den Kopf getürmtem Haar und einer Zeitschrift in der Hand fiel fast aus der Hängematte, die Norm für sie angebracht hatte. Freak fing an zu bellen.
    Als sie wieder nach vorn sah, fuhr das Boot gerade hinter dem Felsen vorbei, auf dem der irre George mit den Armen fuchtelte und im Motorenlärm irgend etwas brüllte, so daß ihr einen Moment lang die Sicht verstellt war. Dann schoß es wieder hervor, und sie erkannte, wer da jetzt in der Mitte des Boots aufgestanden war – sie hätte nicht überraschter sein

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