Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
Versammlungsgebäude zweistöckig gebaut, innere Querbalken schufen ein Loft, in dem auch Leute schlafen konnten, sollte das einmal nötig werden, und das war eine sehr gute Idee gewesen, glückliches Ergebnis einer vorgeschalteten Sitzung mit Papier und Bleistift, auf der Tom, Alfredo, Norm und er alles besprochen hatten. Norm wußte durchaus, was er tat, meistens jedenfalls, und Sess Harder, der eine Viertelstunde den Fluß runter wohnte, war die reinste Enzyklopädie – von ihm stammte der Hinweis, sie sollten als erstes Kartonpappe über die Dachlatten legen, damit keine Erdklumpen aus den Soden durch die Zwischenräume rieseln konnten –, und Norms Onkel hatte ein hervorragend erhaltenes Exemplar von Alles Wissenswerte zum Blockhausbau (©1910) vererbt, in dem sie jederzeit etwas nachschlagen konnten, aber im Grunde war Marco geradezu erstaunt darüber, wie unkompliziert das alles war. Man fällte und entrindete die Baumstämme, sägte sie auf gleiche Länge, verpaßte den Enden ein paar Kerben, so daß sie sich außer im Maßstab kein bißchen von den Dingern unterschieden, mit denen jeder Zehnjährige in den USA seine Spielzeugforts und Palisadenbauten konstruierte, grub an den vier Ecken in den Permafrostboden sechzig Zentimeter tiefe Löcher, die mit Steinen gefüllt wurden und als Auflagepunkte für das erste Quadrat dienten, und von da baute man einfach in die Höhe. Dann zog man noch den Boden ein – Dielen aus Fichtenholzstämmen, mit der Kettensäge zurechtgeschnitten –, später kamen die Löcher für Türen und Fenster und ein fünfzehn Zentimeter großer Schlitz für das Ofenrohr, und das war’s schon. Im Prinzip war man damit fertig. Und wenn sie alle mit anpacken und so ein Haus bauen konnten – zwei Stockwerke hoch, sechs Meter lang und fünfeinhalb Meter breit –, dann dürften die restlichen Blockhütten doch nur noch ein Klacks sein.
    »Was ist mit Harmony und Alice?« Die Frage stellte Norm, der sich über den Tisch vorbeugte und Sky Dog und Dale Murray über seine Brillengläser hinweg anstarrte. »Und Lydia, was ist denn mit der?«
    »Ihr kennt doch Harmony«, sagte Sky Dog. »Der hat sich neben dem Bus einen Brennofen gebastelt, und er meint, er plant da ein paar Experimente, deshalb ist er noch nicht bereit, den Fluß raufzufahren, jedenfalls hat er das zu mir und Dale gesagt. Außerdem ist sein Käfer kaputt.«
    »Er läßt sich eine neue Benzinpumpe kommen«, warf Verbie ein. »Von einer Firma in Anchorage.«
    Norm vergrub die Finger in seinen Bart und schob die Brille wieder ein Stück hinauf. »Und Lydia?«
    Bisher hatte sich Joe Bosky weitgehend zurückgehalten – sein Kommentar über das Goldwaschen war das einzige, was er an diesem Abend zu sagen gehabt hatte. Er hatte sich seit dem Morgen hinter seiner verspiegelten Sonnenbrille verschanzt und war wohl von mehreren Sachen zugleich bedröhnt. Als der Topf mit Kakao herumging, war er auf etwas wackligen Beinen zum Flugzeug gepilgert und mit einer Flasche Hudson-Bay-Rum zurückgekehrt, die er auf den Tisch gestellt hatte, und einige folgten seinem Beispiel und besserten ihren Kakao damit auf. Als Antwort auf Norms Frage räusperte er sich jetzt und beugte sich vor, um auf den Boden zu spucken, ehe er sein wuchtiges Gesicht wieder über den Tisch brachte. »Die ist in Fairbanks«, sagte er.
    »In Fairbanks?«
    Ein Murmeln erhob sich in der Runde. Wenn das stimmte, war es eine beunruhigende Nachricht, nämlich die erste Fahnenflucht, der erste Verrat am Ideal. Die Leute warfen sich fragende Blicke zu – wer würde der nächste sein? Wo würde es aufhören? Stürzte jetzt das ganze Projekt zusammen? Konnte es das heißen?
    »Wie meinst du das, in Fairbanks?«
    Die Worte schienen Joe Bosky in der Kehle zu kleben: »Ich hab ihr einen Job besorgt, in so einem Laden, den ich da kenne. Einem Saloon. Sie wird da tanzen.«
    Dazu Verbie: »Aber nur bis zum Winter, hat sie mir gesagt. Um ein bißchen Geld zusammenzukriegen, für uns alle – sie macht das für uns alle hier –, dann kommt sie nach Drop City zurück. Das versprech ich, hat sie gesagt – sag ihnen, das versprech ich.«
    »Und falls noch ein paar von euch Mädchen interessiert sind«, sagte Bosky, und hier wandte er sich direkt an Star und richtete seinen nicht vorhandenen Blick auf sie, »dann kann ich das arrangieren, denn der Herrgott weiß, wie ausgehungert die hier alle nach Frauen sind. Und Lydia, ich meine, die ist doch ein Naturtalent, mit diesem

Weitere Kostenlose Bücher