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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Reba fluchte, Che und Sunshine wirkten verwirrt und verloren, und Alfredo brüllte: »Nein, nein, nein!«
    Bosky zögerte keine Sekunde. Er senkte die Schultern und hechtete in Mendocino Bill hinein, als wären sie auf dem Footballplatz, Helm gegen Brustbein, worauf Bill den Boden unter den Füßen verlor und krachend auf der Erde landete. Fast im selben Moment kam er wieder hoch, mit vor Wut verzerrtem Gesicht, aber bevor irgendwer etwas unternehmen konnte, verpaßte ihm Bosky zwei schnelle, saubere Faustschläge, einen doppelten Kinnhaken, so daß Bill gleich wieder unten lag. Jetzt versuchten Alfredo und Deuce, Bosky von hinten die Arme festzuhalten, aber der schleuderte sie von sich weg wie gar nichts und schwang herum, um sich dem gesamten Camp zu stellen. »Keiner hier fängt so eine Scheiße mit Pan an!« fauchte er. »Habt ihr kapiert? Das gibt’s nicht, denn eins sag ich euch« – hier wurde sein Redefluß etwas zäh, er taumelte kurz und fing sich dann wieder –, »ich sag euch, daß Pan ein Kumpel von Joe Bosky ist, und mit Joe Bosky legt sich keiner an.«
    Marco stand wie alle anderen reglos da, seine Hände hingen herab. Es war nicht sein Kampf. Dann aber sah er Bill mit geplatzter Lippe und Blut auf den Zähnen im Dreck herumstrampeln, über ihm Bosky in seiner paramilitärischen Kluft, und allmählich rang er sich zu dem Gedanken durch, daß es vielleicht doch sein Kampf war. Was tat dieser Bosky hier überhaupt? Und was hatte er mit Star am Hut – er war ihr den ganzen Tag lang nachgestiegen, was Marco kommentarlos zur Kenntnis genommen hatte. Vielleicht, so dachte er, hätte er das nicht tun sollen.
    Doch inzwischen schob sich Jiminy mit seinen ganzen achtundfünfzig Kilo durch die Menge. »Was zum Teufel glaubst du eigentlich, wer du bist?« schleuderte er Bosky entgegen. »Du gehörst nicht zu uns – du hast hier überhaupt nichts zu suchen.«
    »Genau«, sagte irgend jemand, und dann war Reba zur Stelle, ihre Miene wie eine Kriegsbemalung, und sie tat, woran noch keiner gedacht hatte – nämlich Bill vom Boden aufzuhelfen.
    Bill atmete schwer. Er hatte Blut auf dem Overall. Reba stand neben ihm, Blicke wie Messer, und bot ihm eine Stütze. Sie sah erst Ronnie an, dann Bosky. »Wir brauchen so eine Scheiße nicht!« zischte sie. »Wenn ihr euch besoffen prügeln wollt, dann geht woandershin. Wir haben Kinder hier.«
    Und da standen sie, Che und Sunshine, sie waren bis an die gekreuzten Pfosten der Blockhausveranda zurückgewichen, Haare im Gesicht, die Augen wie zwei schwarze Gummiknöpfe, und jeder konnte diese Augen formen, dachte Marco, jeder konnte sie ebenso zum Lachen wie zum Weinen bringen. Er empfand nichts als Traurigkeit. »Ich bin Rebas Meinung«, sagte er.
    »Na schön«, knurrte Joe Bosky, »ich weiß schon, wann ich nicht erwünscht bin, paßt nur auf, daß ihr die Tür nicht in die Fresse kriegt, alles klar?« Womit er leicht schwankend auf sein Flugzeug zustrebte. Er war noch keine fünf Meter gegangen, da drehte er sich um und richtete die verspiegelte Sonnenbrille auf Pan, auf Ronnie. »Kommst du mit?« fragte er. »Oder was?«
    Zehn Minuten später, als noch alles durcheinanderlief und debattierte und schimpfte und Bill sich ein nasses Handtuch auf die Lippe preßte, hörten sie den Flugzeugmotor mit einem schlürfenden Dröhnen anspringen, als würde jemand den Fluß mit dem Staubsauger bearbeiten. Dann drang das schneller werdende Heulen des Propellers herüber, und im Aufblicken sahen sie, wie Joe Boskys Wasserflugzeug vom Ufer davonglitt, sich in die Strömung schmiegte und hinter ein paar Bäumen verschwand, nur um gleich danach abzuheben und in einem einzigen Lichtreflex vor der sinkenden Sonne in den Abendhimmel aufzusteigen. Marco sah ihm einen Augenblick lang hinterher, dann nahm er Star bei der Hand und führte sie über eine Wiese mit zertrampelten Blumen an eine Stelle, von der aus sie über den wogenden, sich kräuselnden Fluß sehen konnten. Er ließ sich nieder, und sie setzte sich auf den Kies. »Da entschwindet Ronnie«, sagte er.
    Star zog die Knie an die Brust und schlang die Arme darum. Eine Zeitlang sagte sie gar nichts, wippte nur leise vor und zurück, wobei ihre kompakten weißen Füße den Takt zu der Bewegung klopften. »Der kommt wieder«, sagte sie.
    »Meinst du wirklich?«
    Sie blickte über den Fluß. Es war spät, Mitternacht ungefähr. Die Farben wirkten wie aufeinandergeschichtet, fand Star, vom gescheuerten Zinn des Flusses zum dichten

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