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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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jetzt auch auf, wilder Blick und eine wenig einladende Miene. »Nö«, sekundierte er, »gar nix.«
    Dann wieder der erste: »Die Scheißstelle hier ist echt zum Vergessen. Stimmt’s, Franklin?«
    »Stimmt genau.«
    Sess sagte, daß man sich wohl später mal wiedersehen würde, und Pamela wünschte ihnen viel Glück, dann tauchten sie beide die Paddel ein und beeilten sich, außer Hörweite zu gelangen, um den Vorfall miteinander zu durchleuchten. Sie waren etwa drei-, vierhundert Meter gekommen, als Pamela das Paddel in die Strömung stellte und sich zu ihm umdrehte. »Was war denn das jetzt eben?«
    »Keinen Schimmer«, antwortete er. »Aber in dem Bach da finden die keine zehn Gramm Gold, und wenn sie hundert Jahre danach suchen.«
    »Na, den Eindruck haben sie aber nicht gemacht. Die benehmen sich doch eher wie diese wilden Gesellen im Schatz der Sierra Madre , so wie Humphrey Bogart, und wer war der andere?«
    »Walter Huston«, sagte er.
    »Genau, Walter Huston.«
    Das Kanu trieb dahin. Die Sonne schnitt Diamanten aus dem Wasser. »Das waren Schwarze, Pamela. Neger. Was um Himmels willen tun Schwarze hier in Alaska?«
    Inzwischen war Boynton in Sicht gekommen, und sie drückte den Rücken durch und tauchte ihr Paddel wieder ein. »Meine Güte, Sess«, sie schleuderte die Worte über die Schulter zu ihm nach hinten. »Schwarze, Indianer, Chinesen, welchen Unterschied macht das schon? Du klingst ja, als hättest du noch nie einen Schwarzen gesehen.«
    Er wollte gerade sagen: »Hab ich auch nicht«, doch da entdeckte er die nächste Seltsamkeit, auf ihre Weise ebenso bizarr wie die beiden Männer in der Bachmündung, die ihn von der Uferlinie her in einer Explosion von Farben ansprang. Es war kein richtiges Haus, erinnerte von weitem eher an einen Wellblechschuppen, eingezwängt zwischen seiner Hütte und Richard Schraders Baracke aus verwitterten Sperrholzplatten, dann aber begriff er, was es war, und da durchzuckte ihn die Antwort auf seine Frage. Wo findet man Schwarze hier in Alaska? In einem Hippiebus, da findet man sie.
    Falls er sich im Three Pup Wärme und Geselligkeit erwartet hatte, so lag er falsch. Lynette lauerte ihm geradezu auf und Skid Denton ebenfalls. Kaum hatte er Pamela die Tür aufgehalten, stieß sich Lynette vom Tresen ab und rief: »Hoppla, da kommt er ja – der Hippiekönig höchstpersönlich. Oder sollte ich lieber sagen, der Hippiehauswirt?«
    Skid Denton saß wie immer auf seinem Platz am Ende der Theke, vor sich einen Teller Fritten, in der Hand ein perlendes Glas Bier. Er beugte sich aus der Hüfte heraus vor und gab seinen Senf dazu: »Lagerfeuer Nacht für Nacht, und diese Hippiemusik hört niemals auf. Weiter oben den Fluß rauf vögeln sie sich wund, was man so hört, die vögeln alles bis auf den Hund, und den lieben langen Tag rauchen sie Rauschgift. Haben die wirklich ein Blockhaus zustande gebracht?«
    »Und dann der mit den Knochen im Haar«, ergänzte Lynette.
    »Und die Nigger.« Richie Oliver hob den geröteten Blick von seinem Scotch mit Wasser und sah aus, als wäre er in einem ganzen Meer davon seit drei Tagen hundegepaddelt. »Vergeßt nicht die Nigger.«
    Acht Leute standen in der Kneipe versammelt, und kein einziger hatte ein aufrichtiges Lächeln für ihn übrig – und für Pamela auch nicht. Das schmerzte, denn was hatte sie damit zu tun? Nicht mehr als er. Oder eben weniger, weit weniger. Er bemühte sich, Lynette und Skid Denton, der sowieso ein Vollidiot war, möglichst gar nicht zu beachten, begrüßte alle übrigen mit Namen und zog an dem Tisch beim Fenster einen Stuhl für Pamela heraus, dabei dachte er an Spiegelei und Schinken oder Speck oder vielleicht einen Hamburger, dazu ein Bier und einen Kurzen, denn er würde sich von denen verdammt noch mal nicht aus seiner Freßbude und Kneipe vergraulen lassen. »Lynette«, rief er, und vielleicht tat er das eine Spur lauter als unbedingt nötig, »könnten wir hier drüben mal Bedienung kriegen?«
    Sie tranken. Sie aßen. Und ließen sich genüßlich Zeit dabei. Die anderen holten sich Stühle heran und hockten sich dazu, einer nach dem anderen, manchmal auch zwei oder drei zugleich, und jeder brandheiße Tratsch begann mit den Hippies und hörte auch mit ihnen auf. Lynette setzte sich zu ihm und Pamela an den Tisch und sah ihnen zu, wie sie das Fleisch zerschnitten und die Gabeln zum Mund führten, als bräuchten sie eventuell eine Anleitung, und dabei redete sie ununterbrochen, legte nicht mal zum Atemholen

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