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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Natron und Salz, die der Bürste glatt die Borsten weggefressen hatte. Bald würde der Thirtymile unpassierbar sein, danach müßten sie warten, bis er völlig zugefroren war, um mit den Hunden über das Eis zu fahren, und dann wäre ihr Ziel sicherlich nur Boynton, es sei denn, sie würden eine Hypothek auf das Grundstück nehmen und irgendwohin fliegen, wo die Sonne mehr war als ein vages Gerücht.
    Da waren sie also, mitten auf dem Fluß. Mit kalten Händen. Aber bald würde es warm genug sein, im Nougat und im Three Pup, und wenn sie die Straße nach Fairbanks unter den Reifen hatten, würde die Sonne schon hoch am Himmel stehen und es wäre mit Temperaturen über fünf, vielleicht sogar um die zehn Grad zu rechnen. Eine Formation laut quakender Trauerenten sauste über sie hinweg, Richtung Süden, intelligente Vögel, machten sich auch aus dem Staub, solange es noch ging. Sein Paddel traf auf Treibeis. »Wie läuft’s bei dir da vorn, Pamela?« fragte er. »Kalte Hände?«
    Sie sah über die Schulter, lächelte ihn breit an, zeigte ihm das tiefe Grübchen in der Wange, die geraden weißen Zähne und das Kleinmädchen-Zahnfleisch. »Alles super«, sagte sie zur Antwort auf die erste Frage. Und »Ein bißchen schon«, auf die zweite.
    Er liebte sie. Liebte sie mehr als alles, was er sich vorstellen konnte. »Nur nicht aufgeben«, sagte er voller Stolz auf ihr Durchhaltevermögen, glühendem Stolz. »Wenn wir erst im Three Pup sind, geht der erste Schnaps auf mich.«
    »Wie selbstlos von dir«, gab sie zurück, und ihr Lachen flatterte über den Fluß, traf die Uferböschung und hallte zu ihnen zurück.
    Als die weitgeschwungene Kurve in Sicht kam, hinter der Boynton lag, hatten sie beide die Pullover ausgezogen, und ihre Hände waren längst wieder warm. Es war sogar lauer geworden als erwartet – gut fünfzehn Grad, schätzte er –, und auf den letzten Kilometern hatten sie an beiden Ufern ein herrliches Herbstfarbenspiel genießen können. Sein Blick ging spähend voraus – immer spähte er, der Blick eines Jägers –, als plötzlich eine Bewegung im flachen Wasser bei der Mündung des Last Chance Creek seine Aufmerksamkeit erregte. Er behielt das Paddel nach dem letzten Schlag im Wasser und führte das Kanu im Bogen parallel zu dem Flüßchen, leicht verwirrt, denn das da war weder Elch noch Bär, noch eine Biberfamilie, kein unterspülter Baum, dessen Äste in der Strömung schaukelten, und auch kein anderes Boot – es war etwas Unerwartetes, eine jener Abweichungen der Natur, die das Leben hier draußen in der Wildnis so interessant gestalteten, denn jedesmal, wenn man glaubte, man hätte schon alles gesehen ...
    »Wer watet denn da im Bachbett?« fragte Pamela, und anscheinend waren ihre Augen schärfer als seine, wer hätte das gedacht? Dann aber konnte auch Sess es – sie – erkennen. Er sah die beiden Gestalten, die ineinanderwuchsen und sich trennten, wie Glasscherben in einem Kaleidoskop, das Kanu glitt jetzt näher, und die beiden bückten sich ins Wasser und richteten sich wieder auf, gekleidet in die überall erhältlichen hüfthohen Anglerhosen und in grellbunte Hemden, ein Lichtreflex funkelte auf der massiven Silberkette, die einen Hut mit flacher Krempe umschlang. Sess war perplex, total perplex. Da standen zwei Schwarze – zwei Neger, Hippie- Neger noch dazu – im tanzenden Sonnenlicht mitten im Last Chance Creek und wuschen Gold.
    »Hallo!« rief er sie an, als das Kanu noch näher trieb. »Wie geht’s so?«
    Keiner der beiden Männer sagte ein Wort. Blicke warfen sie ihm allerdings zu, das schon, dunkle Blicke, aus denen Feindseligkeit und Mißtrauen nur so sprühten. Das Wasser schwappte ihnen um die Oberschenkel, um die schlaffe Gummihaut ihrer Anglerhosen. Sie betrachteten das Kanu einen feierlichen Moment lang, als wäre es soeben spontan aus dem Nichts erschienen, wie eine Art Amalgam von Wasser und Luft, und sie sahen erst Pamela und dann Sess lange an, bevor sie wieder an die Arbeit gingen und Schaufel um Schaufel Sand in ihren stumpfglänzenden Blechpfannen wuschen, bis alle so vielversprechend aussehenden Quarzkörnchen freigespült waren.
    »Schon die richtige Farbe gefunden?« fragte Sess, denn irgend etwas mußte er sagen.
    Der kleinere der beiden hob den Blick, sein Gesicht sah aus wie ein von geheimen Lastern über die Jahre glattgeschmirgelter Tabaksbeutel. Er sprach ganz leise, fast im Flüsterton: »Nö, hier gibt’s nix, stimmt’s, Franklin?«
    Der andere sah

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