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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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LADJEAH konnte man inzwischen wohl vergessen. »Aber wo sind denn die anderen?« fragte er wieder.
    Angela sagte: »Lydia ist wieder da.«
    Lydia . Etwas in seinen Lenden regte sich. »Und wo ist sie?«
    »Im Haus von Star und Merry. Das waren die einzigen, die sie aufnehmen wollten.«
    Und er erfuhr folgendes: Vor einer Woche war Lydia mit einem langhaarigen Typen auf dessen aufgemotztem Schneemobil hereingeschneit, die Taschen voller Cash, im Gepäck massenhaft Scotch, Schokobonbons und Zigaretten, zudem mit diversen Geschichten über Strip-Jobs in Fairbanks und das Temperament der Männer in Alaska, und sie hatte Drop City aufgemischt wie das reinste Buschfeuer. Die Party hatte zwei Tage lang gedauert – die Leute sehnten sich einfach nach Ablenkung, irgendwas, irgendwer, denn man konnte eben nur eine endliche Menge Holz hacken, Schüsseln mit Reispampe hinunterwürgen und Monopoly spielen, bis das Spielbrett langsam Spurrillen bekam und man sich fragte: Soll das etwa alles sein? Es war noch nicht einmal Winter, und schon herrschten harte Zeiten auf Drop City. Es bildeten sich Grüppchen. Die Leute litten an selbstmörderischer Langeweile. Sie hatten kein Schneemobil, keine Möglichkeit, in die Stadt zu kommen, es sei denn, sie würden die achtzehn Kilometer nach Boynton bei der Kälte zu Fuß gehen, und Boynton selbst war ja von der Welt abgeschnitten. Und Lydias Langhaariger und sein Schneemobil? Rain hatte mit ihm geschlafen – hatte sich prostituiert, hatte sich von vorn und hinten und von allen Seiten vögeln lassen –, und er hatte sie mitgenommen, eine Wolke von Auspuffqualm und einen stiebenden Vorhang aus Schnee hinter sich lassend. Wahrscheinlich war sie längst wieder in San Francisco.
    Pan starrte sie einfach nur an. Der Joint kam wieder zu ihm, und er nahm ihn entgegen. Es gab Bier – Tom Krishnas Eigenbräu, und das war gar nicht übel. »Hey!« sagte er nach einem Schluck aus dem Krug. »Tom hat sich ja echt verbessert. Wenn er hier rauskommt, sollte er gleich bei Budweiser anfangen, was meint ihr dazu?« Niemand lachte. Alles lehnte sich zurück ins Halbdunkel. Er fügte sich ein und spürte einfach eine Zeitlang die Atmosphäre, und als er es gemütlich fand, stand er kurz auf, um die Platte zu wechseln, ein bißchen was Fetziges, um die Laune mal anzuheben: Excuse me while I kiss the sky . Aber Bill, der aufgedunsene Hippiebus-Fettsack aus Schmalz und Haaren, Mr. Stimmungsversauer höchstpersönlich, der sagte, sie müßten Batterien sparen, und schaltete den Plattenspieler ab, und bald danach stand Pan wieder draußen in der Kälte und dachte an Star, dachte an Merry, dachte an Lydia.
    Die Schneekruste knackte unter seinen Stiefeln wie Gewehrsalven. Es war noch kälter geworden, der Mond spukte am Himmel, die Sterne wirkten wie Pusteln auf einem Aknegesicht, und bezüglich Star gab er sich keinen Illusionen hin und bei Merry auch nicht –aber Lydia, wenigstens Lydia war doch verrückt nach ihm, war’s immer gewesen, von Anfang an. Natürlich war sie nicht gerade sein Typ, aber er hatte in Boskys Hütte eine verdammt lange Zeit der Askese verlebt, wie eine Mischung zwischen Holzfäller und Mönch, nichts zu tun als Holz zu hacken, zu jagen und den Ofen am Brennen zu halten, während Joe seine Cessna durch die himmlischen Höhen flog. Einmal hatte Joe abends zwei Indianerbräute angeschleppt, und einen oder zwei Tage lang waren sie alle Stellungskombinationen durchgegangen, und das war ja auch okay, er beklagte sich nicht – oder vielleicht doch. Solche Sachen hatte er eigentlich nicht auf dem Plan gehabt, nie im Leben, und wenn er die Kohle dafür hätte, würde er sich im Nu aus dem Staub machen – zumindest über den Winter. Hawaii wäre nett. Oder La Jolla. Ensenada.
    Stars Blockhaus lag ganz am Ende. Es gab einen Trampelkorridor als Windfang, zwei Fenster schimmerten hell, der Ofen gab eine Rauchfahne ab. Pan stand einen Moment lang vor der Tür und fragte sich, ob er anklopfen sollte oder nicht, dann schob er sich durch den dunklen Korridor des Windfangs und pochte zweimal an die innere Tür. Nichts. Er klopfte noch einmal. Hörte Stimmen, hörte Geraschel. Dann quietschte die Tür in den Angeln, und Marco stand in Jeans und Arbeitshemd vor ihm, musterte ihn mit ausdruckslosem Blick, eisig und abweisend, und zwischen ihnen beiden gab es nun wirklich keine Liebe mehr, jedenfalls nicht seit der Sache mit dem Gras, und das einzige, was Pan einfiel, war: »Süßes oder Saures?«
    Sofort

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