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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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fügte hinzu: »Hallo, Sess«, dann nahm er Pamela den Rucksack ab, warf ihn auf die vordere Bank seines großen Flachkielboots mit den Zwillings-Außenbordern und streckte eine Hand aus, um ihr an Bord zu helfen. »Hat ja keinen Sinn, da im Regen stehenzubleiben«, fügte er noch hinzu, »wo es doch noch eine ganze Welt zum Herzeigen gibt, und ich weiß ja nicht, woran du dich in Harders Palast gewöhnt hast, aber mein Haus ist dagegen ein Vier-Sterne-Hotel, also brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    Dann legte er ab, die Motoren röhrten los, und Pamela war ein kleiner werdender Farbfleck auf dem breiten Grau des Flusses.
    Er wußte, er sollte nicht mit dem Saufen anfangen, er wußte, er sollte am besten umkehren und den Fluß hinauf zu seinem Blockhaus paddeln, um die nächsten drei Tage das Gestrüpp entlang seiner Fallenstrecke zu roden und nebenbei ein paar Enten zu verputzen, doch statt dessen wanderte er an seiner Baracke und diversen Behausungen von Leuten vorbei, die er kannte und mochte oder nicht mochte oder die ihm egal waren, hinauf zur Main Street, vorbei an der Postamtbude, am Nougat, am Gemischtwarenladen, immer in Richtung des Three Pup. Er brachte eine wahre Nation von frischen Moskitos mit, und während die sich mit ihren einheimischen Artgenossen am Kneipenfenster auseinandersetzten, huschte er durch die Tür. Lynette stand hinter der Bar, die Augen gegen den Qualm der Zigarette zusammengekniffen, die zwischen ihren Zähnen klemmte, und sie teilte gerade Karten an Richard Schrader aus, als wäre das Austeilen von Karten die wichtigste Tätigkeit der menschlichen Spezies auf diesem Planeten, und wozu sich beim Geben beeilen, wenn man sowieso den ganzen Tag spielte? »Hallo«, grüßte ihn Richard, ohne dabei aufzusehen. Dann meldete sich Skid Denton von seinem üblichen Platz an der hinteren Ecke der rechteckigen Bar, die zugleich als Schnellimbißtresen fungierte: »Garantiert zufrieden oder Geld zurück. Bist zu zufrieden, Sess? Oder bist du auf Rückzahlung aus?«
    Sess sagte ihm, er solle verdammt noch mal aufhören, und sein Tonfall war Warnung genug für jeden Anwesenden – da gab es nichts zu lachen, das war kein Thema für lüsternes Grinsen und die Sorte Gekicher hinter seinem Rücken, wie er es nach der Sache mit Jill durchzustehen hatte. Zu den Anwesenden gehörte auch Richie Oliver, der an einem Ecktisch saß, mit einer Frau, die noch nie jemand hier gesehen hatte, und Richie Oliver würde sicherlich nichts sagen, weil er nämlich seinen Drei-Tages-Test mit Pamela schon hinter sich hatte und sie also im selben Boot saßen. Im übrigen war die Frau neben ihm keine Schönheit und auch kein junges Ding mehr, also gab es nur eins, was Richie Oliver oder sonst irgendwer sich von dieser Beziehung erwarten konnte. Sess warf einen Quarter in die Musicbox und drückte dreimal hintereinander »Mystic Eyes«, dann bestellte er sich einen Schnaps und ein Bier, und als er ausgetrunken hatte, bestellte er noch mal das gleiche, setzte sich ans Fenster und schmökerte in einem zwei Jahre alten Time Magazine , das er schon mindestens sechsmal von vorn bis hinten gelesen hatte.
    Leute kamen und gingen. Zwei ältere Touristen in einem weißen Kombi mit einer zehn Zentimeter dicken Schlammschicht drauf quatschten eine Zeitlang mit ihm, und er erzählte ein paar einfallsreiche Lügen über das Land und das, was sie hier zu erwarten hatten. (»Elche? Wirklich? Sie meinen, die gehen echt auf den Wagen los?«) Gegen sechs ließ er sich von Lynette ein Thunfischsandwich und einen Teller mit Pommes machen, und danach wanderte er zum Nougat hinüber, um mal zu sehen, wer da alles war, und vielleicht ein paar Runden Pool zu spielen. Dort traf er zwei Hungwitchin-Indianer, die er von flußaufwärts kannte, hinter Eagle lebten sie, und er trank ein oder zwei Stunden lang mit ihnen, bis der eine plötzlich auf den Tisch kotzte und Clarence Ford, der zapfte, sie hinauswarf. Die Indianer torkelten zu ihrem Pickup, ließen den Motor aufheulen und winkten ungelenk zum Abschied, aber Moment mal: konnten sie ihn nicht ein Stück die Straße rauf mitnehmen, zurück zum Three Pup, denn seine Beine wollten nicht mehr recht mitspielen? Klar konnten sie das.
    Hier wurden die Dinge etwas unscharf. Joe Bosky war dagewesen, soviel wußte er noch, er hatte sich wieder mit ihm angelegt, und wer da was zu wem gesagt oder wer angefangen hatte, war nicht mal ansatzweise wichtig. Er erinnerte sich sogar vage, daß Lynette

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