Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle

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hier«, schnarrte er, »ich will eure Papiere sehen. Aber pronto!«
    Niemand rührte sich. Hinten am Rand des vertrockneten Rasens, viel zu weit weg, als daß es eine Rolle spielte, jonglierte Verbie mit drei oder vier Grapefruits im Lichtkegel eines Sonnenstrahls, während ihre Schwester sie umtanzte wie ein Fall für die Klapsmühle, sie stolzierte und wand sich zu einer imaginären Melodie. Überall lag Hundescheiße herum, die kleinen Häufchen reihten sich wie winzige Termitenhügel bis in die Ferne. Zwei Schrottautos ruhten neben dem Haus auf ihren kaputten Blattfedern in einem Gewirr von alten Brettern und Schindeln. Von weiter hinten dröhnten Partygeräusche herüber, Rockmusik und ab und zu ein Platschen oder ein lauter Ruf.
    »Hat irgend jemand hier ein Pferd?« fragte der erste Bulle und plazierte die leise Botschaft seiner Frage in die Lücke, die seinPartner ihm gelassen hatte.
    In diesem Augenblick schoß Mendocino Bill mit seinen gesamten hundertfünfzehn Kilo aus seinem Sessel hoch wie eine Rakete und hatte ebenfalls eine Frage auf den Lippen: »Hast du überhaupt ’n Scheißdurchsuchungsbefehl, Mann?«
    Bevor es vorbei war, mußte jeder auf der Veranda Buße tun, einschließlich Ronnie. Sobald Mendocino Bill den Mund öffnete, fielen beide Bullen über ihn her, worauf Merry, Maya und der Krischna-Freak gemeinsam »Liebe und Frieden, Liebe und Frieden, Bullen raus, Liebe und Frieden!« zu skandieren begannen. Ronnie – Pan – wich den Bullen möglichst weiträumig aus, dennoch wurde er gegen das Geländer geschleudert, als sie den schweren Mann von der Veranda zerrten, die Beine unter ihm wegschlugen und ihm die fetten bleichen Arme auf den Rücken drehten, um sie in Handschellen zu vermählen. »Er ist nicht hier«, quietschte Maya. »Norm ist nicht hier!« Die Bullen beachteten sie gar nicht. Sie atmeten nicht einmal schwerer, denn was sie auf einmal spürten, war eine Art von Freiheit, von der sie bisher nur geträumt hatten: eine ganze Schar von Hippies, und die leisteten Widerstand gegen die Staatsgewalt.
    Mendocino Bill war ein großmäuliger Besserwisser, genau wie Alfredo, in der Schule vermutlich eifriger Leser von Hobbytechnikzeitschriften, außerdem sicher Amateurfunker und Meutenführer bei den Pfadfindern, und jetzt wand er sich auf seinem Bauch im Staub wie ein Bowlingkegel, der voll von einem Strike erwischt worden war und auf der Bahn rotierte. Okay, er war mit Martin Luther King in Selma mit dabeigewesen, er konnte vier Portionen Maispampe verdrücken und alle übrigen nur zwei, er war einer der Brüder und Schwestern, und die Bullen waren die Schweine. Und wennschon? Unwillkürlich empfand Pan ein Hochgefühl, weil das Großmaul eins draufbekam – bis der zweite Bulle, der schweigsamere, alle von der Veranda runtertrieb und sie die Hände gegen die Wand legen und die Beine spreizen ließ.
    »Was haben Sie für ’n Problem, Officer?« fragte Dale Murray, als ihm der erste Bulle die Taschen abtastete. »Ich meine, was haben wir denn getan? Herumgeblödelt? Geht’s darum? Ich meine, ich hab nur einen Witz gerissen. Verstehen Sie keinen Spaß? Heißt das etwa, Witze sind jetzt verboten?«
    »Norm ist nicht hier«, wiederholte Maya mehrmals mit dünnem Stimmchen. Sie hielt den Kopf gesenkt, preßte die Hände nebeneinander gegen die Wand, ihre splissigen Haarsträhnen baumelten den Rücken runter, und sie sprach mit dem Boden. Sie war keine Schönheit, und wenn die Szene auf Drop City nicht dermaßen locker gewesen wäre, mit lauter durchgeknallten Geilspechten wie Mendocino Bill und Jiminy, hätte sie wohl in tausend Jahren keiner flachgelegt. »Wirklich nicht. Ich meine, echt nicht ! Er ist nach Santa Rosa gefahren, zum Einkaufen und um Sachen zu holen, und er ist bis jetzt ...«
    »Womit ist er denn weggefahren?« wollte der Bulle wissen, der erste, der gesprächige. »In einem VW-Bus, stimmt’s?«
    »Dem erzählen wir gar nichts«, sagte Merry, und Ronnie sah, wie sie der ganzen Welt die Zähne zeigte, obwohl ihr die Augen halb aus dem Kopf rutschten von den Nachwirkungen des Trips. Er bekam plötzlich starke Gefühle für sie, betrachtete ihre langen Beine, die feine Linie ihres Rückens und die bemalten Brüste, die dank ihrer ausgestreckten Arme straff nach vorn standen, und es war nicht nur Lust, was er da empfand. Sie war okay, mehr als okay – sie war wie Star, nur noch besser.
    »Haben Sie einen Ausweis?« wiederholte der zweite Bulle. »Sie? Und Sie?«
    Ronnie