Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
sanftes lautloses Nieseln erfüllt die Luft. Es ist nicht viel, doch es reicht, um ein Kribbeln im Bauch zu erzeugen. Auf der Eingangsstufe bleibt Neisha stehen. Sie zieht den Kragen hoch. Ich stehe neben ihr und schließe die Tür.
    »Sie hat es gehört«, sagt Neisha.
    »Ja, fürchte ich auch. Ich werd mit ihr reden.«
    »Gott, was für ein Chaos!«
    »Das wird schon«, sage ich, aber meine Worte klingen leer und dumm.
    Der Beton der Mauer und des Gangs wirkt in dem Regen grauer als je zuvor. Ein Tropfen vom Dachsims trifft meine Hand und irgendjemand, irgendwas flitzt über das Ende des Gangs, dicht bei der Treppe. Ich presse meine Arme an den Körper und drücke mich an die Tür.
    »Was machst du?«, fragt Neisha. »Versteckst du dich?«
    »Nein, nein, natürlich nicht.«
    Ich möchte es ihr erzählen, unbedingt. Aber nicht jetzt schon.
    Sie schaut über die Schulter.
    »Ist da jemand?«
    »Nein, niemand.«
    Sie schaut noch einmal. Ich glaube, wenn man das alles nicht gewohnt ist, wirkt es hier ziemlich bedrohlich.
    »Bringst du mich noch zur Treppe?«, fragt sie und sieht mich wartend an.
    »Klar«, sage ich und trete unter dem Regendach vor. Es regnet so leicht, dass es kaum der Rede wert ist. Keine plötzlichen Bewegungen, keine Stimmen in meinem Ohr, meine Angst legt sich allmählich wieder. Neisha hakt sich bei mir ein. Selbst durch den Mantel spüre ich ihre Wärme.
    »Ich bring dich auch nach Hause, wenn du willst«, sage ich.
    Sie sieht mich an.
    »Bleib lieber hier und sprich mit deiner Mum«, antwortet sie.
    »Aber du und ich, wir müssen auch reden«, sage ich.
    »Ich weiß«, sagt sie. »Werden wir auch, aber erst müssen wir wissen, wie viel sie gehört hat und was sie vorhat. Vielleicht geht sie zur Polizei. Dann steckst du ganz schön in Schwierigkeiten.«
    Ich zucke die Achseln.
    »Weiß nicht. Das halt ich für unwahrscheinlich. Wenn sie wirklich gehört haben sollte, was er dir angetan hat, wird sie den Mund halten. Sie hat das Gleiche erlebt. Nicht mit Rob, aber mit meinem Dad. Er hat ihr wehgetan. So hat sie das Endstück von ihrem Finger verloren. Ich hab dich ja im See verteidigt, hab versucht dich zu schützen, deshalb glaube ich nicht, dass sie irgendwas sagen wird.« Wir sind fast am Ende des Gangs. Es regnet so schwach, dass ich es kaum merke. Aber mein Gesicht, der Hals und die Hände sind feucht. »Neisha, warum hast du der Polizei das erzählt? Warum hast du gesagt, dass wir nur rumgealbert haben? Wieso hast du nicht die Wahrheit gesagt?«
    »Ich hatte Angst vor dir. Du hattest mich doch überredet, dass ich mich mit ihm treffen soll. Ich dachte, du hängst in der Sache mit drin. Ich dachte, du verfolgst mich, wenn ich was sage.«
    Mir ist, als hätte jemand mein Inneres nach außen gestülpt. Die Vorstellung, dass sie Angst vor mir haben könnte – ich halte das nicht aus.
    »Und wenn, dann hätte ich alles sagen müssen«, ergänzt sie. »Alles, was ich dir erzählt habe. Das konnte ich einfach nicht.«
    »Verstehe ich nicht. Du hast doch nichts Falsches getan. Er hat dich verletzt. Du hast doch nur versucht, dich zu schützen.«
    »Das hört sich so einfach an, wie du es sagst. Aber wenn du mittendrin steckst, dann ist es ganz und gar nicht einfach. Dann kommt es dir vor, als … als ob du schuld bist. Und du schämst dich dafür.«
    Sie schaut weg. Ich bleibe stehen, lege meine Hand auf ihren anderen Arm und drehe ihr Gesicht vorsichtig zu mir. Sie will mich noch immer nicht ansehen.
    »Es war nicht deine Schuld. Gar nichts war deine Schuld. Mein Gott, Neisha …«
    Ich will meinen Arm um sie legen. Ich will sie an mich ziehen.
    Aber irgendetwas Bleiches ist plötzlich auf der Treppe. Verschwommen, unscharf, nur die Andeutung einer Gestalt.
    Ich erstarre.
    Sie kommt aus dem Dunkel, direkt auf uns zu.
    Neisha dreht den Kopf und sieht mich an. »Was ist?«, fragt sie.
    Die Gestalt ist ein Mensch. Sie ist nur halb zu erkennen, aber ich weiß, wer es ist. Und er ist wütend. Richtig wütend.
    »Renn!«, brülle ich. »Los, schnell, zurück in die Wohnung!«
    Ich reiße Neisha mit, den Gang entlang. Ich muss sie reinbringen.
    Sie schreit: »Was ist denn? Was geht hier vor?«
    Wir platzen durch die Tür und stolpern in den Flur. Mum ist nicht mehr da. Ich schnappe mir ein Handtuch aus der Küche und reibe mir meine Haare und mein Gesicht ab.
    »Es ist der Regen. Der Regen –«
    Ich strecke Neisha das Handtuch hin. Sie steht mit weit aufgerissenen Augen an der Tür. Rob ist nicht

Weitere Kostenlose Bücher