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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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da. Er ist uns nicht gefolgt. Wir sind in Sicherheit.
    »Nein, schon gut«, sagt sie. »Ich bin ja fast gar nicht nass. Was ist denn los? Du machst mir Angst.«
    Was los ist? Sie weiß es nicht; sie sieht nicht, was ich sehe. Ich glaube, ich weiß jetzt, was los ist, aber ich muss mir erst sicher sein, bevor ich es ausspreche – falls …
    »Es ist nichts«, sage ich. »Ich werde nur immer ein bisschen nervös bei Regen, seit … Du weißt schon.«
    »Dann bleib drinnen. Bleib hier. Ich komm schon zurecht.«
    »Ja, gut, aber nimm wenigstens einen Schirm. Nicht, dass du nass wirst, Neisha.« Ich kann nicht fassen, dass ich sie wirklich allein gehen lasse.
    Sie blinzelt leicht, als ob sie noch etwas fragen will, dann entscheidet sie sich dagegen. »Beruhige dich, ich hab einen«, sagt sie und tätschelt ihre Schultertasche. »Rufst du mich nachher an?«
    »Ja, mach ich.« Ich muss doch wissen, ob sie heil nach Hause gekommen ist.
    »Hast du … hast du sein Handy? Das hat mich ganz schön in Panik versetzt, als du das erste Mal anriefst, es –«
    »Ja, meins kann ich nicht finden. Vielleicht liegt es unten im See.«
    Neisha wird rot und ich plötzlich auch. Ich kann spüren, wie mir das Blut ins Gesicht steigt, als ich an die Fotos denke. An ihre Fotos.
    Sie schaut, als ob sie etwas sagen will, doch dann beißt sie sich auf die Lippe und murmelt: »Also, bis später.« Und schlüpft aus der Wohnung. Ich höre, wie sie fortgeht, wie die Stiefel auf den nassen Beton klatschen. Ich schließe die Tür, lehne mich ein, zwei Minuten gegen die Wand und versuche, dem Kaleidoskop von Stimmen und Bildern in meinem Kopf eine Art Form zu geben. Etwas, das einen Sinn ergibt.
    Was Neisha erzählt hat, hat mich erschreckt. Ich sollte bei ihr sein – es gibt noch so viele Fragen. Aber sie hat Recht, ich muss mit Mum reden.
    »Mum? Wo bist du?«
    »Hier.« Ihre Stimme klingt stumpf, monoton. Sie sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer.
    Die Zeitschriften liegen auf dem Kaffeetisch. Diesmal hat sie etwas anderes in den Händen – ein altes Schulfoto. Rob und ich mit gleichem Hemd, gleichem Schlips und gleichen angeklatschten Haaren. Sie murmelt etwas vor sich hin – ich kann ihre Worte kaum verstehen.
    »So jung. So jung …«
    Ihr Sohn, tot mit siebzehn. Und ich habe ihn umgebracht.
    »Ich weiß. Es tut mir leid.«
    Sie scheint mich nicht gehört zu haben.
    »… du glaubst, sie bekommen es nicht mit, aber das stimmt nicht. Sie bekommen es mit, selbst wenn sie noch ganz klein sind. Ich hätte früher gehen sollen. Den Scheißkerl früher verlassen sollen. Ich hätte nie gedacht … nie gedacht …«
    Sie legt das Foto zurück und plötzlich umklammert sie ihre Hände und reibt mit dem Daumen über das Ende des verkürzten Fingers.
    »Mum …?«
    Sie schaut auf, sieht mich in der Tür stehen.
    »Rob?«, sagt sie. »O Rob, was hast du getan?« Sie rappelt sich hoch und kommt auf mich zu, die Stirn gerunzelt, die Augen mit der Hand schützend.
    »Nein, Mum, ich bin’s, Carl.«
    Ich gehe ihr entgegen und wir treffen uns in der Mitte des Zimmers.
    »Carl«, sagt sie, als müsste sie sich erst erinnern. »Carl.« Dann lichtet sich ihr Gesicht.
    »Carl«, sagt sie und nimmt meine beiden Hände. Und plötzlich habe ich das Gefühl, als ob sie wieder bei mir ist. »Ist das Mädchen weg?« Sie sieht an mir vorbei auf den Flur.
    »Ja, sie ist nach Hause gegangen. Wie viel hast du gehört?«, frage ich.
    Sie sieht mich an und ist voller Scham.
    »Genug«, sagt sie.
    »Wirst du mich verraten? Wirst du es irgendwem sagen? Der Polizei?«
    »Warum?«, fragt sie.
    »Du weißt, warum. Ich … ich hab ihn umgebracht.«
    »Es war ein Unfall«, sagt sie trotzig.
    »Nein, Mum. Es war vieles, aber es war kein Unfall. Ich könnte es dir nicht übelnehmen, wenn du mich verrätst.«
    »So was tun wir nicht, Carl. Nicht in unserer Familie. Wir plappern nicht. Wir verraten niemanden.« Sie sieht mich düster an. »Was sollte das außerdem ändern? Ich habe einen Sohn verloren. Ich will nicht auch noch den zweiten verlieren.«
    »Tut mir leid«, sage ich wieder.
    Ihre Hände spannen sich fester um meine und ich spüre das Ende ihres Zeigefingers auf meiner Haut. Irgendetwas erschüttert mich. Der Schmerz, den sie durchgemacht und all die Jahre für sich behalten hat.
    »Du hast getan, was du tun musstest«, sagt sie. »Du bist ihm entgegengetreten.«
    »Aber ich wollte ihn nicht … ich wollte ihn doch niemals …«
    »Ich weiß. Doch vielleicht ist

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