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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Sofort denke ich, es sind seine bleichen Finger, die klopfen und kratzen. Ich zwinge mich aufzustehen, zur Spüle zu gehen und der Außenwelt gegenüberzutreten. Es ist nur Regen, der platschend auf die Scheibe fällt.
    Eine Erinnerung kommt wieder zurück.
    Regen, der auf die Blätter über mir platscht.
    Ich krieche durch Büsche und schaue auf eine Lichtung.
    »Hast du ihn geküsst? Hast du Carl geküsst?«
    »Nein.«
    »Du hast, stimmt’s? Ist das der Grund, wieso du Schluss machen willst?«
    Ich höre das Klatschen von Haut auf Haut. Neishas schweren Atem.
    »Nein. Und ich will auch nicht mehr Schluss machen. Das hab ich dir doch gesagt.«
    »Du hast meine Frage nicht beantwortet, Schlampe. Hast du mit meinem Bruder rumgeknutscht?«
    »Nein! Ich hab dir gesagt, ich steh nicht auf Carl. War auch noch nie so.« Sie lacht. »Er ist … wie ein Bruder. Ein Teddybär. Wer will schon mit einem Teddybär vögeln?«
    Ich drehe mich weg, lehne mich gegen die Wand. Die Augen brennen vor Demütigung.
    »Carl, bis du noch da? Bist du noch dran, Carl?«
    »Ja. Ja, ich bin noch da.«
    »Was machst du? Wo bist du?«
    »Es regnet, Neisha.«
    Sie bleiben gestorben. Ich möchte, dass der Satz wahr ist. Ich möchte, dass sie Recht hat. Ich gehe über den Flur zur Haustür, lasse den Riegel zurückspringen und öffne sie. Ich trete in den Vorgarten, spüre den Regen auf meinen nackten Schultern.
    Aber er ist da, eine Weile nur schimmernd und halb sichtbar, doch je nasser ich werde, desto deutlicher erkenne ich ihn.
    Ich halte das Handy noch immer in der Hand, unten am Schenkel. Neishas Stimme ist kilometerweit weg.
    »Carl, Carl! Bist du noch da? Hörst du mich?«
    »Ich hab’s dir gesagt – wenn ich das Gefühl habe, sie knutscht mit dir rum, bring ich euch beide um.«
    Wir sind in unserem Zimmer, stehen uns gegenüber, von Angesicht zu Angesicht, Auge in Auge.
    Und für einen Moment erinnere ich mich, wie sie über mich lacht, spüre wieder, wie die Tränen brennen, und wünsche mir, ich hätte sie nie getroffen. Wünsche mir, dass es sie nicht gäbe. Wünsche mir, sie wäre tot.
    »Ich hab sie nicht angerührt, klar? Sie ist mir scheißegal, Mann. Du kannst sie von mir aus schlagen, so viel du willst. Bring sie von mir aus um, aber halt mich da raus.«
    Seine Augen funkeln.
    »Du willst, dass ich sie umbringe? Kannst du haben, Mann. Kannst du haben, verdammte Scheiße.«
    »Das tust du nie, Rob. Das wagst du nicht. Du schlägst vielleicht Leute zusammen, Leute, die kleiner und schwächer sind als du, aber du bist kein Killer. Du machst doch nur Sprüche. Ich hasse dich genauso wie sie.«
    Es ist wahr. Alles, was er gesagt hat, ist wahr. Das letzte Stück Erinnerung ist an seinen Platz gerückt und jetzt weiß ich, dass ich so mies bin, wie er gesagt hat. Ich bin das Monster, als das mich Rob bezeichnet hat.
    Ich bin der, der Neisha tot sehen wollte, der in der Erregung zu Rob gesagt hat, er soll es tun, der Neisha überredet hat, zum See zu gehen. Ja, gut, ich bin auch der, der zugeschaut hat und schließlich hineingesprungen ist, um sie zu retten. Aber was ändert das? Wiegt die eine gute Tat die andere auf?
    Wir stehen zusammen im Dunkeln vor dem Haus, im Regen. Rob und ich. Ich und Rob.
    Aus Tausenden Kilometern Entfernung erreicht mich Neishas Stimme. »Carl? Carl! Mit wem redest du? Wer ist da?«
    Ich hebe den Arm, schaue das Handy an, suche die ›Off‹-Taste und drücke sie.

ZWANZIG
    »Carl, wass machsse da draußen?«
    Mum steht in der Tür. Ihr Gesicht ist ganz zerknittert und rot. Sie trägt ein altes T-Shirt, sonst nichts.
    Rob schaut an mir vorbei, sieht sie direkt an.
    Mum.
    Sie hört ihn nicht, sieht ihn nicht. Aber spürt sie etwas? Sie zittert, schlägt die Arme um ihren Körper.
    »Iss eisskal’ ’ier draußen. Verdammte Scheiße, Carl, jetz’ komm schon rein. Du biss ja ganz nass.«
    Ich schaue an mir herunter. Meine Brust ist regenüberströmt. Die Jogginghose klatschnass.
    Sie jagt aus dem Schutz des Vordachs und packt mich am Ellbogen.
    Ich stolpere rückwärts, das Gesicht noch immer auf Rob fixiert, als er mit den Lippen formt: Du und ich. Du und ich …
    Ich bin wieder im Haus und die Tür ist fest zu. Mum reibt mir mit einem Handtuch ein wenig die Haare trocken. Ein zweites Handtuch hat sie mir um die Schultern gewickelt. Rob verblasst. Nur seine Stimme ist noch da, auf ›Repeat‹, aber sie wird immer schwächer.
    Du und ich …
    Er wird von Mum übertönt, die mir Fragen

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