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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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entgegenschleudert.
    »Wass hass ’u da draußen gemach’? Wieso warss ’u heut’ Abend inner Schule? Verdammte Scheiße, wass issen los mit dir, Carl?«
    Sie lässt mir überhaupt keine Zeit zu antworten, aber das ist okay für mich.
    Und dann hört sie auf. Sie tritt zurück, das Handtuch zwischen den Fingern, und sieht mich an. Ihre Augen sind immer noch rot unterlaufen vom Alk und sie schwankt ein bisschen, aber sie meint es ernst. Sie will mit mir reden.
    »Jetz’ sach schon, wass los iss?«
    »Nichts. Gar nichts ist los, Mum.«
    »Hör auf mit der Scheiße. Wieso biss ’u heut Nachmittag so ausgerastet und hass mich geschlagen? Wieso biss ’u weggerannt?«
    »Das war ein Versehen. Tut mir leid, okay? Ich dachte, du wärst …«
    »Wer? Debs? Und du hass gedacht, Tante Debs schlagen, das iss in Ordnung?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich dachte, es war …«
    »Und dann hauss ’u ab zur Schule und zündes’ sie an? Ich mein, Scheiße noch mal, was soll das, Carl? Ich dacht’, du hättss’ was gelernt aus dem Ganzen. Ich dacht’, du hättss kapiert, dass du dich nicht mehr wie … wie ’n Rüpel aufführen kannss, aber du hass überhaup’ nich’s kapiert. Überhaup’ nich’s!«
    Sie schreit jetzt, zetert, und von oben ruft eine unscharfe Stimme: »Alles in Ordnung, Kerr? Wass iss los?«
    »Iss nich’s, Debs. Geh wieder schlafen.«
    »Wie lange bleibt sie?«
    » Sie? Sie? Sie iss meine Schwesser und sie kann bleiben, solange sie will. Sie iss hier, um mir zu helfen. Mir zu helfen, dass ich das durchsteh, denn ich weiß überhaup’ nich’, wie ich das all’s schaffen soll, wie ich die nächssen Tage durchhalten soll, verdammt. So jemand’ brauch ich, Carl. Und nich’ jemand’ wie dich, der bloß Ärger macht.«
    »Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid …«
    »Du verarschs’ mich doch nur wieder. Du hass mich heute total im Stich gelassen. Total. Ich will, dass ’u darüber nachdenkss, was ich gesagt hab, Carl. So geht das nich’ weiter mit dir.«
    Sie wankt in die Küche davon und ich ergreife die Gelegenheit, nach oben zu flüchten. Ich schließe die Tür von meinem Zimmer, aber während ich meine nasse Jogginghose ausziehe, höre ich, wie sie sich nach oben ins Schlafzimmer schleppt, und dann, wie Debbie und sie mich zerpflücken. Ich krieche in meinen Schlafsack und versuche die Worte auszublenden, ihre Stimmen nur zu einem weiteren Geräusch, einem Hintergrundrauschen werden zu lassen, doch es sind nicht bloß zwei Stimmen da, ich höre noch eine dritte, ein leises Flüstern. Es dauert nicht lange, bis der Alkohol die beiden wieder einschlafen lässt. Ihre Stimmen werden leiser, die Lücken zwischen den Sätzen größer. Und kurz darauf bricht das Geschnarche wieder los.
    Aber das Flüstern bleibt. Die dritte Stimme. Selbst als ich mich darauf konzentriere, die Worte zu verstehen, erkenne ich bereits den Ton, den Rhythmus, die Stimmlage.
    Du und ich, Carl. Du und ich …
    Ich setze mich auf, taste nach dem Lichtschalter und schirme die Augen ab, bis sie sich langsam an die Helligkeit gewöhnen. Das Licht erfasst jede Ecke des versifften Zimmers. Es gibt nichts, wo man sich verstecken kann. Nur die beiden Matratzen, die Klamottenhaufen, ein paar Angelruten und den feuchten Fleck in der Ecke. Aber er ist jetzt nicht mehr nur in der Ecke. Er hat die Lücke zwischen unseren Betten übersprungen und breitet sich auf beiden Seiten des Zimmers aus. Sein ausgefranster Rand strebt immer weiter, reckt und streckt sich vorwärts. Ich lege meine Hand an die Wand, einen halben Meter entfernt von der äußeren Kante des dunklen Flecks. Die Wand ist kalt und klamm.
    Bring die Schlampe um.
    Er ist hier. Er wird mich nie mehr in Ruhe lassen.
    Wo immer ich hingehe, was immer ich tue, er wird da sein.
    Meine Finger finden die Teile des Fotos in meiner Tasche. Ich hole sie heraus und halte sie in der Handfläche. Aus dem oberen Stück sieht mich ein Auge an. Dunkelbraun. Das Licht tanzt darin. Neisha. Und ich denke an die anderen Fotos, die Fotos auf seinem Handy.
    Ich krieche über den Boden und ziehe es aus der Jackentasche. Ich klicke mich durch die Seiten – Menü, Galerie – zu den Fotos. Diesmal schaue ich nicht auf ihren Körper, sondern auf ihr Gesicht, auf den Schmerz hinter den Augen.
    »Er hat mich geschlagen.«
    Ich gehe der Reihe nach alle Bilder durch. Löschen. Wollen Sie wirklich löschen? Ja. Bis sie alle weg sind. Ich stecke das Handy zurück in die Tasche.
    Ich

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