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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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würde ihr niemals wehtun. Ich würde auch niemals zulassen, dass ihr ein anderer wehtut. Aber ich habe es getan. Ich habe alles nur schlimmer gemacht – mit meinen Lügen und meiner Eifersucht und meinem kindischen Groll. Ich habe ihn gereizt, provoziert. Das letzte Mal war nur ein Streit wie Millionen andere vorher. Er endete auch genauso wie immer, nämlich damit, dass er auf mich eingeprügelt hat. Und ich hätte nie gedacht … mir niemals vorgestellt …
    Er muss aufhören. Aber wie kann ich ihn dazu bringen?
    Das Zimmer ist voll von ihm. Infiziert von ihm, genau wie ich. Er hat sich in meinen Kopf gewunden wie ein Wurm. Genau das ist er, ein Wurm in meinem Hirn, der mich Dinge denken lässt, die niemand denken sollte, erst recht nicht ich, der Junge, der sie schon einmal gerettet hat, der ihre Hand gehalten hat, Arm in Arm mit ihr gegangen ist, sie geküsst hat. Der Junge, der sich in sie verliebt.
    Es ist das Zimmer – ich muss hier raus. Aber er wird mir doch folgen, oder? Er geht mit mir. In den Park, auf die Straße, in die Schule.
    Er. Folgt. Mir.
    Und auf einmal weiß ich, was ich tun muss. Neishas Dad hat Recht. Aber nicht der Ort ist vergiftet, ich bin es. Ich muss fort von hier. Fort und Rob mitnehmen, fort aus der Wohnung, fort aus der Stadt. Fort von Neisha.
    Ich muss verschwinden. Heute Nacht noch. Einen Ort finden, wo ich nie jemanden verletzt habe, nie etwas zerstört habe, nie irgendwo eingebrochen bin. Schauen, ob ich noch einmal von vorn anfangen kann. Nur ich und mein Schatten. Er und ich – für immer.
    Du kannst nicht verschwinden. Ich lass dich nicht gehen.
    Er ist noch hier. Er weiß, was ich vorhabe. Natürlich weiß er das. Ich weiche von der Wand zurück und stehe auf.
    Ich hab gesagt, ich bring dich um, verdammt. Und das mach ich auch.
    Ich schaue mich im Zimmer um, suche nach Dingen, die ich mitnehmen will. Ich ziehe ein paar Unterhosen, Socken und eine Jeans aus den Haufen und greife nach einem T-Shirt zum Wechseln, stopfe es samt den Unterhosen in meine Jacke. Für mein Buch ist auch noch Platz. Es ist das Einzige hier, was wirklich mir gehört. Etwas anderes gibt es nicht. Keine Erinnerungsstücke oder Souvenirs. Ich will einfach alles hinter mir lassen. Bis auf das Foto. Meine zerrissene Freundin.
    Neisha.
    Wie kann ich sie einfach so zurücklassen? Werde ich sie je wiedersehen? Wenn ich eine Lösung gefunden habe, wie ich Rob für immer loswerden kann, werde ich ja vielleicht wieder zurückkommen.
    Ich kann sie morgen anrufen, wenn ich weit genug weg bin. Versuchen ihr alles zu erklären. Sie wird es doch sicher verstehen, oder? Sie wird auf mich warten.
    Ich weiß nicht, warum, aber ich bin mir sicher, dass das, was ich tue, das Richtige ist.
    Draußen hat der Wind aufgefrischt. Er heult los, als er an der Ecke auf die Wohnungen trifft, aber ich höre nicht, dass es regnet. Ich will, dass es regnet. Ich brauche den Regen an mir, auf der Haut, in den Haaren, in meinem Gesicht. Solange ich nass bin, kann ich Rob mitziehen.
    Ich spähe durch den Vorhang und denke: Das ist das letzte Mal, dass ich hier rausschaue. Die Vorstellung klingt gut, so als ob ich auf dem richtigen Weg bin.
    Wie aufs Stichwort klatschen die ersten großen, dicken Regentropfen gegen die Scheibe. Recht so. Zeit zu gehen. Ich binde mir die Jacke um die Hüfte. Einen Moment zögere ich in der Tür und schaue noch einmal zurück ins Zimmer. Der Fleck an der Wand verwandelt es in eine dunkle, feuchte Höhle. Wenn ich hierbleibe, werde ich ersticken. Zeit zu gehen.
    Das Schnarchen in Mums Zimmer hat sich in ein tiefes Brummen verwandelt. Ich überlege, wie lange es dauern wird, bis Mum merkt, dass ich weg bin. Sie wird nicht begeistert sein, wenn ich bei der Beerdigung fehle. Ich sollte einen Zettel dalassen. Etwas, um zu verhindern, dass die zwei nach mir suchen, Alarm schlagen. Ich drehe noch einmal um, reiße eine Seite aus einem alten Schulbuch, dann wühle ich in den Haufen am Boden nach einem Kuli oder Bleistift.
Liebe Mum
    Weiter komme ich nicht. Das Einzige, was mir nach fünfzehn Jahren zu sagen einfällt – und selbst dabei bin ich mir nicht sicher –, ist diese Anrede »Liebe«.
Tut mir leid, dass ich wegmuss. Ist nur zum Besten für uns alle, glaub mir. Such nicht nach mir, ist besser für uns alle, wenn du mich nicht findest.
    Das sollte reichen. Ich bringe es nicht fertig, noch einmal »Liebe« zu schreiben, auch wenn es nur in der Floskel »Liebe Grüße« ist. Also setze ich einfach

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