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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Ist alles okay mit dir?«
    »Ja, alles in Ordnung. Ich bin nach einem Abstecher auf der Polizeiwache wieder nach Hause gekommen.«
    Neisha schluckt. »Haben sie –? Ich meine, war es –?«
    »Nee, war ganz okay. Sie haben mich nur befragt und dann hierher zurückgebracht. In ein paar Tagen muss ich noch mal hin. Aber bis zur Beerdigung passiert erst mal nichts weiter.«
    »Werden sie dich anklagen?«
    »Kommt drauf an. Wenn ich die Karte mit dem toten Bruder spiele, kriege ich vielleicht bloß eine Verwarnung.«
    Ich höre, wie zynisch das klingt, doch es stimmt. Und es ist auch nicht schlimmer, als einen Lehrer anzulügen, dass deine Oma stirbt, um zu erklären, wieso du den Scheißtag geschwänzt hast. Meine Geschichte ist sogar noch besser: Denn sie ist wenigstens wahr.
    Neisha schweigt eine Weile, dann sagt sie: »Aber du hast meinen Namen nicht erwähnt?«
    »Ich hab gar nichts erwähnt. Überhaupt nichts.«
    »Danke. Mein Dad ist ausgeflippt, als ich nach Hause kam. Du hattest Recht, er wär durchgedreht, wenn mich die Polizei erwischt hätte.«
    »Kein Grund, dass wir beide in Schwierigkeiten geraten. Ich bin nur froh, dass du in Sicherheit bist.«
    »Ich bin auch froh, dass du wieder da bist. Ist ein bisschen aus dem Ruder gelaufen da drin, was? Danke, dass du mich rausgebracht hast. Du bist echt ein Gentleman. Ganz anders als dein Bruder. Ich war so beschäftigt ihn zu sehen, mit seinen Launen klarzukommen, dass ich daneben nichts anderes mehr wahrgenommen habe. Aber du warst immer für mich da, so wie jetzt auch. Wann können wir uns treffen?«
    Sofort? Nein! Nicht. Ich bin nicht der, für den du mich hältst. O Gott, o Gott. Das ist es, was ich denke, aber gleichzeitig werde ich rot, sauge die Wärme auf, die sie mir gibt, von Handy zu Handy, von Mund zu Ohr. Mund … ihr Mund. O Gott. Das muss aufhören.
    »Ich glaube, das ist keine gute Idee.«
    »Was?« Ihre Stimme klingt plötzlich scharf.
    »Uns zu treffen.«
    »Wieso nicht? Wieso sagst du das?«
    »Ich … ich meine nur …« Ich rudere herum, versuche die richtigen Worte zu finden. »… es kommt mir nicht richtig vor. Nicht so schnell.«
    »Genau deshalb ist es ja richtig. Wir haben so viel zusammen durchgemacht. Ich brauche dich, Carl. Lass mich nicht hängen. Nicht jetzt.«
    »Aber ich weiß nicht, wer ich bin!«
    »Das macht doch nichts, deine Erinnerung wird langsam wieder zurückkommen, ich finde auch alles über dich raus, und das, was ich herausfinde, liebe ich. Ich liebe …«
    »Nicht. Sag so was nicht. Was ich meine, was ich zu sagen versuche, ist: Du glaubst, ich bin dieser tolle Junge, aber vielleicht bin ich das gar nicht. Vielleicht bin ich ja wie mein Bruder.«
    »Nein, Carl. Du warst immer in seinem Schatten, aber der echte Carl ist anders. Glaub mir. Ich sehe genau, wie du bist. Du bist liebevoll, Carl. Du bist sensibel.«
    Plötzlich will ich lachen, laut auflachen, aber ich versuche, es mit aller Macht zu unterdrücken. Ich wünschte, ich könnte glauben, was Neisha sagt.
    »Erinnerst du dich, wie du in der Schule gesagt hast, du hättest ›ihn‹ gesehen? Hast du da Rob gemeint?«
    »Ich war nur … durcheinander, weiß auch nicht.«
    »Aber du hast ihn gesehen, stimmt’s? Das hast du gesagt.«
    Es hat keinen Sinn, zu leugnen. »Ja.«
    »Weil du dich schuldig fühlst und ihn vermisst?«
    »Vielleicht. Und du glaubst nicht, dass ich verrückt bin?«
    »Nein, glaube ich nicht. Ich glaube, das ist deine Art zu trauern.«
    Ich möchte ihr glauben, von ihr weitergespült werden, in ihrer Welt leben. Es ist so schwer, in meiner zu leben.
    »Aber er spricht zu mir, Neisha.«
    »Was?«
    »Ich höre ihn, genauso wie ich ihn sehe. Und ich kann ihn auch riechen.«
    Schweigen. Kein angenehmes Schweigen, sondern ein angespanntes. Die Stimmung ist plötzlich umgeschlagen, von einem Moment auf den andern.
    »Vielleicht solltest du mal mit jemandem drüber reden. Mit einem Arzt oder so.«
    »Ich will keinen Arzt, Neisha. Ich brauch keinen. Er ist real. Ich schwör es.«
    »Das ist doch Unsinn, Carl. Wenn Leute sterben, dann bleiben sie gestorben. Glaub’s mir, ich weiß es.«
    Und plötzlich spüre ich eine gewisse Erleichterung. Ihre Worte sind so unverblümt, so klar und geradeheraus. In ihrem Kopf gibt es keinen Platz für Zweifel. Wenn Leute sterben, dann bleiben sie gestorben. Ganz einfach. Schluss, aus.
    Regen schlägt gegen das Küchenfenster und trotz dem, was Neisha gerade gesagt hat, ertrage ich es kaum hinzuschauen.

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