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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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doch das stört mich nicht besonders. Was mich wirklich fertigmacht, ist der Wasserhahn in der Küche. Und je mehr ich versuche ihn zu überhören, desto mehr konzentriert sich mein Kopf auf ihn.
    Ich stehe auf und gehe zum Spülbecken. Ich drehe den Hahn zu, bis er sich nicht mehr bewegen lässt, aber das Wasser tropft weiter. Verdammt! Es ist doch nur ein Wasserhahn. Ich werde das Scheißding doch abstellen können. Ich versuche es wieder und erwarte schon beinahe, dass er abbricht.
    Ich nehme ein Geschirrtuch, das an einem der Stühle über die Rückenlehne hängt, und lege es in die Spüle. Das Geräusch ist fast weg – nur noch der matte, feuchte Anklang davon.
    Zurück am Küchentisch, lege ich den Kopf wieder auf meine Arme. Ich bin so müde. Ich glaube nicht, dass mich jetzt noch irgendetwas vom Schlafen abhalten kann. Ich höre seine Stimme nicht mehr. Rieche seinen Gestank nicht mehr. Ziehe den Kragen des Bademantels weiter nach oben und schließe die Augen.
    Doch das Wasser durchtränkt das Tuch. Das Geräusch, das nur noch gedämpft war, wird immer lauter. Wasser fällt auf das nasse Tuch.
    Die Zeit ist um.
    Ich setze mich auf.
    »Verdammte Scheiße, Rob, lass mich in Ruhe. Du bist tot. Du bist tot. Ich hab gesehen, dass du tot bist.«
    Meine Stimme ist die, die ich in fünfzehn Jahren Streiten und Kämpfen, Betteln und Sticheln benutzt habe. Die Stimme, die ich verwende, wenn ich mit meinem Bruder rede. Aber die Sätze sind schwachsinnig. Es sind Sätze, von denen ich nicht gedacht hätte, dass ich sie jemals sagen würde. Wenn jemand anders sie hören würde, wenn jemand anders hier wäre außer mir und ihm, würde er sich jetzt ganz schnell zurückziehen und die Männer in den weißen Kitteln anrufen.
    »Mit wem sprichst du?«
    Ich wirble herum.
    Mum steht in der Tür.
    »Mit niemandem. Keine Ahnung, Mum. Mit ihm. Mit Rob. Er ist hier. Er ist immer noch hier.«
    »Er ist nicht hier. Nicht so«, sagt sie. »Es ist niemand hier außer dir und mir.«
    »Aber er ist da. Der Wasserhahn, der Regen, der Schimmel und alles. Das ist er. Das ist er, Mum.«
    Sie zieht sich nicht zurück oder greift nach dem Telefon. Sie tritt auf mich zu und streicht mir über die Haare.
    »Psst«, sagt sie. »Das reicht jetzt. Es ist nicht real, Carl. Es ist nicht wirklich. Morgen kommst du mit – na ja, morgen stimmt jetzt nicht mehr, ich meine nachher. Das wird dir helfen. Versprochen.«
    »Wie spät ist es?«
    »Halb fünf. Hast du geschlafen?«
    »Nein.«
    Sie streicht mir noch einmal über die Haare. »Ich auch nicht. Soll ich den Kessel aufsetzen?«
    »Meinetwegen.«
    »Wir könnten schauen, was im Fernsehen läuft.«
    »Ich kann nicht … ich kann nicht hier drinnen sitzen«, sage ich. »Das Zeug, die Nässe – sie kommt an der Wand runter.«
    »Wirklich?«
    Sie schaltet das Wohnzimmerlicht an und flucht.
    »Diese Wohnung«, sagt sie. »Nicht mal ein Schwein würde man hier unterbringen.« Sie schaltet das Licht wieder aus und geht in die Küche. »Lass uns das Radio anmachen.«
    Es läuft schmalzige Musik. Mum dreht das Radio ganz leise, während sie Tee für uns macht.
    »Was soll denn das Geschirrtuch hier?« Sie hebt das eine Ende mit Zeigefinger und Daumen hoch.
    »Nichts. Ich hab nur versucht das Tropfen abzustellen, dieses Geräusch, das ist alles.«
    Sie zieht ein Gesicht und hängt das Tuch über den Rand der Spüle. Dann versucht sie den Hahn zuzudrehen, gibt auf, stellt die Becher auf den Tisch und setzt sich mir gegenüber. Ihre Augen sind vom Alk und vom fehlenden Schlaf blutunterlaufen. Aber sie ist ruhig. Deutlich ruhiger als ich.
    Die Musik klingt aus und ein müde wirkender DJ schaltet sich ein.
    »It’s a rainy night in Georgia und bei uns regnet es auch die ganze Nacht, so viel steht fest. Hier kommt eine Unwetterwarnung für euch. Laut Wetterdienst wird es angesichts des gestiegenen Grundwasserspiegels der letzten Tage und neuer Regengüsse zu lokalen Überschwemmungen kommen. Haltet euch also nur dort auf, wo es sicher ist, Leute. Bleibt zu Hause und schaltet das Radio an. Hier ist Travis …«
    »Dieser Scheißregen hört wohl nie mehr auf. Wenn das so weitergeht, werden wir alle ertrinken«, sagt Mum und nippt an ihrem Tee. Dann merkt sie plötzlich, was sie gesagt hat und sieht erschrocken zu mir auf. »Gott … was sage ich da? Carl, du weißt doch, dass ich das nicht so …«
    »Schon gut«, antworte ich und merke, wie ich über den Tisch fasse, meine Hand über ihre lege und sie

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