Drowning - Tödliches Element (German Edition)
verziehen. Ich blende mich aus, fühle mich auf einmal erschöpft, die Unterhaltung verliert sich zu einem Geräusch, ich höre die Worte nicht mehr, nur ein Hintergrundmurmeln, das seltsam beruhigend wirkt.
Nach etwa zehn Minuten kommt Mum nach oben. Sie kniet sich neben mich.
»Sie wollen mit dir reden, nachschauen, ob mit dir alles okay ist. Zieh dich an.«
»Ich bleib so.«
Der Bademantel ist wie eine tröstende Decke. Ich fühle mich darin trocken und warm. Es macht mir nichts, ihn nie wieder auszuziehen.
»Sicher nicht.« Sie wirft einen Blick auf den Ramsch an Sachen, die auf dem Flur verteilt liegen, dann verschwindet sie in ihr Zimmer und kommt mit einer Jeans und einem T-Shirt zurück.
»Wem –?«
»Frag nicht«, sagt sie. »Unterhose hab ich keine gefunden.«
Ich nehme ihr die Sachen ab. Dann stehe ich auf und drehe mich um, als ich in die Jeans steige und sie am Bund hochziehe. Sie ist ein paar Nummern zu groß und ich muss an Mums schauriges Vorleben denken, was Männer und Kälte betrifft. Schließlich lasse ich den Bademantel fallen und tauche in das T-Shirt. Ich schaue auf das Bild vorne drauf, drehe den Kopf zur Seite, um die Schrift zu lesen: »Surfer machen es im Stehen.«
Ich schaue wieder zu Mum.
Sie zieht ein Gesicht. »Tut mir leid«, sagt sie und ich weiß, dass sie nicht nur das beschissene Shirt meint. Trotz der verdammten Klamotten ertappe ich mich, dass ich lächle, spüre, wie mir ein Lachen die Kehle hochsteigt.
»Mannomann«, sage ich.
»Ich weiß.«
Ich beuge mich hinunter und wickle die Hosenbeine auf, schlage sie zweimal um, bis sie an der Oberseite der Füße aufliegen.
»Jetzt alles okay mit dir? Bist du bereit?«, fragt sie.
»Ja. In Ordnung.«
Später, als sie alle weg sind und Debbie im Bad verschwunden ist, um sich »ein bisschen einzuweichen«, macht mir Mum ein Bett auf dem Sofa. Sie hat da oft genug selbst geschlafen oder vielmehr ist da ins Koma gefallen und liegengeblieben, aber das hier ist anders. Sie nimmt die Rückenkissen weg und holt ein Bettkissen und meinen Schlafsack. Als ich den Schlafsack sehe, spüre ich ein Würgen. Selbst quer durchs Zimmer rieche ich den Moder. Im Reißverschluss spiegelt sich das Licht und ich höre das Geräusch von diesem andern Reißverschluss, dem, der ihn eingeschlossen hat, und ich spüre die Panik hochkommen mitsamt Mageninhalt.
»Ich kann da nicht rein, Mum«, sage ich. »Nicht in den Schlafsack.«
Sie runzelt die Lippen, sagt aber nichts, sondern schafft ihn wieder nach oben und kommt mit einem Laken und ein paar Decken zurück.
»Besser?«
»Ja.«
»Ich sollte dir vielleicht eine Bettdecke kaufen«, sagt Mum. »Vor ein paar Wochen hatten sie welche im Supermarkt. Kosteten bloß fünf Pfund. Aber auch die fünf hatte ich nicht. Na ja, außerdem hätte ich zehn gebraucht, ihr wart ja zu zweit …« Sie fällt in ein Schweigen. Dann sagt sie: »Gott, Carl, wie sollen wir das schaffen?«
Ich verstehe sie bewusst falsch, denn ich will nicht über irgendetwas Großes reden, nicht jetzt.
»Leg einfach das Laken aufs Sofa und ich tu die Decken drüber.«
Für einen Moment schaut sie verwirrt.
»Ja … natürlich. Okay.«
Sie schüttelt das Laken auf und beginnt es festzustecken.
»Wir sehen ihn morgen«, sagt sie.
»Was?«
»Debbie und ich. Wir gehen zu ihm … in die … um seinen … wir verabschieden uns von ihm in der Aufbahrungshalle.«
Ich tue so, als ob ich mit dem Kissen beschäftigt bin.
»Du solltest auch mitkommen. Das gehört sich so, Carl. Wir haben das in meiner Familie immer getan. Es hilft.«
Mir stellen sich die Nackenhaare auf bei der Vorstellung ihn wiederzusehen, noch einmal seine Leiche zu sehen, wie ich sie zuletzt gesehen habe.
Mum hat die Decken auf das Laken gelegt und hinten und seitlich festgesteckt. Ich lege das Kissen ans andere Ende und das Ganze wirkt plötzlich wie ein richtiges Bett.
»Meinst du, du schaffst es hier?«
»Ja, wahrscheinlich.« Ehrlich gesagt sieht das hier viel freundlicher aus als mein üblicher Schlafplatz.
»Ich geh dann jetzt nach oben«, sagt sie. »Ich bin total kaputt. Debbie wird sicher auch ins Bett fallen, wenn sie fertig gebadet hat. Sie wird dich nicht stören.«
»Muss sie hierbleiben?«, frage ich und fühle mich schuldig, als ich es sage.
»Ist bloß für ein paar Tage. Ich weiß, sie geht einem auf die Nerven, aber sie versucht nur zu helfen. Nach der Beerdigung fährt sie wieder.«
»Dann gibt es nur noch dich und mich
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