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Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Drowning - Tödliches Element (German Edition)

Titel: Drowning - Tödliches Element (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Gesicht ist nass. Das Kissen und die Decke sind nass. Mum wischt ihm die Tropfen mit einem Taschentuch ab, beugt sich vor und küsst ihn.
    »Carl, willst du … willst du noch etwas sagen?«
    Ich schaue auf den Leichnam. Eine Windbö bläst mit dem Regen auch kleine braune Blätter herein. Ein paar von ihnen sinken auf das Gesicht des Leichnams herab. Kleine, dunkle Sprenkel von etwas, das für einen Augenblick aussieht wie Schlamm.
    »O mein Gott, o mein Gott.« Mum wischt wieder an seinem Gesicht herum, diesmal panisch. Als sie ihn abtupft, bewegt sich sein Kopf unter ihren Fingern.
    Sie ringt nach Luft und ein hoher, ängstlicher Aufschrei entfährt ihr.
    »Lass ihn, Mum«, sage ich. »Wir müssen gehen.«
    »Miss Adams, es tut mir leid. Es tut mir so leid, was passiert ist. Wir werden ihn säubern, das verspreche ich Ihnen. Wir kümmern uns um ihn.«
    »Ich kann ihn nicht verlassen. Nicht so …«
    »Das ist nicht mehr er, Mum. Nicht wirklich«, sage ich. »Er ist tot, Mum. Rob ist tot.«
    Und als ich mich in dem Raum umsehe, glaube ich es tatsächlich. Nicht nur, weil ich ihn nicht mehr sehen oder hören kann. Es ist ein anderes Gefühl. Es ist hier nichts mehr von ihm vorhanden.
    Debbie und ich lotsen Mum in den Warteraum hinaus. Der Wind, der durch das kaputte Fenster schlägt, zaust an den künstlichen Blumen in den Vasen. Ein paar kleine Blätterreste sind auf dem Teppich gelandet.
    Die Frau im Kostüm hat sich fast wieder unter Kontrolle. Sie streicht den Rock glatt und sagt: »Ich möchte mich wirklich bei Ihnen entschuldigen. Das war inakzeptabel. Es war … unprofessionell. Tut mir sehr leid.«
    Mum sieht sie an, ein bisschen verwirrt.
    »War ja nicht Ihre Schuld«, sagt Debbie. »Es liegt doch an diesem schrecklichen Wetter.« Der Wind drückt plötzlich scheppernd die Tür nach außen. »Ich fürchte, da müssen wir jetzt wieder durch.«
    Die Frau im Kostüm sieht sich um.
    »Ich kann Ihnen einen Schirm leihen.«
    »Wir haben auch welche«, sagt Debbie, »nicht dass sie viel nützen werden, es regnet zu stark. Wir müssen das durchstehen. Trotzdem danke. Danke für alles.« Sie sieht Mum und mich an. »Seid ihr soweit?«
    Ich dachte, ich wäre es. Ich wollte am Anfang gleich wieder gehen, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.
    Rob ist jedenfalls nicht mehr hier drinnen. Das heißt, er muss draußen sein. Da irgendwo in diesem Sturm.

SECHSUNDZWANZIG
    Mum und Debbie gehen auf die Tür zu, aber ich bleibe stehen.
    »Carl?«, fragt Mum. Sie kommt zu mir zurück, ein bisschen wackelig auf den Beinen und hängt sich bei mir ein. »Ich halte dich aufrecht und du mich«, sagt sie. »Okay?«
    Ich ziehe die Kapuze von meinem Sweatshirt hoch und die Kapuze der Jacke darüber und zerre beide so weit wie möglich nach vorn. Dann ziehe ich die Ärmel über meine Finger und stecke sie in die Tasche. Ich weiß, die Frauen sehen mich merkwürdig an, aber niemand sagt etwas.
    »Okay«, sage ich und Debbie öffnet die Tür.
    Keiner von uns ist auf die Wucht vorbereitet, mit der uns der Wind entgegenschlägt. Er pfeift durch den Raum und fällt über uns her. Prospekte flattern von der Empfangstheke in die Kapelle hinter uns.
    »Großer Gott!« Die Frau im Kostüm läuft hinterher. Wir lassen sie mit den Prospekten allein und schieben uns nach draußen.
    Es ist zwei Uhr nachmittags, doch es ist dunkel wie mitten in der Nacht. Überall ist jetzt Wasser. Es strömt durch die Straßen. Die wenigen Leute, die wir sehen, platschen durch die Nässe, beugen sich gegen den Wind oder werden getrieben, ihre Beine versuchen mühsam, mit dem Körper mitzukommen.
    Ich halte den Kopf gesenkt. Debbie geht auf der andern Seite neben Mum, Arm in Arm, und zusammen kämpfen wir uns aus der Hauptstraße und biegen halb gehend, halb rennend bei den Rentner-Bungalows ab. Wir kommen an einer Menschenkette vorbei, die sich Sandsäcke zuwirft und sie vor den Haustüren stapelt. Ich schaue auf und Harry steht an seinem Fenster. Er hebt die Hand und ich nicke zurück.
    Plötzlich erinnere ich mich an ein anderes Mal, als ich im Dunkeln von hier weggelaufen bin.
    Wir lassen die Hintertür offen und rennen los. Die Frau liegt auf dem Boden. Ich hole Rob ein.
    »Sollen wir nicht jemanden anrufen. Den Notruf?«
    »Halt die Klappe, renn weiter.«
    »Aber sie ist in Not … sie …«
    »Ich hab gesagt, du sollst die Klappe halten. Also sei still. Halt den Mund.«
    Jetzt ist Harry allein. Und Rob … Rob ist irgendwo hier draußen.
    Der

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