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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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diese Ge-
    müter so wenig kennt. Sie versteckt sich und singt nicht,
    aber das Volk, ruhig, ohne sichtbare Enttäuschung, her-
    risch, eine in sich ruhende Masse, die förmlich, auch
     wenn der Anschein dagegen spricht, Geschenke nur ge-
    ben, niemals empfangen kann, auch von Josefine nicht,
    dieses Volk zieht weiter seines Weges.
    Mit Josefine aber muß es abwärts gehn. Bald wird die
    Zeit kommen, wo ihr letzter Pfiff ertönt und verstummt.
     Sie ist eine kleine Episode in der ewigen Geschichte un-
    seres Volkes und das Volk wird den Verlust überwinden.
    Leicht wird es uns ja nicht werden; wie werden die Ver-
    sammlungen in völliger Stummheit möglich sein? Frei-
    lich, waren sie nicht auch mit Josefine stumm? War ihr
     wirkliches Pfeifen nennenswert lauter und lebendiger,
    als die Erinnerung daran sein wird? War es denn noch
    bei ihren Lebzeiten mehr als eine bloße Erinnerung? Hat
    [  ]
    nicht vielmehr das Volk in seiner Weisheit Josefinens
    Gesang, eben deshalb, weil er in dieser Art unverlierbar
    war, so hoch gestellt?
    Vielleicht werden wir also gar nicht sehr viel entbeh-
    ren, Josefine aber, erlöst von der irdischen Plage, die 
    aber ihrer Meinung nach Auserwählten bereitet ist, wird
    fröhlich sich verlieren in der zahllosen Menge der Hel-
    den unseres Volkes, und bald, da wir keine Geschichte
    treiben, in gesteigerter Erlösung vergessen sein wie alle
    ihre Brüder.
    
    [  ]
    Nur in Zeitschrien oder Zeitungen
    veröffentlichte Texte
    Ein Damenbrevier
    Wenn man sich in die Welt aufatmend entläßt, wie vom
    hohen Gerüst der Schwimmer in den Fluß, gleich und
    später manchmal von Gegenstößen wie ein liebes Kind
    verwirrt, aber immer mit schönen Wellen zur Seite in die 
    Lu der Ferne treibt, dann mag man wie in diesem Buch
    ziellos mit geheimem Ziel die Blicke über das Wasser
    richten, das einen trägt und das man trinken kann und
    das für den auf seiner Fläche ruhenden Kopf grenzenlos
    geworden ist.
    
    Verschließt man sich jedoch diesem ersten Eindruck,
    dann erkennt man bis zur Überzeugung, daß der Verfas-
    ser hier mit einer förmlich ungestillten Energie gearbei-
    tet hat, die den Bewegungen seines unablässigen Geistes
    – sie sind zu schnell, als daß sie Zusammenhang verrie- 
    ten – Kanten zum Erschrecken gibt.
    Und dies vor einer Materie, die in der zuckenden Ent-
    wicklung, welche sie erfährt, an die Versuchungen erin-
    nert, die vom Schreien unsichtbarer Wüstentiere an-
    getrieben, Einsiedler einst erfrischten. Doch schwebt 
    diese Versuchung nicht vor dem Verfasser als kleines
    Balletkorps auf ferner Bühne, sondern sie ist ihm nah,
    [  ]
    sie umpreßt ihn stark, bis er sich in sie verschlingt und
    ehe er es noch von der Dame erfuhr, schrieb er schon:
    „Aber man muß lieben, um sich mit Grazie hingeben
    zu können“, sagte Annie D. eine schöne blonde
     Schwedin.
    Was ist es nun für ein Anblick, wenn der Verfasser in
    diese Arbeit so verstrickt uns erscheint, getragen von
    einer Natur, gleich jenen Wolken aus Stein, die einmal
    im Barock die Gruppen im Sturmwind sich umarmender
     Heiliger erhoben. Der Himmel, in den das Buch in der
    Mitte und gegen Ende ausbrechen muß, um durch ihn
    die frühere Gegend zu retten, ist fest und überdies
    durchsichtig.
    Natürlich besteht niemand darauf, daß die Damen, für
     die der Verfasser geschrieben hat, dies wirklich sehn. Ist
    es doch genügend und mehr als das, wenn sie, vom er-
    sten Absatz schon gezwungen, wie es sein muß, fühlen
    werden, daß sie in ihren Händen einen Beichtspiegel
    halten und einen besonders treuen. Denn die Beichte,
     die man so nennt, geschieht in einem ungewohnten Mö-
    belstück, auf dem Boden eines ungewohnten Raumes im
    halben Licht, das alles ringsherum und auf und ab mit
    Zukun und Vergangenheit nur halb wahr macht, so daß
    notwendig auch alle Ja und Nein, die gefragten und die
     geantworteten halb falsch sein müssen, besonders wenn
    sie ganz ehrlich sind. Wie könnte man aber hier an ein
    wichtiges Detail vergessen in der gewohnten mitter-
    [  ]
    nächtlichen Beleuchtung während eines leisen Gesprä-
    ches (leise, weil es heiß ist) nahe beim Bett!
    Im Verlag Hans von Weber erschien „Die Puderquaste“ von Franz Blei
    [  ]
    Gespräch mit dem Beter
    Es gab eine Zeit, in der ich Tag um Tag in eine Kirche
    ging, denn ein Mädchen, in das ich mich verliebt hatte,
    betete

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