Drucke zu Lebzeiten
seinem Hangar läu
Rougier, ein kleiner Mensch mit auffallender Nase, in
Hemdärmeln auf und ab. Er ist in äußerster, etwas un-
klarer Tätigkeit, er wir die Arme mit den stark beweg-
ten Händen, betastet sich im Gehen überall, schickt sei-
ne Arbeiter hinter den Vorhang des Hangars, ru sie
zurück, geht selbst, alle vor sich drängend, hinein, wäh-
rend abseits seine Frau in engem, weißen Kleid, einen
kleinen schwarzen Hut stark ins Haar gepreßt, die Beine
im kurzen Rock zart auseinandergestellt, in die leere
Hitze schaut, eine Geschäsfrau mit allen Sorgen des
Geschäes in ihrem kleinen Kopf.
[ ]
Vor dem benachbarten Hangar sitzt Curtiss ganz al-
lein. Durch die ein wenig gelüeten Vorhänge ist sein
Apparat zu sehen; er ist größer, als man erzählt. Als wir
vorüberkommen, hält Curtiss den Newyork Herald in
der Höhe vor sich und liest eine Zeile oben auf einer
Seite; nach einer halben Stunde kommen wir wieder vor-
bei, er hält schon in der Mitte dieser Seite; wieder nach
einer halben Stunde ist er mit der Seite fertig und fängt
eine neue an. Fliegen will er heute offenbar nicht.
Wir wenden uns und sehn das weite Feld. Es ist so
groß, daß alles, was sich auf ihm befindet, verlassen
scheint: die Zielstange nahe bei uns, der Signalmast in
der Ferne, der Startkatapult irgendwo rechts, ein Ko-
miteeautomobil, das mit im Wind gespanntem gelben
Fähnchen einen Bogen über das Feld beschreibt, in sei-
nem eigenen Staub stehen bleibt und wieder fährt.
Eine künstliche Einöde ist hier eingerichtet worden in
einem fast tropischen Lande, und der Hochadel Italiens,
glänzende Damen aus Paris und alle andern Tausende
sind hier beisammen, um viele Stunden mit schmalen
Augen in diese sonnige Einöde zu schauen. Nichts ist
auf diesem Platz, was sonst auf Sportfeldern Abwechs-
lung bringt. Es fehlen die hübschen Hürden der Pferde-
rennen, die weißen Zeichnungen der Tennisplätze, der
frische Rasen der Fußballspiele, das steinerne Auf und
Ab der Automobil- und Radrennbahnen. Nur zwei-
oder dreimal während des Nachmittags trabt ein Zug
[ ]
färbiger Reiterei quer über die Ebene. Die Füße der
Pferde sind unsichtbar im Staub, das gleichmäßige Licht
der Sonne ändert sich bis gegen die füne Nachmittags-
stunde nicht. Und damit nichts im Anblick dieser Ebene
störe, fehlt auch jede Musik, nur das Pfeifen der Massen
auf den billigen Plätzen sucht die Bedürfnisse des Ohres
und der Ungeduld zu erfüllen. Von den teueren Tribü-
nen aus, die hinter uns stehn, mag allerdings jenes Volk
mit der leeren Ebene ohne Unterschied in eins zusam-
menfließen.
An einer Stelle des Holzgeländers stehen viele Leute
aneinander. „Wie klein!“ ru eine französische Gruppe
gleichsam seufzend. Was ist denn los? Wir drängen uns
durch. Aber da steht ja auf dem Felde, ganz nahe, mit
wirklicher gelblicher Farbe ein kleiner Aeroplan, den
man zum Fliegen vorbereitet. Nun sehen wir auch
den Hangar Blériots, neben ihm den seines Schülers
Leblanc, sie sind auf dem Felde selbst aufgebaut. An
einen der zwei Flügel des Apparats gelehnt steht, gleich
erkannt, Blériot und schaut, den Kopf fest auf dem
Halse, seinen Mechanikern in die Finger, wie sie am
Motor arbeiten.
Ein Arbeiter faßt den einen Flügel der Schraube um sie
anzudrehn, er reißt an ihr, es gibt auch einen Ruck, man
hört etwas wie den Atemzug eines starken Mannes im
Schlaf; aber die Schraube rührt sich nicht weiter. Noch
einmal wird es versucht, zehnmal wird es versucht,
[ ]
manchmal bleibt die Schraube gleich stehn, manchmal
gibt sie sich für ein paar Wendungen her. Es liegt am
Motor. Neue Arbeiten fangen an, die Zuschauer ermü-
den mehr als die nahe Beteiligten. Der Motor wird von
allen Seiten geölt; verborgene Schrauben werden gelok-
kert und zugeschnürt; ein Mann läu ins Hangar, holt
ein Ersatzstück; da paßt es wieder nicht; er eilt zurück
und hockend auf dem Boden des Hangar bearbeitet er es
mit einem Hammer zwischen seinen Beinen. Blériot
wechselt den Sitz mit einem Mechaniker, der Mechani-
ker mit Leblanc. Bald reißt dieser Mann an der Schraube,
bald jener. Aber der Motor ist unbarmherzig, wie ein
Schüler, dem man immer hil, die ganze Klasse sagt ihm
ein, nein, er kann es nicht, immer wieder bleibt er stek-
ken,
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