Drucke zu Lebzeiten
den Augen ein Glanz entstand
und erklärte in Absätzen: „Das ist so nämlich – ich bin
nämlich schläfrig, daher werde ich schlafen gehn. – Ich
habe nämlich einen Schwager am Wenzelsplatz – dorthin
geh ich, denn dort wohne ich, denn dort habe ich mein
Bett. – Ich geh jetzt. – Ich weiß nämlich nur nicht, wie er
heißt und wo er wohnt – mir scheint, das habe ich ver-
gessen – aber das macht nichts, denn ich weiß ja nicht
einmal, ob ich überhaupt einen Schwager habe. – Jetzt
gehe ich nämlich. – Glauben Sie, daß ich ihn finden
werde?“
Darauf sagte ich ohne Bedenken: „Das ist sicher. Aber
Sie kommen aus der Fremde und Ihre Dienerscha ist
zufällig nicht bei Ihnen. Gestatten Sie, daß ich Sie
führe.“
Er antwortete nicht. Da reichte ich ihm meinen Arm,
damit er sich einhänge.
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Die Aeroplane in Brescia
Wir sind angekommen. Vor dem Aerodrom liegt noch
ein großer Platz mit verdächtigen Holzhäuschen, für die
wir andere Aufschrien erwartet hätten, als: Garage,
Grand Büfett International und so weiter. Ungeheure in
ihren Wägelchen fettgewordene Bettler strecken uns ihre
Arme in den Weg, man ist in der Eile versucht, über sie
zu springen. Wir überholen viele Leute und werden von
vielen überholt. Wir schauen in die Lu, um die es sich
hier ja handelt. Gott sei Dank, noch fliegt keiner! Wir
weichen nicht aus und werden doch nicht überfahren.
Zwischen und hinter den Tausend Fuhrwerken und ih-
nen entgegen hüp italienische Kavallerie. Ordnung und
Unglücksfälle scheinen gleich unmöglich.
Einmal in Brescia spät am Abend wollten wir rasch in
eine bestimmte Gasse kommen, die unserer Meinung
nach ziemlich weit entfernt war. Ein Kutscher verlangt
Lire, wir bieten zwei. Der Kutscher verzichtet auf die
Fahrt und nur aus Freundscha beschreibt er uns die
geradezu entsetzliche Entfernung dieser Gasse. Wir fan-
gen an, uns unseres Anbotes zu schämen. Gut, Lire.
Wir steigen ein, drei Drehungen des Wagens durch kur-
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ze Gassen, wir sind dort, wohin wir wollten. Otto, ener-
gischer als wir zwei andern, erklärt, es falle ihm natürlich
nicht im geringsten ein, für die Fahrt, die eine Minute
gedauert hat, Lire zu geben. Ein Lire sei mehr als
genug. Da sei ein Lire. Es ist schon Nacht, das Gäßchen
ist leer, der Kutscher ist stark. Er kommt gleich in einen
Eifer, als dauere der Streit schon eine Stunde: Was? –
Das sei Betrug. – Was man sich denn denke. – Lire
seien vereinbart, Lire müssen gezahlt werden, Lire
her oder wir würden staunen. Otto: „Den Tarif oder die
Wache!“ Tarif? Da sei kein Tarif. – Wo gäbe es dafür
einen Tarif! – Es sei eine Vereinbarung über eine Nacht-
fahrt gewesen, wenn wir ihm aber Lire geben, so lasse
er uns laufen. Otto zum Angst bekommen: „Den Tarif
oder die Wache!“ Noch einiges Geschrei und Suchen,
dann wird ein Tarif herausgezogen, auf dem nichts zu
sehen ist, als Schmutz. Wir einigen uns daher auf Lire
und der Kutscher fährt weiter in die enge Gasse, in
der er nicht wenden kann, nicht nur wütend, sondern
auch wehmütig, wie mir scheinen will. Denn unser Be-
nehmen ist leider nicht das Richtige gewesen; so darf
man in Italien nicht aureten, anderswo mag das recht
sein, hier nicht. Nun wer überlegt das in der Eile! Da ist
nichts zu beklagen, man kann eben in einer kleinen
Flugwoche nicht Italiener werden.
Aber Reue soll uns nicht die Freude auf dem Flug-
feld verderben, das gäbe doch nur wieder frische Reue,
[ ]
und wir springen ins Aerodrom mehr als wir gehen in
dieser Begeisterung aller Gelenke, die uns, einen nach
dem andern, unter dieser Sonne hier plötzlich manch-
mal erfaßt.
Wir kommen an den Hangars vorüber, die mit ih-
ren zusammengezogenen Vorhängen dastehen, wie ge-
schlossene Bühnen wandernder Komödianten. Auf ih-
ren Giebelfeldern stehn die Namen der Aviatiker, deren
Apparate sie verbergen, darüber die Trikolore ihrer Hei-
mat. Wir lesen die Namen Cobianchi, Cagno, Calderara,
Rougier, Curtiss, Moncher (ein Tridentiner, der italieni-
sche Farben trägt, er vertraut ihnen mehr, als unsern),
Anzani, Klub der römischen Aviatiker. Und Blériot?
fragen wir. Blériot, an den wir die ganze Zeit über dach-
ten, wo ist Blériot?
In dem eingezäunten Platz vor
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