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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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den Augen ein Glanz entstand
     und erklärte in Absätzen: „Das ist so nämlich – ich bin
    nämlich schläfrig, daher werde ich schlafen gehn. – Ich
    habe nämlich einen Schwager am Wenzelsplatz – dorthin
    geh ich, denn dort wohne ich, denn dort habe ich mein
    Bett. – Ich geh jetzt. – Ich weiß nämlich nur nicht, wie er
     heißt und wo er wohnt – mir scheint, das habe ich ver-
    gessen – aber das macht nichts, denn ich weiß ja nicht
    einmal, ob ich überhaupt einen Schwager habe. – Jetzt
    gehe ich nämlich. – Glauben Sie, daß ich ihn finden
    werde?“
     Darauf sagte ich ohne Bedenken: „Das ist sicher. Aber
    Sie kommen aus der Fremde und Ihre Dienerscha ist
    zufällig nicht bei Ihnen. Gestatten Sie, daß ich Sie
    führe.“
    Er antwortete nicht. Da reichte ich ihm meinen Arm,
     damit er sich einhänge.
    [  ]
    Die Aeroplane in Brescia
    Wir sind angekommen. Vor dem Aerodrom liegt noch
    ein großer Platz mit verdächtigen Holzhäuschen, für die
    wir andere Aufschrien erwartet hätten, als: Garage,
    Grand Büfett International und so weiter. Ungeheure in 
    ihren Wägelchen fettgewordene Bettler strecken uns ihre
    Arme in den Weg, man ist in der Eile versucht, über sie
    zu springen. Wir überholen viele Leute und werden von
    vielen überholt. Wir schauen in die Lu, um die es sich
    hier ja handelt. Gott sei Dank, noch fliegt keiner! Wir 
    weichen nicht aus und werden doch nicht überfahren.
    Zwischen und hinter den Tausend Fuhrwerken und ih-
    nen entgegen hüp italienische Kavallerie. Ordnung und
    Unglücksfälle scheinen gleich unmöglich.
    Einmal in Brescia spät am Abend wollten wir rasch in 
    eine bestimmte Gasse kommen, die unserer Meinung
    nach ziemlich weit entfernt war. Ein Kutscher verlangt 
    Lire, wir bieten zwei. Der Kutscher verzichtet auf die
    Fahrt und nur aus Freundscha beschreibt er uns die
    geradezu entsetzliche Entfernung dieser Gasse. Wir fan- 
    gen an, uns unseres Anbotes zu schämen. Gut,  Lire.
    Wir steigen ein, drei Drehungen des Wagens durch kur-
    [  ]
    ze Gassen, wir sind dort, wohin wir wollten. Otto, ener-
    gischer als wir zwei andern, erklärt, es falle ihm natürlich
    nicht im geringsten ein, für die Fahrt, die eine Minute
    gedauert hat,  Lire zu geben. Ein Lire sei mehr als
     genug. Da sei ein Lire. Es ist schon Nacht, das Gäßchen
    ist leer, der Kutscher ist stark. Er kommt gleich in einen
    Eifer, als dauere der Streit schon eine Stunde: Was? –
    Das sei Betrug. – Was man sich denn denke. –  Lire
    seien vereinbart,  Lire müssen gezahlt werden,  Lire
     her oder wir würden staunen. Otto: „Den Tarif oder die
    Wache!“ Tarif? Da sei kein Tarif. – Wo gäbe es dafür
    einen Tarif! – Es sei eine Vereinbarung über eine Nacht-
    fahrt gewesen, wenn wir ihm aber  Lire geben, so lasse
    er uns laufen. Otto zum Angst bekommen: „Den Tarif
     oder die Wache!“ Noch einiges Geschrei und Suchen,
    dann wird ein Tarif herausgezogen, auf dem nichts zu
    sehen ist, als Schmutz. Wir einigen uns daher auf  Lire
     und der Kutscher fährt weiter in die enge Gasse, in
    der er nicht wenden kann, nicht nur wütend, sondern
     auch wehmütig, wie mir scheinen will. Denn unser Be-
    nehmen ist leider nicht das Richtige gewesen; so darf
    man in Italien nicht aureten, anderswo mag das recht
    sein, hier nicht. Nun wer überlegt das in der Eile! Da ist
    nichts zu beklagen, man kann eben in einer kleinen
     Flugwoche nicht Italiener werden.
    Aber Reue soll uns nicht die Freude auf dem Flug-
    feld verderben, das gäbe doch nur wieder frische Reue,
    [  ]
    und wir springen ins Aerodrom mehr als wir gehen in
    dieser Begeisterung aller Gelenke, die uns, einen nach
    dem andern, unter dieser Sonne hier plötzlich manch-
    mal erfaßt.
    Wir kommen an den Hangars vorüber, die mit ih- 
    ren zusammengezogenen Vorhängen dastehen, wie ge-
    schlossene Bühnen wandernder Komödianten. Auf ih-
    ren Giebelfeldern stehn die Namen der Aviatiker, deren
    Apparate sie verbergen, darüber die Trikolore ihrer Hei-
    mat. Wir lesen die Namen Cobianchi, Cagno, Calderara, 
    Rougier, Curtiss, Moncher (ein Tridentiner, der italieni-
    sche Farben trägt, er vertraut ihnen mehr, als unsern),
    Anzani, Klub der römischen Aviatiker. Und Blériot?
    fragen wir. Blériot, an den wir die ganze Zeit über dach-
    ten, wo ist Blériot?
    
    In dem eingezäunten Platz vor

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