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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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jene Wälder, er verschwindet, wir sehen die Wälder
    an, nicht ihn. Hinter Häusern, Gott weiß wo, kommt er 
    in gleicher Höhe wie früher hervor, jagt gegen uns zu;
    steigt er, dann sieht man die unteren Flächen des Biplans
    dunkel sich neigen, sinkt er, dann glänzen die oberen
    Flächen in der Sonne. Er kommt um den Signalmast
    herum und wendet, gleichgültig gegen den Lärm der 
    Begrüßung, geradeaus dorthin, von wo er gekommen
    ist, um nur schnell wieder klein und einsam zu werden.
    Er führt fünf solche Runden aus, fliegt  Km. in ' "
    und gewinnt damit den großen Preis von Brescia,
    L. .. Es ist eine vollkommene Leistung, aber voll- 
    kommene Leistungen können nicht gewürdigt werden,
    vollkommener Leistungen hält sich am Ende jeder für
    [  ]
    fähig, zu vollkommenen Leistungen scheint kein Mut
    nötig. Und während Curtiss allein dort über den Wäl-
    dern arbeitet, während seine allen bekannte Frau um ihn
    sich sorgt, hat die Menge fast an ihn vergessen. Überall
     wird nur darüber geklagt, daß Calderara nicht fliegen
    wird (sein Apparat ist zerbrochen), daß Rougier schon
    zwei Tage lang an seinem Voisinflieger herumhantiert,
    ohne ihn loszulassen, daß Zodiac, der italienische Lenk-
    ballon, noch immer nicht gekommen ist. Über Caldera-
     ras Unglück laufen so rühmliche Gerüchte um, daß man
    glauben will, die Liebe der Nation sollte ihn sicherer in
    die Lu heben, als sein Wrightflieger.
    Noch hat Curtiss seinen Flug nicht beendet, und
    schon fangen wie vor Begeisterung in drei Hangars die
     Motors zu arbeiten an. Wind und Staub schlägt aus ent-
    gegengesetzten Richtungen zusammen. Zwei Augen
    genügen nicht. Man dreht sich auf seinem Sessel,
    schwankt, hält sich an irgendjemandem fest, bittet um
    Verzeihung, irgend jemand schwankt, reißt einen mit,
     man bekommt Dank. Der frühe Abend des italienischen
    Herbstes beginnt, auf dem Felde ist nicht mehr alles
    deutlich zu sehen.
    Gerade als Curtiss nach seinem Siegesflug vorüber-
    kommt, ohne herzuschauen ein bißchen lächelnd die
     Mütze abnimmt, fängt Blériot einen kleinen Kreisflug
    an, den ihm alle schon vorher zutrauen! Man weiß nicht,
    ob man Curtiss applaudiert oder Blériot oder schon
    [  ]
    Rougier, dessen großer schwerer Apparat sich jetzt in
    die Lu wir. Rougier sitzt an seinen Hebeln wie ein
    Herr an einem Schreibtisch, zu dem man hinter seinem
    Rücken auf einer kleinen Leiter kommen kann. Er steigt
    in kleinen Runden, überfliegt Blériot, macht ihn zum 
    Zuschauer und hört nicht auf zu steigen.
    Wenn wir noch einen Wagen bekommen wollen, ist es
    höchste Zeit wegzugehen; viele Leute drängen schon an
    uns vorüber. Man weiß ja, dieser Flug ist nur ein Experi-
    ment, da es schon gegen  Uhr geht, wird er nicht mehr 
    offiziell registriert. In dem Vorhof des Aerodroms ste-
    hen die Chauffeure und Diener auf ihren Sitzen und
    zeigen auf Rougier; vor dem Aerodrom stehen die Kut-
    scher auf den verstreuten vielen Wagen und zeigen auf
    Rougier; drei Züge voll bis zum letzten Puffer rühren 
    sich nicht wegen Rougiers. Wir bekommen glücklich
    einen Wagen, der Kutscher hockt sich vor uns nieder
    (einen Kutschbock gibt es nicht), und endlich wieder
    selbständige Existenzen geworden fahren wir los. Max
    macht die sehr richtige Bemerkung, daß man etwas ähn- 
    liches wie hier auch in Prag veranstalten könnte und
    sollte. Es müßte ja kein Wettfliegen sein, meint er, trotz-
    dem auch das sich lohnen würde, aber einen Aviatiker
    einladen, das wäre doch sicher eine Leichtigkeit und kein
    Beteiligter würde es zu bereuen haben. Die Sache wäre ja 
    so einfach; jetzt fliegt Wright in Berlin, nächstens wird
    Blériot in Wien fliegen, Latham in Berlin. Man müßte
    [  ]
    also die Leute nur zu dem kleinen Umweg überreden.
    Wir zwei andern antworten nichts, da wir erstens müde
    sind und zweitens auch sonst nichts einzuwenden hät-
    ten. Der Weg dreht sich und Rougier erscheint so hoch,
     daß man glaubt, seine Lage könne bald nur nach den
    Sternen bestimmt werden, die sich gleich auf dem Him-
    mel zeigen werden, der sich schon dunkel verfärbt. Wir
    hören nicht auf, uns umzudrehen; gerade steigt noch
    Rougier, mit uns aber geht es endgültig tiefer in die
     Campagna.
    [  ]
    Ein Roman der Jugend
    Felix Sternheim: Die Geschichte des jungen Oswald. Hyperionverlag
    Hans

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