Drucke zu Lebzeiten
einzelnen Herren, und
unter diesem Gesichtspunkt war die bisher hier ver-
brachte Zeit nicht verloren. Wenn nur der Heizer besser
auf dem Platz gewesen wäre, aber der schien vollständig
kampfunfähig. Wenn man ihm den Schubal hingehalten
hätte, hätte er wohl dessen gehaßten Schädel mit den
Fäusten aulopfen können. Aber schon die paar Schrit-
te zu ihm hinzugehen, war er wohl kaum imstande. War-
um hatte denn Karl das so leicht Vorauszusehende nicht
vorausgesehen, daß Schubal endlich kommen müsse,
[ ]
wenn nicht aus eigenem Antrieb, so vom Kapitän geru-
fen. Warum hatte er auf dem Herweg mit dem Heizer
nicht einen genauen Kriegsplan besprochen, statt, wie
sie es in Wirklichkeit getan hatten, heillos unvorbereitet
einfach dort einzutreten, wo eine Tür war? Konnte der
Heizer überhaupt noch reden, ja und nein sagen, wie es
bei dem Kreuzverhör, das allerdings nur im günstigsten
Fall bevorstand, nötig sein würde? Er stand da, die Beine
auseinander gestellt, die Knie unsicher, den Kopf etwas
gehoben, und die Lu verkehrte durch den offenen
Mund, als gäbe es innen keine Lungen mehr, die sie
verarbeiteten.
Karl allerdings fühlte sich so kräig und bei Verstand,
wie er es vielleicht zu Hause niemals gewesen war. Wenn
ihn doch seine Eltern sehen könnten, wie er in fremdem
Land, vor angesehenen Persönlichkeiten das Gute ver-
focht und, wenn er es auch noch nicht zum Siege ge-
bracht hatte, so doch zur letzten Eroberung sich voll-
kommen bereitstellte! Würden sie ihre Meinung über
ihn revidieren? Ihn zwischen sich niedersetzen und lo-
ben? Ihm einmal, einmal in die ihnen so ergebenen Au-
gen sehn? Unsichere Fragen und ungeeignetester Au-
genblick, sie zu stellen!
„Ich komme, weil ich glaube, daß mich der Heizer
irgendwelcher Unredlichkeiten beschuldigt. Ein Mäd-
chen aus der Küche sagte mir, sie hätte ihn auf dem Wege
hierher gesehen. Herr Kapitän und Sie alle meine Her-
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ren, ich bin bereit, jede Beschuldigung an der Hand mei-
ner Schrien, nötigenfalls durch Aussagen unvoreinge-
nommener und unbeeinflußter Zeugen, die vor der Türe
stehen, zu widerlegen.“ So sprach Schubal. Das war al-
lerdings die klare Rede eines Mannes und nach der Ver-
änderung in den Mienen der Zuhörer hätte man glauben
können, sie hörten zum erstenmal nach langer Zeit wie-
der menschliche Laute. Sie bemerkten freilich nicht, daß
selbst diese schöne Rede Löcher hatte. Warum war das
erste sachliche Wort, das ihm einfiel, „Unredlichkei-
ten“? Hätte vielleicht die Beschuldigung hier einsetzen
müssen, statt bei seinen nationalen Voreingenommen-
heiten? Ein Mädchen aus der Küche hatte den Heizer
auf dem Weg ins Bureau gesehen und Schubal hatte so-
fort begriffen? War es nicht das Schuldbewußtsein, das
ihm den Verstand schäre? Und Zeugen hatte er gleich
mitgebracht und nannte sie noch außerdem unvoreinge-
nommen und unbeeinflußt? Gaunerei, nichts als Gaune-
rei! Und die Herren duldeten das und anerkannten es
noch als richtiges Benehmen? Warum hatte er zweifellos
sehr viel Zeit zwischen der Meldung des Küchenmäd-
chens und seiner Ankun hier verstreichen lassen? Doch
zu keinem anderen Zwecke, als damit der Heizer die
Herren so ermüde, daß sie allmählich ihre klare Urteils-
kra verloren, welche Schubal vor allem zu fürchten
hatte. Hatte er, der sicher schon lange hinter der Tür
gestanden hatte, nicht erst in dem Augenblick geklop,
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als er infolge der nebensächlichen Frage jenes Herrn
hoffen dure, der Heizer sei erledigt?
Alles war klar und wurde ja auch von Schubal wider
Willen so dargeboten, aber den Herren mußte man es
anders, noch handgreiflicher zeigen. Sie brauchten Auf-
rüttelung. Also Karl, rasch, nütze jetzt wenigstens die Zeit
aus, ehe die Zeugen aureten und alles überschwemmen!
Eben aber winkte der Kapitän dem Schubal ab, der
darauin sofort – denn seine Angelegenheit schien für
ein Weilchen aufgeschoben zu sein – beiseite trat und mit
dem Diener, der sich ihm gleich angeschlossen hatte,
eine leise Unterhaltung begann, bei der es an Seitenblik-
ken nach dem Heizer und Karl sowie an den überzeug-
testen Handbewegungen nicht fehlte. Schubal schien so
seine nächste große Rede einzuüben.
„Wollten Sie nicht den jungen Menschen etwas fragen,
Herr
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