Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
Vom Netzwerk:
Heizer anzuhören. Er streckte
    nämlich die Hand aus und rief dem Heizer zu: „Kom-
    men Sie her!“ mit einer Stimme, fest, um mit einem
    Hammer darauf zu schlagen. Jetzt hing alles vom Beneh- 
    men des Heizers ab, denn was die Gerechtigkeit seiner
    Sache anlangte, an der zweifelte Karl nicht.
    [  ]
    Glücklicherweise zeigte sich bei dieser Gelegenheit,
    daß der Heizer schon viel in der Welt herumgekommen
    war. Musterha ruhig nahm er aus seinem Köfferchen
    mit dem ersten Griff ein Bündelchen Papiere, sowie ein
     Notizbuch, ging damit, als verstünde sich das von selbst,
    unter vollständiger Vernachlässigung des Oberkassiers,
    zum Kapitän und breitete auf dem Fensterbrett seine
    Beweismittel aus. Dem Oberkassier blieb nichts übrig,
    als sich selbst hinzubemühn. „Der Mann ist ein bekann-
     ter Querulant“, sagte er zur Erklärung, „er ist mehr in
    der Kassa, als im Maschinenraum. Er hat Schubal, diesen
    ruhigen Menschen, ganz zur Verzweiflung gebracht.
    Hören Sie einmal!“ wandte er sich an den Heizer, „Sie
    treiben Ihre Zudringlichkeit doch schon wirklich zu
     weit. Wie o hat man Sie schon aus den Auszahlungs-
    räumen hinausgeworfen, wie Sie es mit Ihren ganz, voll-
    ständig und ausnahmslos unberechtigten Forderungen
    verdienen! Wie o sind Sie von dort in die Hauptkassa
    gelaufen gekommen! Wie o hat man Ihnen im Guten
     gesagt, daß Schubal Ihr unmittelbarer Vorgesetzter ist,
    mit dem allein Sie sich als sein Untergebener abzufinden
    haben! Und jetzt kommen Sie gar noch her, wenn der
    Herr Kapitän da ist, schämen sich nicht, sogar ihn zu
    belästigen, sondern entblöden sich nicht einmal, als ein-
     gelernten Stimmführer Ihrer abgeschmackten Beschuldi-
    gungen diesen Kleinen mitzubringen, den ich überhaupt
    zum erstenmal auf dem Schiffe sehe!“
    [  ]
    Karl hielt sich mit Gewalt zurück, vorzuspringen.
    Aber schon war auch der Kapitän da, welcher sagte:
    „Hören wir den Mann doch einmal an. Der Schubal
    wird mir sowieso mit der Zeit viel zu selbständig, womit
    ich aber nichts zu Ihren Gunsten gesagt haben will.“ 
    Das letztere galt dem Heizer, es war nur natürlich, daß
    er sich nicht sofort für ihn einsetzen konnte, aber alles
    schien auf dem richtigen Wege. Der Heizer begann seine
    Erklärungen und überwand sich gleich am Anfang, in-
    dem er den Schubal mit „Herr“ titulierte. Wie freute 
    sich Karl am verlassenen Schreibtisch des Oberkassiers,
    wo er eine Briefwage immer wieder niederdrückte vor
    lauter Vergnügen. – Herr Schubal ist ungerecht! Herr
    Schubal bevorzugt die Ausländer! Herr Schubal verwies
    den Heizer aus dem Maschinenraum und ließ ihn Klo- 
    sette reinigen, was doch gewiß nicht des Heizers Sache
    war! – Einmal wurde sogar die Tüchtigkeit des Herrn
    Schubal angezweifelt, die eher scheinbar als wirklich
    vorhanden sein sollte. Bei dieser Stelle starrte Karl mit
    aller Kra den Kapitän an, zutunlich, als sei er sein Kol- 
    lege, nur damit er sich durch die etwas ungeschickte
    Ausdrucksweise des Heizers nicht zu dessen Ungunsten
    beeinflussen lasse. Immerhin erfuhr man aus den vielen
    Reden nichts Eigentliches, und wenn auch der Kapitän
    noch immer vor sich hinsah, in den Augen die Ent- 
    schlossenheit, den Heizer diesmal bis zu Ende anzuhö-
    ren, so wurden doch die anderen Herren ungeduldig,
    [  ]
    und die Stimme des Heizers regierte bald nicht mehr
    unumschränkt in dem Räume, was manches befürchten
    ließ. Als erster setzte der Herr in Zivil sein Bambus-
    stöckchen in Tätigkeit und klope, wenn auch nur leise,
     auf das Parkett. Die anderen Herren sahen natürlich hie
    und da hin, die Herren von der Hafenbehörde, die of-
    fenbar pressiert waren, griffen wieder zu den Akten und
    begannen, wenn auch noch etwas geistesabwesend, sie
    durchzusehen, der Schiffsoffizier rückte seinem Tisch
     wieder näher, und der Oberkassier, der gewonnenes
    Spiel zu haben glaubte, seufzte aus Ironie tief auf. Von
    der allgemein eintretenden Zerstreuung schien nur der
    Diener bewahrt, der von den Leiden des unter die Gro-
    ßen gestellten armen Mannes einen Teil mitfühlte und
     Karl ernst zunickte, als wolle er damit etwas erklären.
    Inzwischen ging vor den Fenstern das Hafenleben
    weiter; ein flaches Lastschiff mit einem Berg von Fäs-
    sern, die wunderbar verstaut sein mußten, daß sie nicht
    ins Rollen kamen, zog vorüber und erzeugte in dem
     Zimmer

Weitere Kostenlose Bücher