Druidenherz
mit ihr? Ich spüre, dass etwas nicht stimmt.«
Dian schluckte und wies stumm auf die Kralle. Es war nicht nötig, mehr zu sagen. Dayana würde auch so wissen, was es bedeutete.
»Nein«, hauchte sie und schüttelte den Kopf so heftig, dass ihr langes Haar um ihre Schultern flog. »Das kann nicht sein. Sie war doch fast die ganze Zeit hinter mir, ich habe sie beschützt und auf sie aufgepasst. Wie ich es immer schon mache, seit wir Seite an Seite kämpfen. Und ich habe darauf bestanden, dass du ihren Arm versorgst. Es sah nicht so schlimm aus – ich habe nicht gespürt, dass da noch etwas anderes war. Elaya ist eine gute Kriegerin, aber noch fehlt ihr die Übung. Sie zögert nicht, ist stark und hat Kampfgeist. Und sie ist klug. Sie würde sich nicht so hinterrücks von einem Dämon verletzen lassen.«
»Dich trifft keine Schuld«, sagte Dian sanft. »Und Elaya hat es vermutlich selbst nicht gemerkt. Sie war ganz auf dich konzentriert. Auch als ich ihren Arm behandelt habe, hat sie es wie eine wahre Kriegerin ertragen.«
»Wir müssen die Kralle entfernen«, erklärte Dayana entschlossen und wollte danach greifen.
Dian hielt ihre Hände fest. »Nein. Dazu ist es zu spät. Es hätte auch nichts genützt, wenn du sie sofort herausgezogen hättest. Sie hat viel zu viel Gift abbekommen – schon in dem Moment, als der Dämon sie damit gestochen hat.«
»Aber ich kann doch nicht einfach zusehen, wie sie stirbt!« Mit tränenumflorten Augen sah sie zu ihm hoch.
Elaya stöhnte. Schweiß ließ ihr nun blasses Gesicht glänzen, sie warf sich in Krämpfen herum.
»Tu etwas!«, herrschte Dayana ihn an.
»Ich wünschte, das könnte ich. Aber so stark ist meine Magie nicht.« Ob er ihr hätte helfen können, wenn er nicht vorher schon so geschwächt gewesen wäre? Dian wusste es nicht. Bei Elayas Verletzung gab es keine Hoffnung, aber vermutlich hätte er dennoch probiert, sie zu retten.
»Du besitzt weitaus mehr Magie als jeder andere hier. Warum siehst du einfach zu? Elaya stirbt!«
»Ich weiß.« Für einen Moment senkte er den Blick, ehe er die Kriegerin wieder ansah. »Ich wünschte, ich könnte sie retten.«
»Du versuchst es ja nicht einmal!«
Dayanas anklagender Tonfall berührte ihn. Er kannte die beiden Schwestern schon seit so langer Zeit. »Weil ich es nicht kann. Auch meine Magie reicht nicht aus, um eine so extrem hohe Konzentration Dämonengift zu eliminieren.«
»Bitte versuch es dennoch.« Sie flehte nicht, sprach aber so eindringlich, wie es ihr möglich war. Er wusste, wie viel Überwindung es sie kostete, jemanden um etwas zu bitten. Doch Elaya war die wichtigste Person in ihrem Leben. Sie liebte ihre Schwester und hätte, ohne zu zögern, mit ihr getauscht, hier und jetzt.
»Es hat keinen Sinn. Ihr Geist ist bereits auf der anderen Seite.« Er hatte es gerade gespürt – obwohl sie noch lebte, war sie nun mit keiner Magie mehr zurückzuholen. Dayana würde es ebenfalls merken. Sie besaß keine magischen Fähigkeiten, doch das Band zwischen ihr und Elaya war so stark, dass sie es fühlen musste.
Stattdessen hielt sie den Blick unverwandt weiter auf ihn gerichtet, dann keuchte sie. »Du versuchst es nicht, weil dir die magische Kraft fehlt. Sonst würdest du hier nicht tatenlos herumstehen. Was hast du getan, Dian?«
»Ich habe dir gesagt, dass solch eine hohe Konzentration Dämonengift meine Fähigkeiten weit übersteigt. Noch dazu, wo sich das Gift bereits in ihrem Körper ausgebreitet hat.« Sie musste es doch selbst wissen. Als Kriegerin kannte sie sich mit der notdürftigen Versorgung von Wunden ziemlich gut aus, hatte gelernt, wie man Blutungen durch Abbinden stillte und was dabei zu beachten war. Und natürlich sah sie auch, ob jemand tödlich verletzt war oder ob es noch Hoffnung gab. Allerdings besaß sie auch einen extrem scharfen Verstand und hatte gelernt, auf kleinste Zeichen zu achten.
»Nein, da ist noch etwas anderes. Du verschweigst mir etwas.« Dayanas Blick glitt zu der Fremden. »Sie ist es, nicht wahr? Ihr hast du deine Magie gegeben. Damit sie leben kann, muss meine Schwester nun sterben.«
»Dayana …« Er streckte die Hand nach ihr aus, wollte sie berühren.
»Du hast eine Fremde gerettet.« Dayanas Augen wurden noch dunkler und wirkten nun wie zwei Kohlestücke. »Eine Frau, die vielleicht mit dem Auftrag hergeschickt wurde, uns alle zu vernichten.«
»So ist es bestimmt nicht.«
»Aber sie lebt. Und Elaya stirbt. Und das nur deinetwegen – weil du die da«,
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