Druidenherz
sie wies mit dem Kopf auf die schlafende Fremde, »unbedingt retten wolltest.«
»Zweifle meine Entscheidungen nicht an«, versetzte Dian scharf. »Auf dem Schlachtfeld hätte ich ebenso gehandelt. Es tut mir sehr leid, aber für deine Schwester gibt es keine Rettung mehr, und das weißt du ebenso gut wie ich. Du hast schon genügend deiner Kampfgefährtinnen an Dämonengift sterben gesehen.«
»Aber ebenso sah ich, wie welche gerettet wurden«, beharrte sie. »Auch mich hast du gerettet. Ich weiß, dass ich ohne deine Behandlung gestorben wäre.«
Da hatte sie recht. Ihr starker Körper und ihr enormer Wille halfen ihr sicherlich, doch was ihre Schwester anging, so war sie nun nicht mehr fähig, vernünftig zu denken. Dian spürte den Hass, den Dayana auf die Fremde aussandte. »Verurteile sie nicht für etwas, das ich getan habe. Sie kann nichts dafür und hat nicht einmal gemerkt, dass ich Magie eingesetzt habe, um ihr Leben zu retten.«
»Aber warum hast du es denn getan? Ihr Tod hätte doch niemanden berührt. Keiner hier kennt sie, es gibt niemanden, der sie liebt oder vermissen würde.«
»Das wissen wir nicht!« Dian konnte sein Entsetzen über die harten Worte Dayanas kaum verbergen. Es ist der Schmerz über den Verlust der geliebten Schwester, der aus ihr spricht, sagte er sich und beschloss, nichts weiter dazu zu sagen.
Einen Moment lang noch starrte Dayana ihn hasserfüllt an, dann zog sie Elaya in eine feste Umarmung. Die junge Kriegerin befand sich bereits im Delirium.
Dian trat zurück, um Dayana Gelegenheit zu geben, noch einmal mit ihr allein zu sein. Durch den Betäubungstrank würde Elaya der Übergang leichter fallen. Allerdings brachte Tod durch Dämonengift einen ins Reich des Vergessens – es war der endgültige Abgrund. Wer durch die Fomore oder andere Dämonen ums Leben kam, konnte nicht darauf hoffen, nach Annwn zu gelangen oder dort zu bleiben.
Elayas Körper erschlaffte. Dian wusste, dass sie tot war, hielt sich aber weiter im Hintergrund.
Nach einem Moment trat Dayana zu ihm. Sie wirkte sehr gefasst, ganz die disziplinierte Kriegerin, doch hinter der Fassade spürte er deutlich ihre Trauer. »Ich werde sie töten«, sagte sie.
Dian hielt die Luft an und machte sich bereit, nur für den Fall, dass sich Dayana auf die junge Fremde stürzte. Er würde nicht zulassen, dass ihr etwas geschah.
»Diese widerlichen Fomore!« Damit drehte sich Dayana um, nahm den leblosen Körper ihrer Schwester auf die Arme und ging mit ihr hinaus.
Dian spürte keine Erleichterung. Natürlich hasste Dayana die Fomore. Sie hatte sie schon vor dem Tod ihrer Schwester gehasst wie alle anderen in Annwn auch. Fomore gingen keine Freundschaften mit anderen Wesen ein; sie waren noch nicht einmal untereinander besonders freundlich. Und sie lebten, um Tod und Verderben zu bringen.
Dagegen standen die Kriegerinnen und Krieger aus Annwn sowie einige magische Kämpfer. Bisher hatten sie es geschafft, die Dämonen in Schach zu halten, ohne allzu hohe Verluste beklagen zu müssen.
Dennoch war schrecklich, was mit Elaya geschehen war. Und Dian fürchtete, dass Dayana es nicht auf sich beruhen lassen würde. Noch war sie von Trauer, Schmerz und Wut erfüllt, aber auch wenn sie ein wenig Abstand gewonnen hatte, würde sie ihm nicht einfach so vergeben können, dass er die fremde Frau gerettet hatte. Auch dann nicht, wenn ihr klar wurde, dass er ohnehin nichts mehr für Elaya hätte tun können. Es tat ihm schrecklich leid um sie und auch um ihre Schwester. Dayana würde niemals vollständig über den Verlust hinwegkommen. Das wusste er aus eigener Erfahrung nur zu gut.
Gwyd kam und sah Dian an, während er auf Befehle wartete.
Dian nickte ihm knapp zu.
Stumm räumte der Feenmann auf und verschwand dann wieder. Natürlich würde es nicht lange dauern, bis er erfuhr, was vorgefallen war. Aber selbst dann würde er seine Neugier im Zaum halten.
Dian ging zu der Fremden und setzte sich an ihre Seite. Sie schlief unruhig, was nicht gut war, da die Wunden wieder aufreißen konnten. Er legte sich neben sie und zog sie dicht an sich. Es war schön, ihren warmen Körper wieder in den Armen zu halten. Weil sie lebte, und weil er es geschafft hatte, ihr Leben zu retten. Nein, er bedauerte es nicht. Ganz im Gegenteil. Auch wenn er nicht wusste, woher sie kam und ob sie überhaupt froh wäre, dass er ihr Leben gerettet hatte – er würde alles tun, um sie zu beschützen.
4
Etwas Warmes und gleichzeitig Hartes drückte
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