Druidenherz
fehlte. Imogen versuchte, nicht an mögliche Keime zu denken. Dennoch verspürte sie wieder das Bedürfnis in sich, aufzustehen und einfach wegzulaufen. Sie versuchte sich hinzusetzen, was nicht leicht war, da sie sich nur mit einem Arm aufstützen konnte und darauf achten musste, das verletzte Bein nicht zu bewegen.
»Bleib liegen«, sagte Dian und drückte sie sanft auf die Liege zurück. Wieder klang es wie ein Befehl, hatte aber diesmal nichts Hypnotisches an sich. »Du bist noch viel zu schwach, um auch nur ans Laufen zu denken. Wenn du etwas brauchst, sage es Gwyd oder mir.«
Sie brauchte eine ganze Menge. Zum Beispiel eine Möglichkeit zu telefonieren oder zumindest auf anderem Wege ihrer Tante eine Nachricht zukommen zu lassen. Aber dass man ihr das nicht gewähren würde, hatte er ihr ja deutlich vermittelt. Am besten ließ sie das Thema erst mal auf sich beruhen. Vielleicht ergab sich später eine Gelegenheit.
»Versuch zu schlafen«, fuhr Dian fort. Eine Hand lag immer noch auf ihrer Schulter.
»Ich bin nicht müde.« Erschöpft war sie allerdings, aber sie wollte endlich mehr wissen. Über Dian, über Gwyd, die beiden Verrückten, das Leben an diesem seltsamen Ort. Vor allem aber über Dian. Es faszinierte und ängstigte sie zugleich, welch enorme Wirkung er auf sie ausübte.
»Du wirst einschlafen.«
O nein, nicht schon wieder! Verdammt, wie machte er das nur? Was hatte er ihr gegeben, dass ihr erneut die Augenlider herabsanken? War in der Salbe irgendetwas Betäubendes? Aber ganz egal, was es war, es verfehlte seine Wirkung nicht. Sie konnte sich nicht länger gegen den Schlaf sträuben. Wut ballte sich in ihr zusammen. Wut darüber, dass er ihr so einfach Befehle erteilen konnte, und auch über sich selbst, weil sie sich nicht dagegen zu wehren vermochte.
Doch auch der Zorn verhinderte nicht, dass sie unaufhaltsam in den Schlaf hinüberglitt.
»Ich habe genug davon, laufend einzuschlafen!«, fauchte Imogen, kaum dass sie die Augen geöffnet hatte.
Sie ist wirklich wütend, begriff Dian und beschloss, ein bisschen auf Abstand zu bleiben und sie sich erst einmal beruhigen zu lassen. Solange sie nicht versuchte aufzustehen, musste er nicht eingreifen. Es war ganz gut, wenn sie ihre Energie wiederfand. Ein starker Wille war wichtig und würde ihr helfen, gesund zu werden.
»Ich weiß nicht, was du mit mir machst oder wie, aber wage es nicht, mich noch einmal in den Schlaf zu schicken, nur weil dir die Argumente ausgehen!« In ihren grünen Augen funkelte es, und ihre zierlichen Nasenflügel blähten sich. Sie setzte sich auf, dabei achtete sie darauf, den verletzten Arm nicht zu belasten.
»Angenommen, ich täte es – was würdest du dagegen unternehmen?«, fragte er ruhig und ohne ihr das Gefühl zu geben, sie zu kontrollieren. Allerdings fürchtete er, dass sie das sowieso annahm. Nun ja, daran ließ sich nichts ändern, zumal es stimmte. Aber er war schließlich der Herrscher in diesem Bereich Annwns, und außerdem war Imogen krank.
Wütend schnappte sie nach Luft. Auf ihren Wangen schimmerte sanfte Röte. Dian konnte nichts dagegen tun, sich nur noch stärker von ihr angezogen zu fühlen. Sie war so zierlich, wirkte so zerbrechlich, aber gleichzeitig besaß sie das Herz einer Kämpferin. Er mochte starke Frauen, die nicht davor zurückschreckten, ihre Meinung zu sagen und diese auch deutlich zu vertreten. Imogen war zwar keine Kriegerin, aber dennoch besaß sie große Stärke und Entschlossenheit. Das imponierte ihm und reizte ihn gleichzeitig als Mann. Dennoch zwang er sich, sie nicht als Frau, sondern als Verletzte zu betrachten, die seiner Hilfe bedurfte.
»Du bist noch nicht gesund, noch lange nicht«, sagte er ruhig und ohne ihr näher zu kommen. Während sie geschlafen hatte, war er bei ihr geblieben und hatte ab und zu eine Hand auf ihren unverletzten Arm oder eine Schulter gelegt, wenn er spürte, dass sie unruhig wurde. Nach dem, was sie erlebt hatte, war es kein Wunder, dass sie Albträume plagten.
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Es gefällt mir nicht, wie du mich behandelst. Ich habe das Gefühl, ich soll ganz deinem Willen gehorchen. Du bestimmst sogar, wann ich einzuschlafen habe!«
»Ich habe dir nur gesagt, dass du schlafen sollst, weil es das Beste für deinen Körper ist. Denk daran, wie erschöpft du warst. Und du bist immer noch schwach.« Natürlich hatte sie versucht, es vor ihm zu verbergen.
»Es ist ein Unterschied, ob man jemandem dazu rät oder ihm
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