Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
nicht:
"Und falls ihr mich sucht: ich bin nicht in Frankreich,
Vollidioten."
*
„Was sollen wir nur tun?"
Anouk kannte den Rat so nicht. Aufgeregt, ja aufgelöst,
schnatterten alle durcheinander, einige weinten. Julie hielt noch
immer den Südstein in der Hand, starrte darauf.
"Wir gehen nicht hin. Keiner von uns. Wenn er sieht, das
niemand da ist, wird er sie vielleicht einfach zurücklassen",
schlug Anouk vor.
"Ja, oder erhängt ihr das Kreuz um", sagte Benereé.
Julie schüttelte den Kopf. "Sie müsste es freiwillig nehmen,
das würde Tari nie tun."
Julies Mutter hat es getan, flüsterte eine Stimme in Anouks
Kopf. Sie klang wie Taris Kinderstimme.
"Ruhe. RUHE!"
Anouk fasste sich an die Stirn. „Einer von euch muss dem
Elf sagen, dass der Versuch fehlgeschlagen ist. Maktoum, mach
du das bitte. Aber sag ihm nichts von der zweiten Frist. Noch
einmal lässt der Vogt sich nicht täuschen und wir können nicht
riskieren, den Stein zu verlieren."
Maktoum war vorausgelaufen. Julie und die anderen
folgten schweigend Anouk, die den steilen Berghang nur mit
Mühe herabsteigen konnte. Einmal strauchelte sie sogar und wäre
gefallen, wenn Chris sie nicht festgehalten hätte.
"Du solltest dich hinlegen", sagte Chris, aber er sah sie dabei
nicht an. Auch er verstand sie nicht.
"Ich muss den Stein zurückbringen", protestierte sie.
"Das kann ich doch machen", bot Julie an.
"Danke", sagte Anouk. Ruhe, nur ein kleines Bisschen Ruhe.
Keiner von denen ahnte, wie schwer ihr das hier fiel. Keiner. Und
bald würde sie auch noch Julie verlieren. Sie schluckte. Sie beide
hatten trotz Allem eine gute Zeit gehabt.
Auf der Höhe von Milos Hütte wandte Anouk sich Julie
noch einmal zu.
"Übrigens Julie?"
"Ja?"
"Egal, was heute noch kommt, du warst eine gute
Schülerin."
"Danke."
*
Julie schritt alleine den Weg an der Sommerweide entlang,
die kürzeste Verbindung zwischen dem Falkenstein und den
Katakomben. War sie wirklich erst heute Morgen mit Tari hier
entlang spaziert, Kirschen essend und ja: lachend?
Es war noch taghell; ein kleiner schwarzer Fleck auf dem
Grün des frisch gesensten Rasens zog Julie Blick auf sich. Was lag
da?
Sie ging näher heran, den Südstein fest mit der Hand
umschlossen, doch es war nur ein Kleidungsstück. Musste jemand
verloren haben. Sie hob es auf und wollte es auf eine der
inzwischen verlassenen Bänke legen, als sie den leichten
Vanillegeruch wahrnahm, der davon ausging.
Tari. Es war Taris Jacke. Julie presste die Jacke an ihre Brust,
sog den Duft tief ein. Dann steckte sie den Stein in ihre Tasche
und machte kehrt.
Sie würde es noch einmal versuchen.
Er war tatsächlich pünktlich.
Tari wieder an seinen Bauch gepresst, warf der Vogt wilde
Blicke um sich. Taris Wangen waren nass. Was hatte er ihr
angetan?
"Nur du? Ist das wieder eine Falle?" fragte er.
„Keine Falle", sagte Julie ruhig. "Nur du und ich."
"Gib mir den Stein."
Julie hatte sich alles genau zurechtgelegt. Sie würde den
Stein in die Schlucht werfen. Sicher musste der Vogt sich
konzentrieren, um ihn vor dem Eintauchen im Drachenbach zu
bremsen, ansonsten erwischten ihn die Wisbuns. So würde sie
Zeit genug haben, um Tari wegzubringen und danach mit ihm
um den Stein zu kämpfen. Selbst wenn er Tari in die Schlucht
warf, würde alles gut gehen: das Kind konnte besser schweben als
sie selbst. Also zögerte sie nicht länger.
"Da hast du ihn!"
Julie warf den Südstein in die Schlucht.
Der Vogt fluchte. Dann holte er aus und schlug Tari mit
voller Wucht die Faust an den Kopf.
Julie, schon in der Luft, um den Stein zu fangen, sah entsetzt
Taris Bewusstsein schwinden. Der Vogt warf die Kleine in den
Abgrund, legte sich auf den Boden am Rand der Schlucht,
streckte den Arm aus und begann, Beschwörungen zu murmeln.
Julie griff nach dem Stein, verfehlte ihn. Der Stein wurde
langsamer, stand still. Stieg auf. Im Gegensatz zu Tari, die immer
schneller zu fallen schien. Julie musste sich entscheiden.
Selbst jetzt nahm sie die zarte Duftspur war, die Taris
Körper in der Luft hinterließ. Sie stieß sich heftig nach unten ab,
machte sich so gerade, wie es ging und ließ sich fallen wie ein
Stein, bis sie Taris Fuß erwischte. Kurz vor der glänzenden
Oberfläche des Drachenbaches kam sie mit der Kleinen zum
Stehen. Schwebte mühsam mit Tari zum Ufer. Suchte den
Himmel nach dem Stein ab.
Er war fort; und die Silhouette des Vogtes am Rande der
Schlucht war ebenfalls
Weitere Kostenlose Bücher