Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
holen; sie selbst sollte die Satteltaschen packen
und zum Treffpunkt bringen. Sie fühlte sich ein wenig besser. Anouk
hatte Recht, wie meistens. Die nachsten Schritte waren nun wirklich
nicht schwer. Julie eilte in das Driamar, das sie mit Mathys teilte, und
packte hastig alles zusammen. Zum Schluss zog sie noch schnell das
seidige Bettuch der großen Schlafstatt zurecht, wie es sich gehorte.
Schade, sie hatte sich die kommende Nacht ganz anders vorgestellt.
Diesen Abend hatte Julie nach ihrem Streit ausgesucht, um Mathys zu
zeigen, dass sie inzwischen - zumindest für dieses Leben - ganz sicher
war, was ihre Gefühle und die Beziehung anging. Und nun hatten sie
nicht einmal Zeit zum Reden, geschweige denn für eine Versohnung.
Seufzend zuckte sie die Schultern und wandte sich ab; der romantische
Teil wurde warten mussen.
Beladen mit zwei schweren Satteltaschen und Mathys Reitstiefeln lief
Julie mit großen Schritten durch die Nacht. Die Gassen sahen sich so
furchtbar ahnlich. Mathys hatte ihr den Weg zum Treffpunkt kurz
beschrieben, aber plotzlich war sie nicht mehr ganz sicher, welcher Weg
inmitten der runden Blutenhauser der Richtige war. Verwirrt blieb Julie
einen Augenblick stehen, um dann links abzubiegen. Da, das Driamar
kam ihr bekannt vor mit seinem tiefen Rot. Und daneben stand
unverkennbar das Blutenhaus des Fürsten.
Erleichtert atmete sie auf, von hier aus war es leicht. Julie eilte weiter,
doch direkt neben dem Driamar des Fursten rutschte ihr einer der
schweren Reitstiefel aus der Hand und polterte auf seinem Weg zum
Boden gegen die Blüte. Eines der Blatter offnete sich einen Spalt breit
und goldener Staub schwebte heraus. Schnell griff Julie sich den Schuh
und lauschte angespannt, ob sie jemanden gestort hatte. Zu ihrer
Uberraschung horte sie die Stimme von Daan:
„Das werde ich auf gar keinen Fall tun!“ „Dir wird gar nichts anderes
ubrig bleiben. Du bist der nachste Herrscher uber das Volk der Elfen, es
wird Zeit, dass du ein bisschen mehr Verantwortung ubernimmst als
dieser jammerliche Waschlappen, der nur Weiberrocke im Kopf hatte!“
antwortete eine herrische Stimme. „Sprich nicht so von meinem Vater!
Es ist nichts Schlechtes daran, wenn man die Frau retten will, die man
liebt.“ „Liebe, Liebe“ affte die Stimme nach, bevor sie wieder befehlend
wurde; „du bist ein Lwynn und es ist egal was du fuhlst. Das Volk der
Elfen zu regieren ist alles was für dich zahlen sollte. Nimm dir ein
Beispiel an deinem Cousin. Du bleibst...“ Schnelle Schritte naherten sich
auf dem Weg. Julie, die immer noch in gebuckter Haltung uber dem
Stiefel hockte, sprang auf. Hastig druckte sie sich um die nachste
Wolbung des Driamar und ware beinah lang hingeschlagen, weil sich
eine der Satteltaschenschlaufen gelost hatte und direkt vor ihren Fußen
herabhing.
„Mach
" dir mal um den keine Sorgen, er ist genau so ein Versager wie
sein Vater. Wenn die Zeit reif ist, werden wir ihn...“ Wo war das wieder
hergekommen? Die Stimme, die seltsam hallend durch die Blutengasse
geschwirrt war, hatte Julie unter tausenden wieder erkannt. Sie gehorte
diesem Widerling Bamoth!
Die Schritte waren la
ngst in einem Nebenweg verklungen und von dem
Gesprach war nichts mehr zu horen, aber Julie rührte sich noch immer
nicht von der Stelle. Mit wild klopfendem Herzen harrte sie im sanften
Dammerlicht des magischen Staubes aus und wagte kaum zu atmen.
Das war auch gut so, denn jetzt horte sie eine Stimme direkt am Spalt:
„Wer da?“ Der Eigentu
̈mer der Stimme wartete die Antwort nicht ab, er
schloss das Blutenblatt und entfernte sich, wie die gedampften Schritte
auf dem Blütenboden Julie verrieten. Julie ließ die Satteltaschen und die
Stiefel zu Boden gleiten, schlupfte zu dem Fenster- Blatt und presste ihr
Ohr gegen die Blütenwand. Leider war jetzt nur noch leises Gemurmel
zu horen. Wo hatte der verdammte Stiefel das Blatt vorhin nur erwischt?
Tastend und druckend arbeitete Julie sich Stück fur Stück vor, bis sich
uber ihr ein goldener Lichtschimmer zeigte und sie die Stimmen wieder
klar vernehmen konnte: „...kann deinen Vater auch fur tot erklaren und
Bamoth als Verwalter in Aßlar einsetzen, wenn du sein Erbe nicht
antrittst - aber hor auf mit dem Gejammer. Wenn du nicht mal
entscheiden kannst, ob dir das Schicksal von Tallyn wichtiger ist als das
von Telemnar...“ Einen Moment schwebte nur Stille in der abendlichen
Luft, dann war Rias Stimme zu horen: „Es ist schon gut Daan.
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