Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Ruhe. So wenige
Gerausche. Ein paar auffliegende Vogel. Ein grabendes
Eichhornchen. Rias Schritte auf der Treppe. Seine Ria. Dieses eine
Mal hatte Iyel-Aton Lwynn nicht Recht behalten. Daan wandte
sich um und wartete lachelnd darauf, dass seine Fürstin eintrat.
*
Er hatte keine Zeit, sich an Ria satt zu sehen, an ihrer feinen
weißen Haut, den vollen Lippen, die schimmerten wie
Himbeergelee, dem langen weichen Haar. Schon drang jemand in
seine Ohren ein, hastig, erschreckend ungeschickt, polternd. Nicht
Simon Fehr, der Verwalter, nein, ein Fremder. Der ganze Hof
hallte von seinem Gestampfe. Diese Art sich zu bewegen konnte
nur eines bedeuten.
Schlechte Nachrichten. Daan sank vor der roten Liege, auf der Ria
sich ausgestreckt hatte, auf ein Knie und neigte den Kopf.
"Geliebte, verzeih. Ich muss gehen. Eine Botschaftsangelegenheit."
Ria la
chelte ihn an und strich sanft uber sein Haar. "So schnell?
Soll ich dich begleiten?" Er schüttelte den Kopf. "Ich komme
zuruck, sobald das erledigt ist. Ruh " dich aus."
*
Waren das Tra
nen? Daan konnte es nicht fassen. Es war schon das
dritte Mal in seinem Leben, dass ihm so etwas passierte. Und
dann auch noch vor den Anderen. Ria trat ein, sah ihn an,
erstarrte. Sie stürzte auf ihn zu, nahm seine Hande, drückte fest
zu, hob eine Hand, fuhr über seine Wange, sah auf den Schimmer,
den seine Tranen auf den zarten Gliedern hinterlassen hatte. Er
senkte den Kopf, wunschte, sie hatte ihn nicht so gesehen.
"Daan! Was hast du?"
Warum kam ihm gerade in diesem Augenblick Bamoth in den
Sinn? Der weinte nicht. Nie. Ein Elf durch und durch. Nicht so
zerbrechlich wie ein Halbelf, oder, oder - ein Mensch. "Mathys ist
tot." Hatte er gesprochen oder war es Simon gewesen? Tranen
stürmten uber Rias schones Gesicht, kleine Tropfen wetteiferten
darum, wer zuerst am schmalen Kinn anlangte. Sie wurde noch
oft weinen- Dryaden war das gestattet. Daan wandte sich von
Simon und dem Boten ab und wischte sich mit dem Armel das
Gesicht trocken. Dann legte er Ria den Arm um die Schulter,
druckte sie kurz und gab sie gleich wieder frei.
"Ich werde meinen Großvater ersuchen, dass er mich - uns- nach
Tallyn zuruckkehren lasst, um der Huterin beizustehen." Er nickte
Ria zu und wandte sich um. Erst als er am Haupttor war
bemerkte er, dass er den Botschafter und den Kurier nicht einmal
verabschiedet hatte. Ein bitteres Lachen zerrte sich seinen Weg ins
Freie. Vielleicht wurde ja doch noch ein richtiger Elf aus ihm.
*
Das Pergament raschelte. Daan streifte das rote Band vollends
von der Rolle, brach das Siegel und zog die Nachricht lang. Nur
vier Worte, zehn, rechnete man die Unterschrift mit: Bleib, wo du
bist. Iyel-Aton Lwynn Furst von Telemnar
Er ließ das untere Ende fahren und der Brief rollte sich
zusammen. das durfte nicht wahr sein. Mathys Tod war nicht die
einzige schlechte Nachricht gewesen. Harfners Muhlenring außer
Kraft, die Katakomben unbesetzt, ein Gefahrte der Huterin tot...
Er schluckte.
Mathys.
Daan ra
usperte sich und zwang sich an etwas anderes zu denken.
Gefahr fur Tallyn bedeutete auch Gefahr fur Telemnar, warum
sah der alte Starrkopf das nicht ein? Dachte sein Großvater, er
wolle zu Julie um sie zu trosten? Wie beleidigend. Er war
immerhin zur Halfte ein Elf, ein Lwynn !- seine Pflichten gingen
ihm uber alles andere. Und jetzt war es seine Pflicht an der Seite
der Huterin zu sein. Was sollte er hier? Der Furst brauchte ihn
nicht, Simon kam allein zurecht. Telemnar mit seinen Garden war
gut geschutzt, aber wenn Tallyn fiel, hatte das auch
Auswirkungen auf das Elfenreich, das wusste der Fürst genauso
gut wie er. Was wollten sie denn tun in der dritten Ebene? Sich
wieder Jahrhunderte lang abschotten?
Es klopfte.
"Ja?"
"Na-atil, Harath!" Simon Fehr, die Mu
tze in den Handen, schon
wieder auf den Knien. Das musste er dem Verwalter wirklich
abgewohnen. Daan runzelte die Stirn. Simon sprang auf, packte
seine Mütze fester und sagte betont forsch:
"Lwynn-el."
"Besser", antwortete Daan und nickte in Richtung Besucherstuhl.
Simon Fehr setzte sich auf die außerste Kante, so dass der stark
gepolsterte Sessel trotz seiner hunenhaften Gestalt zu groß wirkte.
Einen Augenblick lang fragte sich Daan, wie verloren er selbst in
dem doppelt so breiten beinahe - Thronsessel wirken musste, den
sein Großvater bei seinen Aufenthalten hier ebenfalls nutzte. Der
Verwalter harrte geduldig aus, sagte kein Wort. Ganz hatte Daan
sich noch nicht daran gewohnt, dass Simon in seiner
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