Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
eine
Zumutung ist?" fragte sie.
Er sah sich um und beugte sich vertraulich zu Julie hinüber.
"Weil Onkel Hafer meiner Mutter erzählen wird, dass ich auf
einer diplomatischen Mission bin. Ich hingegen"- er zeigte auf das
Gepäck- "kann unterwegs machen was ich will und habe nicht
ständig meinen Onkel an den Hufen. Und er ist mich eine Weile
los. Da habe dann wohl alle etwas davon."
Hafer, sein Onkel trat auf den Hof. Noch bevor er in Hörweite
war, schob Leo sein Pferd noch dichter an Go heran.
"Julie, was dir schon länger sagen wollte, das mit deinem Freund
tut mir leid."
"Mathys! Er heißt Mathys!" fauchte Julie. Herr im Himmel, wieso
sprachen ihr dauernd Leute ihr Beileid aus, die nicht einmal
seinen Namen behalten konnten? Keiner von denen kannte ihn so
wie sie, Daan vielleicht ausgenommen.
Leo wich zurück und sein Pferd mit ihm.
"Schrei mich doch nicht so an, ich wollte nur…"
"Leo."
Hafer, der Stallgager, zog Leo am Ärmel mitsamt dem Pferd ein
Stück zur Seite.
"Lass sie einfach in Ruhe."
"Warum ist sie so unhöflich, ich wollte doch nur…"
"Ich weiß was du wolltest. Es ist nur so...", er räusperte sich,
"...stell dir vor, dein Pferd wäre gestorben, von Wölfen zerrissenund du warst nicht da, um zu helfen. So fühlt sie sich jetzt", sagte
Hafer.
Die beiden standen noch dicht genug, dass Julie alles hören
konnte. Mit Genugtuung sah sie, wie sich ihr eigener Schmerz für
einen Moment auf dem haarigen Gesicht und in den
aufgerissenen Augen des Gagers spiegelte.
"Heiliger Zipsel, das wusste ich nicht."
Leo zupfte an seinem Pelz und murmelte in Julies Richtung: "Tut
mir leid für dich."
Sie nickte nur stumm, aber das schien ihm zu genügen, um sein
Pferd wieder seitlich neben ihres zu bringen und seine haarige
Hand kurz auf ihren Arm zu legen. Diese Geste trieb Julie die
Tränen in die Augen. Für einen Augenblick empfand er wirklich
mit, was in ihr vorging.
"Können wir endlich?"
Der Gesandte trieb sein Pferd an, ohne auf die Antwort zu
warten.
Sie passierten die Obstfelder im Norden und ritten zur
Brücke am Sägewerk. Direkt am Ufer der Loy ging es weiter, und
obwohl Julie sonst einen Ritt durch den Portalwald bevorzugt
hätte, war sie heute froh, auf dem kürzesten Weg zur
Jagdwaldbrücke zu gelangen. Erst nach der Brücke, sie mussten
schon fast auf der Höhe von Myras Eiche sein, richtete Leo wieder
das Wort an sie.
"Warst du schon im Hooksmeer?"
"Nein, ich habe es nur von außen gesehen", antwortete Julie.
"Der See wird dir bestimmt gefallen. Diese Farben, diese
Formen- einfach perfekt."
Sie schwiegen wieder eine Weile, bis Julie das Gefühl
bekam, es wäre an ihr die Unterhaltung in Gang zu halten, wenn
Leo sie nicht vollends für einen unhöflichen Neandertaler halten
sollte.
"Weißt du, warum den Seeleuten das Sprechen so weh tut?"
fragte sie.
Der Gager ließ beide Zügel los und streckte sich, dann
schwang er ein Bein über den Hals seines Pferdes und ritt ohne
die Zügel wiederaufzunehmen im Damensitz.
"Es ist nicht das Sprechen an sich, die Aquilani haben eher
Probleme mit dem Atmen. Der Wasserwiderstand ist ganz anders
als der Widerstand der Luft, darum geht es ihnen an der Luft wie
einem Menschen in der dünnen Luft des Gebirges."
Er schwang das rechte Bein über die Kruppe und Ritt nun
rückwärts.
"Darum schwitzen sie auch so", fügte er hinzu.
Julie verrenkte sich fast den Hals bei dem Versuch Leo
anzusehen, dann gab sie es auf und verhielt Gos Zügel. Der
Hengst ließ sich zurückfallen und sie konnte dem Gager über die
Kruppe seines Pferdes ins Gesicht sehen. Das mit der Luft hatte
sie ja noch verstanden, aber was meinte er, wie das Schwitzen
zustande kam?
" Warum schwitzen die so?" fragte sie.
"Hm, nicht so leicht zu erklären, aber ich versuche es. Wenn du
im Gebirge Wasser kochst, kocht es früher als im Tal, weil die
Luft so dünn ist und nicht so drückt. Die Aquilani sind daran
angepasst, ihre Temperatur gegen den Wasserdruck zu halten
und Wasser leitet Wärme stärker ab als Luft. Kennt ja jeder, der
mal zu lange in einem Fluss gebadet hat."
Julie nickte.
"Du meinst, wenn sie jetzt an der Luft sind, kochen die sozusagen
schneller über?" fragte Julie.
"Genau."
"Du weißt eine ganze Menge Sachen" sagte Julie.
"Ich weiß…" sagte Leo.
Er grinste und schwang sich mit einer flinken Drehung seiner
langen Beine wieder richtig herum in den Sattel.
Julie ritt langsam, hielt immer wieder inne an Stellen, die sie in der
Erinnerung mit
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