Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Gebiet gar nicht materialisieren, dass weißt
du so gut wie ich. Und selbst wenn wir ganz dicht herankommen
würden, was unsicher ist, brauchen wir für den Rest der Strecke
länger als er für den ganzen Weg. Besonders, wenn er die
Abkürzung durch den Wolfsschrund nimmt."
Leos Herz tat einen Satz. Er musste sich verhört haben.
Durch die Wolfsschlucht? Niemals.
"Niemals!" rief er. Schutzzauber hin oder her, wenn die
Wölfe ihn fraßen konnte man das auch nicht gerade als sicher
bezeichnen. Höchstens als todsicher tot. Die Knie begannen ihm
zu schlottern, er musste sich setzen.
"Es muss sein, nur ein Gagerpferd ist schnell genug." Anouk
setzte sich auf die Kante von Leos Sessel.
"Warum geht Onkel Hafer nicht?"
"Der muss sich um die Pferde kümmern."
"Das kann ich doch machen", sagte Leo. Schon in dem
Moment, als er es aussprach, wurde ihm bewusst, dass sein Onkel
das nie zulassen würde. Seit er hier war hatte er schon zwei Mal
abends vergessen, das Tor abzuschließen. Es war nicht seine
Schuld gewesen, bei dem schönen Licht hätte jeder beim Malen
die Zeit vergessen, aber Onkel Hafer hatte ihm das sehr übel
genommen.
"Julie wird alles vergessen. Auch dich."
"Die Wölfe sind gefährlich."
"Das Rudel in der Schlucht nur bei Nacht. Außerdem ist
dein Pferd schneller als jeder Wolf. Sie wird auch deine Bilder
vergessen."
"Das ist mir gleich, so gut sind die nun auch wieder nicht;
Blau hasst Wölfe auch, das kann ich ihm nicht zumuten. Ich mach
das nicht."
*
"Gut, dann kannst du gehen und packen" sagte Anouk.
"Wieso dass denn?" keuchte Leo.
"Nun, wir haben dann offiziell einen Notstand; der Rat hat
für solche Fälle angeordnet, dass die Thronfolger sich auf ihre
Ländereien zu begeben haben, damit sie im Todesfall die
Regenten ersetzen können. Solange der Notstand andauert, musst
du nach Gagrein zurück."
"Wie lange ist das?" flüsterte er tonlos.
"Nun, zwischen drei und fünf Jahren schätze ich, je
nachdem wie schnell wir die Iria gezündet kriegen und es
schaffen, Julie zu ersetzen."
Anouk sah ihn an und Leo wurde das Gefühl nicht los,
schon jetzt einem Wolf ins Auge zu blicken.
"Nur ganz schnell durch?" fragte er.
"Ja."
"Und zurück außen herum?"
Sie nickte. "Da eilt es nicht mehr."
"Ich mach´s" ächzte er.
Seerosen
Julie war nicht kalt, eher im Gegenteil.
Das Gewässer lag in tiefer Schwärze, nur ein kleiner Fleck
auf der Oberfläche schimmerte flammenfarben, erhellt von der
kleinen Laterne, die sie an einem Stab in den Boden gesteckt hatte.
Julie war froh über den Lichtfleck genau vor ihr, sie wollte sehen,
was sie tat. Sie tat einen Schritt auf das Ufer zu, dann noch einen,
immer weiter ging sie, bis ihre nackten Zehen sich in den
sumpfigen Morast bohrten. Sollte sie es tun? Oder gab es noch
eine andere Möglichkeit- bestand irgendeine Hoffnung, dass…
"Ihr solltet euch schon sehr sicher sein."
Tibbith Stimme hallte weit in der Stille der Nacht, doch das
schien den Aquilani nicht zu kümmern.
"Wie von unseren Weisen vorausgesagt wird sich in dieser
Nacht eine der drei Viktoria- Blüten hier vorne öffnen, das
zugehörige Blatt leuchtet rot auf. Die Seerosen selbst sind nicht
magisch, erst der Blütenstaub setzt in Verbindung mit dem
Mondlicht die Verwandlung in Gang. Ihr setzt euch einfach auf
das Blatt und wartet. Sobald das Mondlicht den Rand des Blattes
berührt, steigen die Pollen auf und das Vergessen beginnt. Wer
von euch am sichersten ist, wird das Leuchten zuerst
wahrnehmen, seid also unbesorgt. Zudem seid ihr nur zu drittjeder kommt also dran; wenn nicht heute Nacht, dann morgen
oder in der Nacht darauf."
Er lächelte, obgleich ihm das Atmen sichtlich Schmerzen
bereitete. "Noch Fragen?"
"Wie lange müssen wir auf dem Blatt bleiben?" fragte eine
zierliche blonde Elfe, die mit Julie und einer schwarzhaarigen
Schönheit mit traurigen Augen zusammen am Seeufer wartete.
Ihr Gesicht wirkte im Schein ihrer kleinen Laterne, die sie genau
wie Julie vor sich in den Boden gesteckt hatte, bleich und spitz.
Tibbith sah sie aufmunternd an. "Gute Frage.
Sicherheitshalber bleibt auf dem Blatt bis der Mond untergeht,
dann ist die Löschung vollständig. Nicht erschrecken, das Blatt
umschließt euch, wenn das Mondlicht geht und zieht euch kurz
unter Wasser. Das ist nötig, damit ihr später unter Wasser atmen
könnt. Ich verspreche euch, ihr werdet danach nicht mehr
dieselben sein. Seht mich an, ich weiß nichts aus meinem früheren
Leben. " Er räusperte sich. "Danach bekommt ihr
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