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Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Hornisse gestochen. Bei dem holperigen Galopp hatte Bille Schwierigkeiten, den Pfeil aus dem Köcher zu bekommen, aber schließlich schaffte sie es doch. Bille nahm die Füße aus den Steigbügeln und klammerte sich mit den Beinen fest. Wie gewohnt drehte sie sich im Sattel um und legte auf das Ziel an. In diesem Moment stieg ihr Pferd. Im vollen Galopp stürzte Bille aus dem Sattel. Mit einem seltsamen Knacken, das in der atemlosen Stille grauenhaft laut klang, landete Bille auf dem staubigen Boden und rührte sich nicht mehr. Mehrere der Ausbilder stürzten sofort nach vorne, um nach ihr zu sehen.
    Das Pferd hatte sich wieder beruhigt, es kam langsam angetrottet und stupste Bille mit den Nüstern an. Der Gager eilte herbei und brachte das Pferd kopfschüttelnd an die Seite, wo er es an den Zaunholmen festband. Anouk stellte sich vor Bille und sprach fremde Worte mit beschwörend ausgestreckten Händen. Sofort legte sich dichter Nebel um das Grüppchen mit der Verletzten, von außen war nichts mehr zu sehen.
    Schließlich trat Chris blass aus dem Dunst und sprach die Zuschauer an: „Der Unfall war tödlich. Die Endkämpfe sind ohnehin entschieden. Geht nach Hause.“ Dann verschwand er wieder in der Nebelwand.
    Geschockt lief Julie an der Seite von Mathys und Daan zurück zum Zelt. Als sie den Eingang zu Billes Kammer sah, kamen Julie die Tränen. Mathys ging es nicht anders, und auch Daan hatte verdächtig feuchte Augen. Stumm saßen die drei im Vorraum, bis die Dämmerung einsetzte und der Gong zum Essen rief. Kurz dachte Julie, dass es für einige an diesem Tag eine Gnade war, verloren zu haben, denn die Verlierer gingen zurück in die andere Welt – und ihr Gedächtnis wurde gelöscht.
    Das Essen fand in gedrückter Stimmung statt. Wirklich hungrig war keiner, obwohl der Tag so anstrengend gewesen war. Danach harrten Julie und ihre Gefährten lange im Vorraum ihres Zeltes aus, keiner von ihnen mochte ins Bett gehen. Doch mit der Dunkelheit kam auch die Müdigkeit, und als der Morgen graute, fand er die Gefährten schlafend aneinandergelehnt auf einem der weichen Teppiche.
     

Das Amulett der Dryade
     
     
    Gleich am nächsten Morgen gab es die Trauerfeier. Billes Ziehmutter war da, sie sah gebrochen und grau aus. Anouk hielt die Nachrede: „Liebe Einwohner Tallyns, liebe Anwärterinnen“, sie sah auf Julie und Swantje herab, denn die anderen hatte man schon nach Hause geschickt, „ich möchte etwas zu Bille erzählen. Obwohl sie eine Waise war, war Bille immerzu so fröhlich, so interessiert an allem. Wo man ging und stand konnte man ihr unverhofft begegnen, als sei ihr einziges Ziel gewesen, möglichst viel vom Leben im Lager der Anwärterinnen mitzubekommen. Jeder, den Bille traf, fühlte sich wichtig, denn sie nahm jeden ernst, fragte jeden nach seiner Meinung. Bille war ein echter Sonnenschein, und als solcher wird sie uns furchtbar fehlen.“ Billes Zieh-Mutter brach weinend zusammen. Anouk sprach mit fester Stime weiter. „Doch vergesst nicht: Das Amt der Hüterin erfordert diese Prüfungen, weil unser aller Leben davon abhängt. Wenn die neue Hüterin und ihre Gefährten versagen, werden viele Männer, Frauen, Kinder und Pferde sterben.“ Der Gager schluchzte bei dem Wort Pferde auf. „Deshalb ist es unsere Pflicht weiterzumachen. Es ist noch nicht vorbei; ohne das Amulett der Dryade bekommen die Anwärterinnen keinen Zugang zum Raum des Schicksals. Und auch die Auswahl selbst ist gefährlich. Deshalb schließe ich an dieser Stelle die rituelle Frage nach dem Endkampf an: Willst du, Julie Denes, die Gefahren der Auswahl auf dich nehmen, dann antworte ‚Ja’.“
    Julie war völlig überrascht. Abgelenkt durch ihre Trauer hatte sie das Gemurmel von Anouks Stimme eher im Hintergrund gehört.
    „Entschuldigung?“, fragte Julie.
    Anouk zog irritiert die Augenbrauen hoch. „Ich stelle die Frage noch einmal: Willst du, Julie Denes, die Gefahren der Auswahl auf dich nehmen, dann antworte ‚Ja’.“
    Julie besann sich einen Moment. Dann sagte sie laut und bestimmt: „Ja.“
    Erleichtert aufatmend wandte sich Anouk Swantje zu und stellte auch ihr die Frage: „Willst du, Swantje Ricks, die Gefahren der Auswahl auf dich nehmen, dann antworte ‚Ja’.“
    Swantje wusste zwar sofort, was gemeint war, aber sie brauchte länger als Julie, um zu antworten. Schließlich senkte sie den Kopf und sagte kaum hörbar: „Ja.“ Diesmal war es Tonia, die erleichtert ausatmete.
    „Gut“, sagte Anouk vor der

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