Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Tür hinter sich ins Schloss.
„Autsch“, sagte Daan, „das war aber auch zu komisch.“
„Ich sehe mal nach ihr, das war echt nicht nett von uns“, sagte Mathys.
Nun war Daan alleine in dem Raum. „Shera“, murmelte er in fremd klingenden, gutturalen Lauten. Der Stein in der Mitte fing an zu leuchten und strahlte wohlige Wärme ab. Holz würden sie glücklicherweise nicht dauernd suchen müssen. Außerdem wären sie bei offenem Feuer in einem Raum ohne Kaminabzug auch schneller erstickt als ohne Feuer erfroren.
Mathys klopfte an Julies Kammertür. „Geht weg, ihr seid gemein“, rief Julie und machte die Tür nicht auf.
„Bitte Julie, Entschuldigung, ich verspreche, dich nicht wieder auszulachen“, klang es gedämpft durch die dicke Tür.
Julie stand schnell auf, riß die Tür auf – sie war nicht der Typ, der jemanden lange zappeln lässt – und schimpfte los: “Für dich ist das alles ganz einfach, ich kenne mich hier eben nicht so gut aus, ist doch verständlich, oder?“
Mathys musste sich beherrschen, um nicht gleich wieder zu lachen. Die kleine wütende Person in den dicken Wollsocken und dem zu großen Pullover – wie hatte sie das hingekriegt, die Truhen lieferten doch immer die richtige Größe? – war einfach zu niedlich. Aber er beherrschte sich. „Bitte komm’ mit, ich zeige dir alles, ja?“
Julie konnte ihm einfach nicht böse sein, sie strahlte schon wieder. Die Aussicht auf einen Rundgang mit Mathys stimmte sie fröhlich. Munter schwatzend kamen sie erneut in den Tee- Raum; Daan war nicht mehr dort. Mathys erklärte Julie, wie man die Steine benutzte. Er hatte jedoch keine Antwort auf die Frage, ob die Steine kaputtgingen wenn man sie immer wieder an und aus machte … Nachdem Julie den Vorgang einmal begriffen hatte, war das Entzünden und Löschen des leuchtenden Steines ganz leicht, und drei Minuten später hatte die begeisterte Julie den Beweis erbracht: Es machte dem Stein nichts aus, er funktionierte beim hundertsten Mal genauso wie beim ersten.
In den nächsten Tagen bekam Julie einen Eindruck davon, was das Wort Winter im Mittelalter bedeutet haben musste. Dabei mussten die Anwärterinnen nicht einmal hungern, und sie hatten es warm. Trotzdem waren einige Dinge anders als in der Stadt oder im Dorf der Neuzeit, der anderen Welt. Die Wege waren so schlickig, dass die Karren von den Obst- und Gemüsefeldern oft darin stecken blieben. Auf dem Pferderücken war es teilweise empfindlich kühl, kein Vergleich zu einem geheizten Auto. Die Kleidung war ständig etwas klamm, weil die Luft so kalt und feucht war.
Auf den Feldern war es jedoch je nach Bedarf gerade Frühling, Sommer oder Herbst, nur wenige Äcker hatten ihre Winterruhephase.
Viele Tallyner nutzten diese Zeit, um Verwandte in der anderen Welt zu besuchen. Deshalb wurden die Anwärterinnen und ihre Gefährten eingeteilt, um auf den Feldern zu helfen. Julie lief am Feldrand hin und her. Es war erstaunlich. Nur ein Schritt trennte hier die warme Sommersonne, in der sie Rotkohl und Salat ernten sollten, von der beißenden Kälte des Winters auf der anderen Seite. Auf einem Feld nebenan fielen goldene und rote Blätter, schwere Apfellasten zogen die Äste fast bis auf den Boden. Julie fielen im Sommerfeld einige Schneeflocken von der Jacke; es schien fast so, als zischten die Flocken beim Auftreffen auf den sonnenwarmen Boden. Schon nach kurzer Zeit wurde es Julie zu heiß. Sie zog Jacke und Wollpullover aus und legte beides an den Feldrand. Eigentlich war die Arbeit nicht so schwer; man musste Rotkohlköpfe abtrennen und die überflüssige Erde abschütteln. Die Köpfe kamen in einen geflochtenen Weidenkorb und wurden auf den Wagen geladen. Alle arbeiteten gebückt, und die warme Sonne auf dem Rücken bot einen angenehmen Kontrast zu der Kälte vorher. Trotzdem fühlte Julie sich plötzlich unwohl. Sie hielt inne, drehte beunruhigt den Kopf und suchte den Feldrand ab. Etwas war merkwürdig – wurde sie beobachtet? Schnell warf Julie den letzten Kohlkopf auf den vollen Korb und schleppte ihn zum Wagen. Dort war Mathys; bei ihm fühlte sie sich sicher.
Foltertechnik
Der Vogt war bester Laune. Sein Werk über Foltertechniken war endlich fertig. Alle waren versammelt, um seinen Ergüssen zu lauschen. Der Vogt hatte gerade erst ein Kapitel vorgetragen, als jemand aus der letzten Reihe dazwischen rief. „Das kenne ich“, sagte der kleine Mann mit Brille und leichter Stirnglatze. Er war offensichtlich ein neuerer
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