DS020 - Die Tomahawks des Teufels
Mann im weißen Kittel kümmerte sich nicht um ihn. Er preßte sein Stethoskop gegen die Mauer, die sein Zimmer von dem Rennys trennte.
Der Mann im Arztkittel hatte ein ungewöhnliches Gesicht, und ein aufmerksamer Betrachter hätte möglicherweise festgestellt, daß er eine Gummimaske trug.
Er nahm das Stethoskop aus den Ohren und wandte sich zu dem Patienten.
»Keine Unterhaltung mehr«, sagte er ärgerlich. »Wir können alles einleiten ...«
Der Mann auf dem Bett nickte; er sagte nichts. Offenbar hatte er Anweisung, sich nicht zu äußern. Der Mann mit der Gummimaske griff zum Telefon und ließ sich mit einer Nummer in einer kleinen Stadt fünfzig Meilen von Detroit entfernt am St. Clair River verbinden. Als er den Teilnehmer am Apparat hatte, stellte er nur eine Frage.
»Alles in Ordnung?«
Die Antwort schien ihn zu befriedigen.
»Gut«, sagte er.
Er legte den Hörer auf und kritzelte etwas auf einen Fetzen Papier. Dann rief er eine Nummer in Ecorse an, eine Stadt, die während er Prohibition eine traurige Berühmtheit als Stützpunkt der Alkoholschmuggler erlangt hatte. Er stellte die gleiche Frage, und sein vergnügtes Grunzen bewies, daß auch diese Antwort zu seiner Zufriedenheit ausgefallen war.
Er ging zum Tisch und faltete eine Landkarte von Kanada auseinander. Er dachte nach, rechnete und zeichnete endlich ein großes Dreieck ein, dessen Grundlinie die beiden Orte, mit denen er eben telefoniert hatte, verband.
Schließlich führte er ein drittes Telefongespräch, diesmal mit einem Partner in Detroit.
»Wir haben’s, Dutch«, sagte er, dann gab er eine Reihe Zahlen und Himmelsrichtungen durch und fügte hinzu: »Beeil dich, wenn du einen Fehler machst, bist du erledigt!«
Abermals legte er den Hörer auf. Er zog den weißen Mantel aus.
»Stehen Sie auf«, sagte er zu dem Mann auf dem Bett. »Sie sind kein Patient mehr, betrachten Sie sich als geheilt, Jetzt ist’s mir egal, wenn jemand reinkommt. Gehen wir.«
Sie verließen das Hotel. Der angebliche Patient trug einen kleinen Handkoffer, der angebliche Arzt hatte eine Tasche dabei. Er hielt ein Taxi an und ließ sich und seinen Begleiter zum Flugplatz fahren. Während der sechseinhalb Meilen durch den spärlichen Morgenverkehr wurde kein Wort gesprochen. Am Flugplatz stiegen der Mann mit der Gummimaske und sein Begleiter aus und traten in die Halle.
Der angebliche Arzt entdeckte einen hünenhaften Menschen, der ein Ticket nach Sault Ste. Marie löste, und suchte instinktiv hinter einem Zeitungsstand Deckung. Dann lachte er gehässig vor sich hin und beschloß, sich künftig zu beherrschen. Schließlich konnte niemand ihn unter der Maske erkennen, außerdem hatte Renny ihn gar nicht gesehen.
Renny hatte den Mann mit der Maske tatsächlich nicht bemerkt, aber die jähe Bewegung war ihm aufgefallen. Er wandte dem Mann mit der Maske den Rücken zu und hielt eine Zeitung vors Gesicht. Aber er las nicht, er starrte auf seinen breiten Platinring, der eine Platte wie ein Siegelring hatte und ihm als winziger Spiegel diente.
Der Mann war ihm auf den ersten Blick fremd, doch stellte Renny bald fest, daß der Unbekannte eine Maske trug, und das allein war mehr als verdächtig. Er musterte den Begleiter des Maskierten.
Dieser kaufte eben zwei Flugkarten nach Soo, wie Sault Ste. Marie allgemein genannt wurde. Er war jung und kräftig, hatte dunkle Augen, hohe Backenknochen und eine schmale, leicht gebogene Nase; alles in allem wirkte er wie ein Indianer aus dem Bilderbuch.
Renny war dem Mann am Vorabend, nachdem er sein Referat gehalten hatte, im Hotel begegnet; er hieß Marquette Heller und war im Begriff, als Bergwerksingenieur sich einen Namen zu machen. Er war Mischling; einer seiner Vorfahren sollte ein Häuptling der Ojibways gewesen sein, und trotz seiner Jugend verstand er von Eisenerzen erstaunlich viel.
Der junge Mann war Renny vorgestellt worden und hatte ihm sofort gefallen. Mark Heller hatte angenehme Manieren und die bescheidene Neugier, die einen strebsamen Studenten auszeichnet. Vielleicht war er ein wenig zurückhaltend, aber das ließ sich durch seine Abstammung erklären. Indianer waren notorisch vorsichtig, eine bedrohliche Wildnis hatte sie dazu erzogen, außerdem fühlte er sich unter Weißen möglicherweise unbehaglich.
Renny dachte darüber nach, als er mit den übrigen Passagieren in die Maschine stieg. Er fand einen Platz neben dem Menschen mit der Maske, nur durch den schmalen Gang von ihm getrennt; Marquette
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