DS044 - Das Höhlenreich
riskante Manöver gewagt, hinter statt vor dem quergestellten LKW durchzuflitzen, womit die Gangster offenbar nicht gerechnet hatten. Ein paar wütende Schüsse hallten hinter ihnen her. Doc riß die Limousine mit so jähem Lenkradeinschlag auf die Straße zurück, daß es seine Helfer von den Sitzen hob.
»Heiliges Kanonenrohr!« japste Renny.
Und schon ließ Doc den Wagen wieder voranpreschen, dem grünen Coupé hinterher.
Die dahinjagenden Wagen verließen jetzt die Region der Verkehrsampeln und jagten auf der offenen Schnellstraße dahin. Wegen der hohen Geschwindigkeit nahmen sich die am Rand vorbeiflitzenden Baumstämme wie die Staketen eines Lattenzauns aus. In den Kurven geriet das Coupé vor ihnen ins Schlingern und drohte auszubrechen. Docs schwere Limousine hingegen lag wie eine Flunder platt und sicher auf der Straße.
Auf einer geraden Strecke gelang es Doc, vorzupreschen und sich neben das Coupé zu setzen.
»He, das ist drüben gar nicht Ool!« rief Long Tom aufgeregt, während die beiden Wagen Kotflügel an Kotflügel dahinschossen. »Jemand hat sich da nur das Gesicht weiß geschminkt, um wie Ool auszusehen!«
»Ool wäre sich wohl auch viel zu schade gewesen, bei einer solchen Raserei seinen Hals zu riskieren«, sagte Doc.
»Aber wer hat dann ...«
Long Tom kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Ein ohrenbetäubendes Krachen und Metallkreischen war zu hören, als der Fahrer des Coupés Docs schwere Limousine zu rammen und von der Fahrbahn zu drängen versuchte.
Der Trick erwies sich jedoch als Bumerang, da er Docs verstärkte Kotflügel nicht einkalkuliert hatte. Es war sein Coupé, das von Docs Wagen zurückprallend von der Fahrbahn abkam, den flachen Graben an der Straßenseite durchraste, sich mehrmals seitlich überschlug und liegenblieb.
Docs Wagen hingegen war kaum aus der Spur gekommen. Der Bronzemann bremste, schaltete die Scheinwerfer aus, und die Limousine kam zum Stehen, daß es sie alle von den Sitzen hob. Was Doc dann tat, kam für seine Helfer völlig überraschend.
»Setz dich hinter das Lenkrad«, wies er Ham an. »Bring den Wagen in die Stadt zurück. Im Hauptquartier hört ihr wieder von mir.«
Doc stieß die Wagentür auf, überquerte die Straße und verschwand im Schatten einer hohen Hecke.
Am Coupé, das mit den Rädern nach oben liegengeblieben war, vergewisserte er sich zunächst, daß der Fahrer und der Gangster, den der dabei gehabt hatte, tot waren. Er ließ sich Zeit, ihre Taschen und den Wagen nach Papieren zu durchsuchen, fand aber nichts, was ihm einen Hinweis gegeben hätte. Ham war mit der Limousine inzwischen abgefahren.
In der nächtlichen Stille hörte er ein charakteristisches Flopp-flopp-flopp, blickte auf und erkannte am Sternenhimmel die Umrisse eines Hubschraubers, der, sämtliche Lichter abgeschaltet, genau auf ihn zuhielt. Doc blieb gerade noch Zeit, in die Deckung einer Baumgruppe zu huschen, als auch bereits Maschinengewehrgarben vom Nachthimmel peitschten.
Doc trug niemals eine der Kompakt-MPis, auf die sich seine Helfer so sehr verließen. Er wollte nicht von einer Waffe abhängig sein, sondern sich zur Selbstverteidigung lieber auf seine natürlichen Körperkräfte, seinen Einfallsreichtum und allenfalls die Geräte in seiner Weste verlassen. Aber gegen einen anfliegenden Hubschrauber war er machtlos. So mußte er sich damit begnügen, die Lage der nächsten MG-Garbe vorauszuahnen und ihr auszuweichen, was ihm auch gelang. Keines der Geschosse wurde ihm gefährlich.
Nach etwa zwei Minuten wirkungslosen Feuerns schwebte der Hubschrauber in niedriger Höhe ab. Aus seiner Deckung heraus beobachtete Doc, wie er, keine vierhundert Yards entfernt, im Hof eines Farmhauses niederging.
Doc verließ den Schutz der Bäume und arbeitete sich querfeldein auf das Farmhaus zu. Als er um eine Scheune bog, sah er im Sternenschein neben dem Hubschrauber zwei silhouettenhafte Gestalten stehen, die verhalten, aber hitzig miteinander zu streiten schienen.
Doc lauschte und hörte deutlich, wie mehrfach sein Name und der Ausdruck ›Bronzekerl‹ fielen.
Dann brüllte einer der beiden Männer plötzlich so laut, daß Doc es klar und deutlich verstehen konnte: »Kommt nicht in Frage. Mit dem Hubschrauber kommen wir hier zwar weg, aber dort können wir nirgendwo mit ihm landen. Wir nehmen den Wagen.«
Die beiden Männer hasteten eine Zufahrt entlang, die zu der nahen Schnellstraße führte. Doc folgte ihnen, bis er das Klappen einer Wagentür und das
Weitere Kostenlose Bücher