DS044 - Das Höhlenreich
krächzte Renny. Mit seiner kräftigen Stimme hatte er immer Mühe, leise zu sprechen.
»Wir machen nichts. Wir bleiben hier und warten ab, was sich nach der Sprengung für eine Situation ergibt. Es ist das einzige, was wir machen können.«
Bowens bösartige Stimme hallte auf, und diesmal wandte er sich nicht an seine Gangster, sondern an Doc.
»Savage, Sie sitzen in der Falle!« rief er. »Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, oder bleiben Sie dort. Die Wahl liegt bei Ihnen. Sie müssen dann aber auch die Konsequenzen tragen!«
Doc gab keine Antwort.
Es vergingen ein paar Sekunden, in denen Bowen offenbar nach der günstigsten Stelle für die Sprengung suchte. Dann kam auch schon ein jähes Aufblitzen und eine ohrenbetäubende Detonation. Vor Doc und seinen Männern kam die Tunneldecke herab. Gesteinsstaub wallte auf, daß sie husten mußten. Dann wurde es still. Still wie in einem Grab.
Die Wirkung der Gewehrgranate in dem engen Tunnel war verheerender gewesen, als Bowen erwartet hatte. »Verdammt«, sagte er, nachdem sich der Gesteinsstaub gesetzt hatte, »jetzt haben wir sie wahrscheinlich mitsamt der Teile, die sie aus dem Luftschiff mitgenommen haben, begraben.«
Mit tonloser Stimme sagte Ool: »Die Teile werden wir schon irgendwie ersetzen können. Aber die schwarze Brille hätten wir uns wenigstens zurückholen sollen.«
»Wir werden auch ohne sie auskommen«, gab Bowen murmelnd zurück. »Gehen wir jetzt in das Labyrinth?«
»Ja«, sagte Ool.
Bowen und seine Männer hoben die drei auf, die von den Gnadenkugeln immer noch bewußtlos waren, und wandten sich, geführt von Ool, in eine andere Tropfsteinhöhle, folgten von dort aus weiteren Tunnels in immer neue Höhlen. Häufig genug gerieten sie auf losem Geröll ins Stolpern. Gespenstisch geisterten die Lichtkegel ihrer Taschenlampen durch das Dunkel und warfen bizarre Schatten.
Ool orientierte sich an gewissen Markierungen, Kratzern, die hier und dort an den Höhlenwänden angebracht waren. Die ganze Art, wie er dies tat, deutete darauf hin, daß er selbst sie dort angebracht hatte.
»Mann, oh Mann!« rief Hamhock Piney und verdrehte die Augen, als sie ein neues Höhlensystem betraten, in dem die Wände eine Art bleiernen Glanz hatten. »Hier kann man ja das Gruseln bekommen.«
»Von hier an sind die Höhlen als das Land der Verlorenen bekannt«, bemerkte Ool vielsagend. »Kein Mensch ist jemals so weit in sie eingedrungen und lebend wieder herausgekommen.«
»Aber Sie sind doch lebend herausgekommen«, wandte Hamhock mit zittriger Stimme ein.
»Das war etwas anderes«, sagte Ool. »Und ich bin auch der einzige, der das jemals geschafft hat.«
Mehrere Stunden lang bewegten sie sich durch immer neue Höhlen und Tunnels.
Plötzlich verhielt Ool mitten im Schritt, so daß Bowen, der unmittelbar hinter ihm ging und nicht darauf gefaßt war, ihn von hinten anrempelte. Ool starrte zu Boden.
»Was haben Sie?« fragte Bowen scharf.
Ool deutete stumm auf die Fußspuren, die sich im Bodenstaub abzeichneten. Sie waren klein, wie von einem Kind. Eine runde Ferse und die fünf Zehen zeichneten sich schwach ab, ein Zeichen, daß der Betreffende Mokassins mit sehr dünnen Sohlen getragen haben mußte. Auch die anderen Gangster waren stehengeblieben und drängten sich herum.
»Was kann Sona hier gewollt haben?« sagte Ool. Seine sonst so tonlose Stimme klang verwundert.
»Sona?« fragte Bowen.
Ool deutete auf ein paar kaum erkennbare Markierungen, die sich innerhalb des Sohlenabdrucks abzeichneten. »Ja, das ist Sona gewesen«, erklärte er entschieden. »Nur sie allein hat das Recht, auf ihren Schuhsohlen das Herrschaftszeichen zu tragen.«
»Wer, zum Teufel, ist Sona?« verlangte Bowen zu wissen.
Anstatt ihm zu antworten, leuchtete Ool in die Richtung, in die die Fußspuren liefen. »Sie muß erst vor ein paar Minuten hier vorbeigekommen sein.« Er wies auf die feinen Staubteilchen, die dort, wo die Fußspur hinführte, noch in der Luft schwebten. »Los, schnell, vielleicht können wir sie noch abfangen!« Er rannte in die Richtung, und die anderen hasteten hinterher.
Es war eine Sache von Minuten, bis sie ihre Beute in Sicht bekamen. Es war ein Mädchen.
Es begann zu rennen, als es die Männer kommen hörte. Langes Blondhaar mit einem Goldschimmer wehte hinter ihrem Kopf, und ein hauchdünner Stoff, der sich eng an ihre Haut schmiegte, ließ dabei jede Rundung ihrer grazilen Gestalt erkennen. Dazu trug sie eine Brille mit dicken schwarzen
Weitere Kostenlose Bücher