DS050 - Gefahr unter dem Eis
»wir wissen allerdings nicht, wie zuverlässig sie ist. Angeblich sind zwei Rettungsboote gefunden worden, und zwar in der Nähe der norwegischen Küste – bei den Lofoten.«
»Eine Inselgruppe vor der nordwestnorwegischen Küste«, rekapitulierte Doc mechanisch. »Vom Kanal bis zu den Lofoten sind es mindestens tausend Meilen! Das klingt ein wenig phantastisch. Haben Sie etwas über die Kommission erfahren?«
»Fast nichts«, erwiderte der Berater. »Die Berichte sind ziemlich wirr. Vorläufig versuchen wir herauszufinden, was mit der
Trafalgar Square
wirklich geschehen ist. Wie es heißt, ist die Fähre irgendwo aufgetaucht, aber ohne Passagiere und ohne Besatzung. Die Kommission ist gesichtet worden, als sie in einem der Rettungsboote nordwärts abgetrieben wurde. Sie haben recht, die Geschichte klingt in der Tat phantastisch.«
»Ich werde mich darum kümmern«, versicherte Doc. »Ich werde dieser Sache auf den Grund gehen.«
Der Berater in Washington gab noch einige lahme Floskeln von sich und legte auf. Doc legte ebenfalls auf und wandte sich an seine Gefährten.
»Freunde«, sagte er heiter, »wenn ihr noch was zu erledigen habt, solltet ihr es in den nächsten zwölf Stunden tun. Wir verreisen!«
»Ich hab nichts zu erledigen«, erklärte Ham. »Und wohin sollen wir fahren?«
»Nicht fahren, sondern fliegen«, korrigierte Doc, »und zwar in arktische Regionen. Es dürfte sich empfehlen, warme Kleidung einzupacken.«
Monk kam wieder; er hatte die Zeichnung abgeliefert. Renny brutzelte in Docs Küche ein Frühstück für fünf Personen, Ham deckte in Docs Wohnzimmer den Tisch. Die Männer hatten ihre Mahlzeit kaum beendet, als die Türklingel anschlug.
»Es geht wirklich zu wie in einem Taubenschlag«, bemerkte Long Tom. »Wenn ich an die vorige Nacht denke, wachsen mir noch im nachhinein graue Haare.«
»Bleibt sitzen«, sagte Doc. »Ich mache selber auf.« Aber sie blieben nicht sitzen. Sie folgten ihm ins Empfangszimmer. Doc öffnete die Tür, und ein blutüberströmter Mann taumelte herein und brach zusammen. Zwischen seinen Schulterblättern steckte ein Dolch.
»Großer Gott!« sagte Ham. »Da kommt die nächste Leiche, und wir sind die erste noch nicht mal los ...«
Doc kümmerte sich um den Verwundeten.
»Das ist doch der Norweger, Hjalmar Landson«, sagte Long Tom. »Er ist heute nacht mit Kama und Callus fortgegangen, aber Callus ist noch einmal umgekehrt.« Mit Docs Hilfe richtete Landson sich auf, sah sich glasig um und wischte mit dem Handrücken das Blut aus dem Gesicht. Doc und Renny bugsierten ihn zu einem Sessel.
»Mr. Savage ...« sagte Landson heiser, »Sie ... Sie müssen ... Knut Aage ... er ... wird ...«
Er kippte nach vorn. Doc schnellte zu dem Wandschrank, griff seine Arzttasche und präparierte eine Injektion. Seine Männer standen hilflos dabei. Doc jagte dem Norweger die Nadel in den Oberschenkel. Wie von weit her kam Landson noch einmal zu sich.
»Sie ... werden’s kriegen«, stammelte er. »Suchen ... Knut Aage ... Saltep Fjord ... Moskenes ... Der tote Professor ... Kama hat ... hat kaufen wollen ... gehen Sie hin ...«
Er röchelte, sein Kopf kippte auf die Brust. Renny hielt den Norweger fest, damit er nicht vom Sessel fiel. Landon atmete noch einmal tief ein, seine Augen brachen.
»Der tote Professor...«, wiederholte Monk piepsig. »Wahrscheinlich hat er Homus Jasson gemeint. Aber was hat er sagen wollen?«
»Wir werden es wohl nie erfahren«, erklärte Doc. »Moskenes ist eine der Lofoten-Inseln. Aber wer ist Knut Aage ...?«
Die Frage war rhetorisch, denn auch die übrigen Männer konnten nicht wissen, wer Aage war. Doc untersuchte den Dolch. Er war ziemlich lang und gebogen, der Knauf war mit Achaten verziert.
»Kama«, gab Ham zu bedenken. »Vermutlich hat er den Norweger umgelegt.«
»Der Dolch spricht dafür«, sagte Doc nachdenklich. »Aber als Beweis reicht er natürlich nicht aus.«
»Ich wäre da nicht so sicher«, meinte Renny. »Das soll heißen, daß Kama vielleicht auch nicht der Mörder ist! Schließlich gibt es da auch noch die rothaarige Lora und ihren verschwiegenen Bruder.«
»Jedenfalls sollten wir endlich die Polizei verständigen und die Toten abholen lassen«, sagte Ham. »Erstens laden wir uns sonst Scherereien auf, und zweitens wird es hier allmählich ein bißchen eng.«
Doc blickte auf die Uhr.
»Wir werden uns noch eine Weile gedulden müssen«, sagte er. »Es ist nämlich Punkt acht.«
8.
Washington hatte
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