DS058 - Das Ungeheuer aus dem Meer
Baracken. Mittags brachte einer der grünen Teufel Lebensmittel und Töpfe für die Neuankömmlinge. Bei dieser Gelegenheit erfuhren sie, daß jeder Gefangene seine Mahlzeit selbst kochen mußte. Am Strand lag genügend Treibholz zum Feuermachen. Streichhölzer stellte großmütig Piper zur Verfügung.
Monk war so unvorsichtig, sich von seinem Topf zu entfernen, um sich mit Ham ein wenig zu zanken. Als er wiederkam, war sein Topf leer – einer der Zweiundzwanzig hatte den Inhalt gestohlen. Empört beklagte sich Monk bei einem der grünen Teufel. Der lachte ihn aus und empfahl ihm, künftig besser aufzupassen. Einstweilen hatte er keine andere Wahl, als bis zum Frühstück zu hungern.
Am Nachmittag schleppten die Männer abermals Steine, und am Abend kam der See-Engel.
Das Ungeheuer erschien am oberen Rand des Felsenkessels und stand unbeweglich da. Johnny entdeckte es zuerst und sagte seinen Freunden Bescheid. Sie stürzten aus der Baracke und starrten nach oben. Die Zweiundzwanzig blieben auf ihren Pritschen; offenbar fühlten sie sich nicht angesprochen.
Piper trat ebenfalls aus seiner Baracke, blickte triumphierend zu Doc und seiner Gruppe und winkte dem See-Engel zu. Der See-Engel erwiderte den Gruß, indem er behäbig mit dem rechten Flügel wedelte.
»Bis jetzt habe ich Piper für den See-Engel gehalten«, bekannte Renny. »Doc, was meinst du, was hat es mit diesem Ungetüm auf sich?«
Doc schwieg. Er hatte die unbequeme Angewohnheit, Fragen zu überhören, auf die er keine Antwort wußte oder wenn er von seinen Gefährten erwartete, daß sie eine Antwort auch ohne ihn fanden.
Der See-Engel blieb stehen, bis es dunkel wurde. Die Männer setzten sich vor die Hütte und überließen sich ihren Gedanken, die so verschieden waren wie ihre Temperamente und ihre Charaktere. Nach einer Weile trat Nancy Quietman aus ihrer Baracke und kam schüchtern näher. Ehe sie etwas sagen konnte, wurde sie von Boscoe entdeckt und zurückgepfiffen. Von da an konnte Nancy keinen Schritt mehr ohne Bewacher tun. Die Bewacher wurden alle paar Stunden abgelöst.
Am nächsten Morgen suchte sich Doc einen besonders harten Felsbrocken aus, dem die übrigen Gefangenen bisher sorgfältig ausgewichen waren, weil er allzuviel Kraft beanspruchte, ehe er in brauchbare Quader gespalten war. Doc hämmerte drauflos, als wäre der Unterschied für ihn belanglos.
In der Mittagspause zeigte er dem grünen Teufel, der ihn behütete, seinen Hammer. Der eiserne Kopf war bei der Tätigkeit zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft. Der grüne Teufel besorgte ihm einen neuen Hammer und legte ihm nahe, sich weniger harte Steine vorzunehmen.
Abends brach ein kalter Wind auf und fegte über den Talkessel, wenig später fiel Schnee. Er stäubte über die Felsenwände wie Puderzucker. Piper trat zu den Männern in die Baracke.
»Bleibt heute nacht unter dem Dach«, warnte er. »Draußen könnt ihr erfrieren.«
Er veranlaßte, daß Flanelltücher ausgeteilt wurden, mit denen die Männer die Halseisen umwickeln konnten, damit das kalte Metall nicht mit ihrer Haut in Berührung kam. Er paßte auf, daß alle den Befehl befolgten, er benahm sich wie ein fürsorglicher Vater. Schließlich wandte er sich an Doc.
»Normalerweise steht Smalling über Funk mit uns in Verbindung«, sagte er. »Er hat in seiner Wohnung eine starke Sendeanlage, aber er meldet sich nicht, wir können ihn auch nicht erreichen. Haben ... haben Sie ihm was getan?«
»Nein«, sagte Doc.
Piper runzelte die Stirn und zerwühlte mit den Händen seinen roten Schopf. Er blickte Doc eindringlich in die Augen.
»Ich frage mich, ob Coolins ihn geschnappt hat«, sagte er. »Ich fürchte, ich muß mit dem U-Boot nach New York fahren und ermitteln.«
»Ich werde Sie bestimmt nicht daran hindern«, sagte Doc.
»Dann bringe ich gleich einen Politiker mit.« Pipers
Kummer erlosch. »Er hat sich an Steuergeldern vergriffen!«
Er lachte fröhlich, als wäre Percy Smalling seiner Erinnerung entfallen. Doc hatte längst aufgehört, Pipers Verhalten bemerkenswert zu finden.
»Kennt Smalling diesen Talkessel?« fragte er.
»Er kennt den Längen- und den Breitengrad«, sagte Piper. Vertraulich beugte er sich vor, damit außer Doc niemand ihn verstand. »Ich will Ihnen die Wahrheit verraten. Wir sind auf Island!«
Doc kannte Island und wußte, daß die isländische Küste anders beschaffen war, auch gab es dort nicht solche Felsen, Diese Felsen waren typisch für Labrador; außerdem war das
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