DS061 - Die Gedankenmaschine
zu.
Einen Augenblick waren die Männer nebenan wie gelähmt. Ehe sie sich von ihrer Überraschung erholt hatten, reagierte Ham blitzschnell und diesmal ohne Nervosität. Er hatte sein Manöver so gründlich verpatzt, daß er nicht mehr nervös zu sein brauchte. Mehr Fehler, als er begangen hatte, konnte er schwerlich begehen. In dieser Situation blieb ihm nichts anderes übrig, als die Flucht nach vorn anzutreten. Als die Männer im Nebenzimmer zur Tür stürmten, zog Ham seine Maschinenpistole aus der Schulterhalfter und gab einen Feuerstoß ab. Die Männer hielten abrupt an und warfen sich zu Boden.
Eine Sekunde später erwiderten sie das Feuer. Gleich Ham schossen sie, ohne zu zielen. Ham lief zum Fenster und schob es hoch, dann legte er leise einen Stuhl um, um einen etwaigen Betrachter zu der irrigen Meinung zu verleiten, der Eindringling wäre durch’s Fenster gekommen und durch die Falltür geflüchtet. Mindestens sollten die Gangster zu der Überzeugung gelangen, daß der Eindringling nicht mehr im Haus war. Wieso die Wächter auf den Veranden seinen Rückzug nicht beobachtet hatten, war ganz allein ihr Problem; sie würden ihre Schlafmützigkeit vor Pete zu verantworten haben, und tatsächlich waren sie schlafmützig. Andernfalls wäre es Ham gar nicht erst gelungen, unter das Haus zu schleichen.
Geduckt eilte er zu einer anderen Tür, durch die nicht geschossen wurde, und kam auf einen kurzen Korridor, von dem Stufen nach oben führten. Ham hastete treppauf, erreichte eine andere Tür und trat ein.
»Du!« sagte unter allen Anzeichen der Verwunderung eine piepsige Kinderstimme. »Eben hab ich noch von dir gesprochen, und da bist du schon!«
Ham stellte fest, daß er sich auf einem unübersichtlichen Dachboden befand. Überall waren Stützen und Streben, durch einige Luken sickerte trübes Licht. Unter einer der Luken lag Monk und war so sorgfältig verschnürt, wie ein Mensch überhaupt verschnürt werden kann.
»Du hast meine Pistole gehört«, sagte Ham. »Wer sonst also hätte dich retten können ...«
Er zog sein Klappmesser und zerschnitt Monks Fesseln.
»Ich hab nicht nur deine Pistole gehört, sondern einen Lärm wie von einer ganzen Armee«, wandte Monk ein. »Du solltest den anderen Gentleman auch befreien.«
»Wieso bist du ein Gentleman?« fragte Ham spitz. »Und wo steckt dein Leidensgefährte?«
Monk deutete mit dem Finger in einen Winkel. Ham strengte seine Augen an und entdeckte einen Mann, der an Händen und Füßen gefesselt war. Der Mann war klein und untersetzt, hatte graue Haare und ein rosiges Gesicht. Ham säbelte an den Stricken, und der grauhaarige Mann richtete sich auf und streckte sich, als wäre er eben von einem Nickerchen auf gewacht.
»Danke«, sagte er reserviert. »Wie beurteilen Sie unsere Chancen, lebend dieses Haus zu verlassen?«
»Nicht übel«, erwiderte Ham. »Einen Versuch ist dergleichen immer wert.«
Der grauhaarige Gentleman stand auf und zupfte an seiner Garderobe. Er trug einen vorzüglich geschnittenen Golfanzug, der jedoch nicht mehr ganz sauber war. Ham hatte einen Verdacht, aber er wünschte eine Bestätigung.
»Wer sind Sie?« fragte er.
»Mein Name ist Jethro Mandebran«, sagte der Gentleman mit Würde. »Und mit wem habe ich die Ehre?«
Ham teilte es ihm mit.
Die Gangster im Erdgeschoß ballerten immer noch auf die Mauern, und Ham begriff, daß sie den ungebetenen Besucher nach wie vor im Salon wähnten. Ihnen schien nicht aufgefallen zu sein, daß ihr Feuer nicht mehr erwidert wurde. Er schlich an die Tür zum Treppenhaus und lauschte.
Pete schrie etwas. Er mußte seine Botschaft einige Male wiederholen, damit seine Leute sie trotz des Lärms verstanden. Ham verstand ebenfalls die Botschaft. Pete schickte einige seiner Leute in die Sträucher ringsum, damit sie das Haus umzingelten und der Eindringling nicht entkam. Bis jetzt, so überlegte Ham, hatten Pete und sein Anhang offenbar noch nicht bemerkt, daß ein Stuhl umgestürzt und das Fenster offen war, andernfalls hätten die Gangster die Möglichkeit mindestens erwägen müssen, daß der gespenstische Gast sich bereits zurückgezogen hatte.
»Wo ist Ihr Sohn?« fragte Ham den älteren Mandebran.
»Haben diese Lumpen ihn gefangen?« erwiderte Mandebran.
»Ja«, sagte Ham. »Sie haben ihn in New York auf offener Straße entführt.«
»Diese Verbrecher!« brüllte Mandebran. »Wenn ich sie in die Finger kriege, werde ich sie zermalmen!«
Er hatte Pech, daß im selben Moment
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