DS065 - Angriff aus dem Dunkel
Erschüttert blieben Ham und Monk stehen und starrten in das Loch.
»Oh!« sagte Annabel naiv. »Woher kommt das?«
»Eine reizvolle Frage«, sagte Ham gepreßt. »Wieso ist der Flügel des Finanzministeriums in Washington eingestürzt ...«
»Ja«, sagte Annabel tonlos. »Es ist also wahr!«
Ham lauerte.
»Was ist wahr?« wollte er wissen.
Sie sah ihn an, als wollte sie etwas sagen, dann überlegte sie es sich offenbar anders. Schnippisch zuckte sie mit den Schultern und wandte sich ab.
»Reden Sie!« schnauzte Monk. »Wenn wir für Sie was tun sollen, haben wir auch einen Anspruch darauf, die Tatsachen zu erfahren! Was haben Sie uns die ganze Zeit verschwiegen?«
Wieder zitterte sie und nahm sich mühsam zusammen.
»Ich ... habe nichts verschwiegen«, sagte sie. Ihre Stimme klang brüchig. »Ich bin nervös. Sie dürfen nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage legen.«
»Wir legen nichts auf die Goldwaage«, versicherte Monk. »Ihnen gegenüber waren wir bisher sogar ungewöhnlich großzügig. Wenn jemand anders uns so in die Tinte geritten hätte wie Sie in Washington, hätten wir ihm schon Hand- und Fußeisen angelegt. Unsere Gutmütigkeit haben Sie ausschließlich Ihren schönen Augen zu verdanken, aber Sie sollten unsere Einfalt nicht allzu sehr strapazieren.«
Sie starrte wieder zu dem Loch in der Mauer.
»Wir müssen Warren finden«, sagte sie schüchtern. »Wenn wir da einsteigen, stoßen wir möglicherweise auf die beiden Männer, die ihn mitgenommen haben. Bestimmt haben sie ihn niedergeschlagen, dann müssen sie ihn tragen und kommen nur langsam vorwärts.« Unvermittelt mutig übernahm sie die Führung. Vorsichtig schlossen Ham und Monk sich an; sie hatten ihre kleinen Maschinenpistolen gezogen, und Monk ließ wieder die Stablampe aufflammen. Sie drangen durch die Mauer ins Fort und fanden zwar nicht Allen, aber zwei tote Männer.
12.
Das Loch in der Mauer war eher ein Tunnel und führte zu einem unterirdischen Lagerraum, und die beiden Toten trugen Uniformen einer zivilen Wachgesellschaft, der die Armee offenkundig die Aufsicht über die Festungswälle übertragen hatte. Anscheinend hatten die Wächter sich auf einem Rundgang befunden, denn sie waren mit Laternen und Pistolen ausgerüstet. Sie lagen verkrümmt auf dem Boden und waren unverletzt; woran sie gestorben waren, ließ sich nicht erkennen.
Ham, Monk und das Mädchen gingen tiefer in den Lagerraum, der verwüstet war, als wäre ein Orkan darüber hinweggefegt. An den Wänden hatten einmal Regale mit Gewehren gestanden; die Waffen und die Gestelle waren nur noch zersplittertes Holz und verbogenes Metall, das von einer unvorstellbaren Gewalt in der Mitte zusammengefegt worden war. Eine der Mauern hatte eine Delle, und durch die Betondecke zogen sich lange Risse.
Annabel Lynn zitterte abermals.
»Dieser Keller macht einen sehr unsicheren Eindruck«, meinte Ham. »Wir sollten uns schleunigst in einen anderen Keller begeben.«
Abermals ließ Monk den Lichtkegel seiner Taschenlampe wandern. Im Hintergrund war eine Stahltür mit einem Schild, auf dem in roter Schrift ein Verbot prangte, den Raum hinter der Tür zu betreten. Monk ließ sich nicht abschrecken. Die Tür war unverschlossen, dahinter waren Granaten gestapelt. Ein Lastenaufzug war die einzige Verbindung mit der Oberwelt.
»Ein Glück, daß diese dicken Brocken nicht in dem zertrümmerten Keller gestapelt waren«, sagte Monk ehrfürchtig. »Dann wäre jetzt nichts mehr davon übrig – und von Staten Island auch nicht. Die Munition hätte die Insel bis nach Iowa geblasen.«
»Ich weiß beim besten Willen nicht, was wir machen sollen«, sagte Ham leise. »Was immer wir unternehmen, kann verkehrt sein. Wenn Doc hier wäre, könnten wir wenigstens Kriegsrat halten.«
»Doc hält keinen Kriegsrat«, korrigierte Monk. »Er ist ein Freund einsamer Entschlüsse.«
Das Mädchen war wie erstarrt vor Schreck, und zum erstenmal wirkte sie nicht wie eine mehr oder weniger routinierte Schauspielerin. Mit aufgerissenen Augen betrachtete sie die ungeheure Menge Kriegsmaterial.
»Ich fürchte, ich muß Doc Savage endlich die Wahrheit sagen«, flüsterte sie. »Dieses infernalische Ding muß aus dem Verkehr gezogen werden!«
Ham musterte sie scharf.
»Sie sollten uns auch endlich die Wahrheit sagen!« erklärte er eisig. »Von welchem infernalischen Ding reden Sie?!«
Sie runzelte die Stirn.
»Ich war vor einigen Tagen an der Rockaway Beach«, erklärte sie. »Ich
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