DS065 - Angriff aus dem Dunkel
mit einem Taxi zum Embassy Club fuhren. Er hatte Monk im Verdacht, daß dieser sich nicht zuletzt deswegen so verunstaltete, weil er ihn, Ham, ärgern wollte, und dieser Verdacht war richtig.
Der Embassy Club befand sich in einem der alten, verschnörkelten Gebäude an der Pennsylvania Avenue. Ein halbes Jahrhundert zuvor hatte das Haus einem europäischen Monarchen, der längst gestürzt und vergessen war, als Botschaft gedient. Mittlerweile beherbergte es das exklusivste Restaurant der Vereinigten Staaten. Alles zeugte von einem erlesenen Geschmack, sogar das Essen, und die Orchester, die den Gästen bei der Mahlzeit aufspielten, produzierten Musik weniger mit Lärm als mit Verstand und Gefühl. Ham atmete auf, als Monk seinen grünen Mantel an der Tür einem livrierten Neger übergab und sich danach von der gepflegten Gesellschaft, die den Speisesaal, die Bar und die Mokkastuben bevölkerte, nicht mehr wesentlich unterschied.
Ein schlanker junger Mann mit blonden Locken, der dezent nach Parfüm duftete, begrüßte sie. Der junge Mann war Warren Allen. Ham benahm sich, wie es sich gehörte, aber Monk drückte dem jungen Mann die Hand, als wollte er sie zermalmen, und nickte ihm gönnerhaft zu. Zufrieden stellte er fest, daß er dem jungen Mann auf Anhieb so unsympathisch war wie dieser ihm.
»Da drüben ist die Dame, die Sie gern kennenlernen möchte«, sagte Warren Allen mit zerquältem Gesicht. »Sie heißt Annabel Lynn. Wenn Sie mir bitte folgen wollen ...«
Annabel lehnte allein an der Bar, trug ein tief ausgeschnittenes Abendkleid und nippte an einem farbenfrohen Cocktail. Ham fand das Mädchen hinreißend und verheimlichte es nicht, und Monks Laune wurde besser. Als Allen sich entschuldigte und sich in ein Nebenzimmer verzog, raffte Monk sich zu einem heiteren Grinsen auf.
»Ich hatte schon die gräßlichsten Befürchtungen«, teilte er mit. »Aber jetzt scheint’s doch noch ein prächtiger Abend zu werden. Wenn ich so was Hübsches wie Sie zu sehen kriege, kann eigentlich nicht mehr viel passieren.«
»Danke«, sagte das Mädchen artig. »Ich muß mit Ihnen reden.«
»Fangen Sie an«, sagte Monk. »Deswegen sind wir hier.«
»Aber nicht an der Bar«, sagte das Mädchen leise. »Ich will nicht, daß uns jemand hört.«
Sie ging voraus in eine der Mokkastuben, die leer waren, weil sämtliche Gäste sich im Speisesaal und an der Bar versammelt hatten. Nicht einmal ein Kellner war da, der Kaffee oder Martini hätte servieren können. Das Mädchen und die beiden Männer setzte sich an einen Tisch.
»Ich habe versucht, in New York Doc Savage zu erreichen«, sagte das Mädchen im Verschwörerton. »Er scheint verreist zu sein ...«
»Das ist möglich«, sagte Ham zurückhaltend. »Was wollten Sie von ihm?«
»Ich ... ich habe Angst«, bekannte stockend das Mädchen. »Ich hatte gestern morgen am Strand von Rockaway Beach ein gräßliches Erlebnis! Aber ich glaube, in diesem Club ist man vor Lauschern nicht sicher. Können wir uns nicht woanders treffen, sagen wir in einer Stunde?«
Ham nickte. Monk sagte nichts, aber seine Unzufriedenheit war ihm anzusehen. Ham ahnte, was ihn bewegte. Monk hatte Hunger, der durch den angenehmen Geruch, der aus dem Speisesaal drang, nicht geringer wurde.
»Kommen Sie ins Restaurant La Grecia«, sagte das Mädchen. »Das ist an der Ecke der Norfolk und der Y Street.«
»Gern«, sagte Ham. Mit Rücksicht auf Monk fügte er hinzu: »In einer halben Stunde!«
Das Mädchen verabschiedete sich schnell, und Ham und Monk traten auf die Straße, nachdem Ham sich wieder in seinen schwarzen Abendmantel und Monk sich in seinen scheußlichen Trenchcoat gewickelt hatten. Der Portier winkte ihnen ein Taxi heran.
»Das Mädchen hat Angst«, sagte Ham, als sie im Wagen saßen. »Aber nicht nur vor etwaigen Lauschern im Club.«
»Mit dieser Annabel Lynn stimmt was nicht«, meinte Monk. »Vielleicht sollten wir Doc verständigen. Wir haben gar keine Zeit, um uns mit Unannehmlichkeiten herumzuschlagen, schließlich sind wir in Washington, um den Kongreß für ein Krankenhausprogramm weichzukneten.«
Während das Taxi um etliche Ecken bog, blickte Ham sich immer wieder um. Er kniff die Augen zusammen und lockerte vorsorglich die Klinge seines Stockdegens.
»Nach meiner Ansicht sind die Unannehmlichkeiten schon da«, sagte er leise.
»Wieso?« fragte Monk alarmiert.
»Wir werden verfolgt.«
»Von wem?«
»Hinter uns ist eine Limousine. Sie ist seit fünf Minuten nicht mehr von
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