DS065 - Angriff aus dem Dunkel
zuckte er zurück.
»Entschuldige, Ham«, sagte er erschrocken. »Beinahe hätte ich dich umgemäht.«
Der Mann, den er für Ham gehalten hatte, boxte ihm kräftig unters Kinn, und Monk ging wieder runter. Ham schaltete auch den Mann aus, der ihm oberflächlich ähnlich sah, und half Monk auf die Beine.
»Du bist ein Schuft«, grollte Monk. »Du hast mich gehauen!«
»Ich nicht«, sagte Ham mit Verachtung. »Wahrscheinlich brauchst du eine Brille. Da liegt der Mann, der dich gehauen hat.«
Monk besah sich den Kerl. Dieser war dunkelhaarig wie Ham, vorzüglich angezogen wie Ham und hatte einen schwarzen Spazierstock wie Ham, war aber ein wenig größer. Beim trüben Licht der einsamen Straßenlaterne war eine Verwechslung durchaus möglich.
»So eine Gemeinheit«, schimpfte Monk. »Wir lassen die Kerle liegen, wir werden ihnen nicht einmal ihre Limousine stehlen, damit sie ohne Aufenthalt flüchten können, wenn sie wieder zu sich kommen. Hast du eine Ahnung, wie weit es noch bis zu dem verdammten Finanzministerium ist?«
»Noch zwei Häuserblocks«, erklärte Ham. Er deutete mit dem Degen. »In diese Richtung.«
Sie marschierten die Straße entlang. Nach einiger Zeit schälte sich das mächtige graue Gebäude aus der Nacht. Sämtliche Fenster waren dunkel. Ham und Monk waren bereits nah vor dem unansehnlichen Klotz, als aus einer Seitenstraße ein grünes Taxi heranrollte und sekundenlang anhielt. Die rechte rückwärtige Tür wurde geöffnet, jemand spähte heraus, dann knallte die Tür zu und das Taxi jagte weiter. Monk blieb perplex stehen.
»Ein grünes Taxi!« sagte er wütend. »Da war doch mit Sicherheit das Mädchen drin!«
»Und ist weitergefahren ...« Ham zuckte mit den Schultern. »Wer soll sich da noch zurechtfinden?«
»Ich!« behauptete Monk. »Das ist eine Falle. Das Mädchen und dieser Allen haben’s auf uns abgesehen. Aber wir werden ihnen die Suppe versalzen!«
»Damit ist das Ministerium für uns gegenstandslos geworden«, entschied Ham. »Wir kehren um und greifen uns einen der Kerle, die uns überfallen haben. Wir werden ihn so lange unter Druck setzen, bis er die Wahrheit auspackt«
Doch dazu hatten sie keine Gelegenheit mehr. Plötzlich fühlten sie sich von einer unsichtbaren Gewalt gepackt, die versuchte, ihnen die Rippen zu zerquetschen. Sie würgten und wanden sich und versuchten vergeblich, sich aus dem gespenstischen Griff zu befreien; dann war unvermittelt alles vorbei, als wäre nichts geschehen. Ham und Monk japsten nach Luft. Keiner von ihnen sagte etwas; es hatte ihnen die Sprache verschlagen. Einen Augenblick später löste sich ein Teil der Fassade des Ministeriums auf. An einer Ecke verwandelten die Steine sich von oben bis unten in Staub und ergossen sich über die Straße, Schreibtische, Stühle, Aktenschränke und Bilder polterten hinterher. Scheinbar aus dem Nichts tauchten Passanten auf und starrten wie gelähmt auf das befremdliche Schauspiel, aus dem Gebäude strömten uniformierte Wächter, und aus der Ferne jaulten Streifenwagen heran. Polizisten in blauen Uniformen überschwemmten die Gehsteige und die Fahrbahn.
»Ein Attentat«, sagte Monk leise. »Jemand hat eine Bombe hochgejagt!«
»Wir haben keine Explosion gehört«, gab Ham zu bedenken. »Wir haben auch nicht gesehen, daß Leute ohne Uniform aus dem Haus gekommen wären.«
»Also kein Attentat.« Monk nickte. »Sondern?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Ham. »Ich hatte den Eindruck, als wäre die Hausecke einfach zerbröckelt.«
Ihr eigenes Abenteuer, als scheinbar unsichtbare Fäuste sie gepackt hatten, war vorübergehend vergessen. Als sie sich daran erinnerten, scheuten sie sich, darüber zu sprechen. Sie kehrten dorthin zurück, wo sie die sechs Männer aus der Limousine liegen gelassen hatten.
Die Männer und die Limousine waren verschwunden.
»So was gibt’s nicht«, sagte Monk sinnlos. »Das Gift an deinem Degen wirkt nicht sehr lange, aber jetzt wirkt es bestimmt noch. Die Kerle hatten Komplizen in der Nähe, die sie eingesammelt haben.«
»Vermutlich«, meinte Ham. »Fassen wir mal zusammen – das Mädchen hat uns zu dem Restaurant bestellt, Allen schickt uns zum Ministerium, unterwegs werden wir attackiert, und dann kippt das halbe Haus um. Irgendwer erlaubt sich einen schlimmen Streich und möchte uns zum Zeugen haben.«
»Das Mädchen«, sagte Monk. »Allen. Und dann natürlich die sechs Ganoven in der Limousine. Aber das sind nur Marionetten, die von einem perfiden
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