DS075 - Der kalte Tod
sie zu schreien. Ihr weißes Gesicht war inzwischen bläulich angelaufen. Wheeze ließ ihren schlaffen Körper zu Boden sacken.
»Binde sie, Smoke«, befahl er, »und zwar gründlich.«
Er selbst zwängte sich in den Tresorraum, nachdem er dem anderen Mann einen Befehl zugerufen hatte. Seine Hände zitterten, als er die länglichen Kästen packte und hinauszureichen begann. Dann kam er zu dem letzten, von der Frau halb offen gelassenen. Die Krampen waren lose und der Deckel halb offen. Wheeze starrte den Inhalt an.
»Keine schlechte Idee«, murmelte er, »diesen einen hierzulassen.«
Als alle Kästen in dem in der Einfahrt geparkten Wagen verstaut waren, kam Wheeze ins Haus zurück. Der schlanke Körper der Frau lag auf einem grünen Seegrasteppich. Mit den Händen war sie an die Füße eines schweren Sessels gefesselt, so daß sie außerstande war, sich wegzuwälzen. Über ihrem Mund klebte ein Pflasterstreifen.
»Nicht, daß es eigentlich nötig wäre«, grunzte Wheeze. »In diese gottverlassene Gegend kommt sowieso niemand außer Var.«
Der Busen der Frau wogte. Ihre Augenlider flatterten und öffneten sich. Ihre graugrünen Augen starrten haßerfüllt.
Dann lächelte er leise und ging in den Tresorraum. Dort überzeugte er sich, daß der Deckel des einzigen zurückgebliebenen Kastens locker aufgelegt geblieben war. Er ließ die schwere Stahltür einen Spalt breit offen. Als er herauskam, betätigte er den Lichtschalter. Der seltsam möblierte Raum wurde in Dunkelheit getaucht.
In dieser Dunkelheit starrte die Frau zu der angelehnt gebliebenen Tresorraumtür hinüber. Niemand konnte den Terror sehen, der bei ihr alle anderen Gefühle verdrängt hatte.
Wheeze McGoverns mit Fenstervorhängen versehene Limousine bog etwa eine Meile von dem Haus im Wald entfernt in den geteerten Highway ein. Für Kriminelle, die einen Tatort verließen, legten die Insassen keine große Hast an den Tag.
Sobald der Wagen Geschwindigkeit aufgenommen hatte, legte Wheeze dem Fahrer die Hand auf den Arm.
»Immer langsam mit den Pferdestärken«, warnte er. »Niemand jagt uns – ssss – und wir wollen nicht von einer Verkehrspatrouille gestoppt werden. Also nimm den Fuß vom Gas.«
In gemäßigtem Tempo fuhr der Wagen weiter. Bis zu der Abzweigung zu dem Haus im Wald waren es schon über eine Meile. Zwei oder drei Wagen waren ihnen bisher entgegengekommen. Zwei hatten sie überholt, in Richtung des Lichtscheins von New York City, der sich am Nachthimmel abzeichnete.
Ein weiterer Wagen kam ihnen entgegen, mit aufgeblendeten, aber nur schwach strahlenden Scheinwerfern. Das Gesicht des Fahrers war bleich und verzerrt. Der Wagen war ein klappriger alter Roadster, fast ohne Farbe, und der Fahrer holte aus ihm offenbar das letzte an Geschwindigkeit heraus.
Im Vorbeiflitzen konnten Wheeze und seine Männer das Gesicht im Dunkeln nicht erkennen. Sonst würden sie wohl nicht so gemächlich weiter auf die City zugefahren sein.
Der Fahrer des Wagens war der mysteriöse Scraggs. Er seinerseits schien den anderen Wagen erkannt zu haben. Ein kurzes Stück weiter den Highway entlang bremste er kreischend ab, wendete und jagte Wheeze McGoverns Limousine hinterher.
Ein halbes Dutzend Scheinwerferpaare entgegenkommender Wagen fingerten über den Highway, als sich Scraggs Roadster langsam von hinten an Wheezes Limousine heranschob. Der Fahrer eines der entgegenkommenden Wagens verlangsamte ebenfalls die Fahrt. Nur eine Minute später flitzte ein von hinten kommender schwerer Wagen sowohl an Scraggs Roadster als auch Wheezes Limousine vorbei.
Aus dem Nachtdunkel erschien zwischen fingernden Scheinwerferpaaren plötzlich ein anderer Lichtstrahl. Er war blau und kalt. Und das weitere geschah so schnell, daß ein Beobachter Mühe gehabt haben würde, alle Einzelheiten zu registrieren.
Der Kaltlichtstrahl schien auf Wheeze McGoverns Wagen gerichtet zu sein, nur verfehlte er den offenbar, denn die Limousine fuhr weiter, schoß jetzt voran.
Der blaue Lichtstrahl wanderte vom Highway ab, legte ein silberblaues Band durch das Nachtdunkel, das man meilenweit hätte sehen können, wenn auch nur für Sekunden oder Bruchteile davon. Der Kaltlichtstrahl erfaßte jetzt die Gegend im Wald, aus der Wheeze und seine Männer gekommen waren.
Die gleich darauf erfolgende Explosion hatte die Gewalt eines ausgebrochenen Vulkans. Eine gigantische Stichflamme schoß zum Nachthimmel hoch, bis zum Highway hinüber. Ein Krater von mehr als hundert Metern
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