DS087 - Der purpurne Drache
herauszuschlagen.
»Heilige Kuh, Doc, ich verstehe nicht, wie du das aushältst«, beklagte er sich und preßte die Lippen zusammen, was ihm ein streng puritanisches Aussehen gab. Er beschloß, sich lieber wieder aus dem eiskalten Duschraum zurückzuziehen. »Ich warte im Büro auf dich. Ich habe da etwas, das dich interessieren wird.«
Der Bronzemann nickte. Einen Moment später betrat er einen kleinen Ankleideraum neben der Dusche und zog sich rasch an. Als er daraus auftauchte, war ihm nichts von der Kältetortur anzumerken, die er gerade durchgestanden hatte.
Doc Savages Hauptquartier nahm den ganzen sechsundachtzigsten Stock eines der höchsten Wolkenkratzer im Herzen von Manhattan ein.
Der Bronzemann durchquerte das weitläufige Laboratorium und die Bibliothek und betrat die Empfangsdiele, die gleichzeitig als Büro diente.
Renny saß dort in einem Sessel, seine strengen Gesichtszüge noch grimmiger als üblich. Er hielt einen Zeitungsausschnitt in der Hand.
Wortlos reichte er den Zeitungsausschnitt Doc, und der überflog ihn. Ein verhaltener Trillerlaut erfüllte daraufhin den Raum.
Renny war davon offenbar nicht weiter überrascht. Er wußte, Doc gab diesen Laut unwillkürlich immer dann von sich, wenn ihn etwas höchst überraschte.
Der Ausschnitt stammte aus einer Chicagoer Zeitung und lautete:
ELF JAHRE ZURÜCKLIEGENDER MORD ENTDECKT
Die Überreste einer Leiche, die als die von Joe Mavrik, einstmals Mitglied der berüchtigten Hatrack-Bande aus der Zeit der Prohibition, identifiziert wurde, wurden heute in den Büschen neben einer Landstraße, dreißig Meilen nördlich der Stadt, entdeckt.
Mavrik, der 1929 verschwand, kurz nach dem Mord an zwei anderen Gangstern, war erschossen worden. Obwohl wenig mehr als ein Skelett von ihm übrigblieb, war die Identifizierung anhand eines Stückchen Haut möglich, die an einem Finger zurückgeblieben war.
Der tote Gangster galt einst als rechte Hand von Pal Hatrack, der kürzlich in einem staatlichen Zuchthaus starb. Die Polizei hatte seit langem geglaubt, daß Mavrik tot sei, aber bis heute hatte sich kein konkreter Hinweis auf seinen tatsächlichen Verbleib ergeben.
Zur Zeit seines Verschwindens wurde Mavrik zwecks Einvernahme über die Morde an Gunsey Murphy und Pinkle Smith gesucht, zwei Gunmen der Cicero-Bande.
Nach dem Zustand der Leiche zu urteilen, erklärte der Leichenbeschauer, müßte Mavrik schon damals vor elf Jahren erschossen worden sein, wahrscheinlich aus Rache für die Morde an Gunsey und Pinkle.
Doc Savage blickte auf. Goldflitter schienen in seinen braunen Augen zu tanzen, was ihnen eine ganz eigenartige, fast hypnotische Wirkung gab. »Hast du die Sache bereits überprüft?« fragte er mit ruhiger, unbewegter Stimme.
»Ich habe mit dem Sheriff in Lamar telefoniert. Hiram Shalleck verschwand vor einer Woche. Der Sheriff war neugierig, aber ich sagte ihm nicht, warum ich Auskunft über Shalleck haben wollte. Was ich nicht! verstehe, ist, wieso die Polizei glaubt, daß der Mord schon vor elf Jahren begangen wurde«, beklagte sich Renny.
Der Bronzemann tat es mit einem Achselzucken ab. »Die Leiche wurde wahrscheinlich entsprechend präpariert, denn die Killer wußten, dann würde seitens der
Polizei keine oder höchstens eine oberflächliche Mordermittlung eingeleitet werden. Bei einem kürzlichen Mord hingegen würde die ganze polizeiliche Fahndungsmaschinerie anlaufen.«
»Wenn es Shalleck war, war es ein kürzlicher Mord«, sagte Renny mit Nachdruck.
Doc Savage ließ ihn darauf ohne Antwort. Er ging zum Telefon und rief den Cook-County-Coroner von Chicago an. Als er seinen Namen nannte, wurden seine Fragen bereitwillig beantwortet.
Die goldflackernden Augen des Bronzemanns blickten starr, als er sich zu Renny umwandte.
»Die Untersuchung des Skeletts hat gezeigt, daß an dem Mann vor längerer Zeit eine Hirnoperation vorgenommen wurde«, sagte er leise.
Renny stieß einen langgezogenen Pfiff aus. »Heilige Kuh! Dann war es also tatsächlich Shalleck, einer der Absolventen deines Colleges.«
Doc Savage sagte daraufhin nichts, aber Renny wußte, was er dachte. Er nahm stets großes Interesse an jenen, die seine Helfer scherzhaft als die Absolventen seines Colleges bezeichneten. Mit ihnen hatte es eine besondere Bewandtnis.
Doc hätte die Schurken, die er im Laufe seiner Unternehmungen fing, der Polizei übergeben können. Aber er versprach sich nichts davon, wenn sie für eine begrenzte Zeit ins Gefängnis gesperrt und
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