DS087 - Der purpurne Drache
plötzlich die Augen vor. Verflixt, Mike Peacocks Flüsterkneipe mußte hier in diesem Saloon gewesen sein! Der Untersetzte mußte geglaubt haben, daß sie ihm immer noch gehörte.
Behutsam stellte der Barkeeper das Colaglas hin. Schweißtröpfchen waren in sein schwammiges Gesicht getreten.
Jetzt war es ihm plötzlich eingefallen. Die beiden kleinen Kerle, die zuletzt hereingekommen waren, hatten einst zu der berüchtigten Cicero-Bande gehört und waren dann gekillt worden. Joe Mavrik, Chefkiller von Pal Hatrack, dem großen Gangsterboß, sollte die beiden angeblich auf ihre letzte Fahrt mitgenommen haben. Und ein paar Tage später war dann Mavrik verschwunden. Und der Mann, der zuerst in die Bar hereingekommen war, mußte dieser Joe Mavrik gewesen sein!
Aber das gab es doch nicht! Zwei Männer, die seit elf Jahren tot waren, sollten mit ihrem Killer hier an der Bar gestanden haben?
Der Barkeeper konnte sich kaum auf den Beinen halten, als er zum Telefon wankte und die Polizei anrief. Wenn Geister miteinander zu trinken anfingen, war es höchste Zeit, Hilfe zu holen.
Joe Mavrik alias Hiram Shalleck war ebenfalls in einer Lage, wo er dringend Hilfe brauchte. Er fühlte sich völlig durcheinandergebracht. Er wußte inzwischen, daß er Joe Mavrik hieß, daß er ein großes Tier in Chicago war und hier auf eine Fahrt mitgenommen wurde, von zwei Männern, die er für tot gehalten hatte. Und daß er für seine Unvorsichtigkeit würde büßen müssen.
Gleichzeitig schien ihm ein anderer Teil seines Gedächtnisses zu sagen, daß er gar nicht Joe Mavrik war. Er war Hiram Shalleck. Er war ein ehrbarer Bürger, führte irgendwo weit von Chicago weg, in einer kleinen Stadt, ein Geschäft mit einem Lunchwagen.
Er versuchte sich genauer daran zu erinnern, gab es aber schließlich auf. Er fühlte sich sowieso schwindlig, wahrscheinlich von den Drinks, die er allzu schnell hinuntergestürzt hatte. Verwunderlich war das nicht, da er, seit er den Lunchwagen führte, nie mehr Alkohol getrunken hatte. Und das Geschäft mit dem Lunchwagen hatte er jahrelang betrieben. Oder doch nicht?
Er wandte sich zu dem kleinen Mann um, der links von ihm saß. »Was ist hier eigentlich im Gange, Gunsey? Oder bist du überhaupt Gunsey? Gunsey ist doch tot und Pinkle auch.«
»Klar sind sie das«, sagte der kleine Mann überraschend, mit fast beschwichtigender Stimme.
Joe Mavriks Stimme steigerte sich zum Schreien. »Was soll dann dies alles? Wo bringt ihr mich hin? Wer bin ich?«
Der kleine Mann gab ihm darauf keine Antwort. Der Fahrer wandte den Kopf nach hinten, sah aber gleich wieder auf die Straße zurück. Er lenkte den Wagen unter der Hochbahn durch, überholte zwei Wagen und hielt vor einer Verkehrsampel.
Mavrik-Shalleck sah sich wild um. Direkt gegenüber war eine Buchhandlung. Das Bild eines Mannes mit bronzefarbenen Gesichtszügen hing dort im Fenster. Was unter dem Bild stand, konnte Mavrik-Shalleck auf die Entfernung nicht entziffern. Aber wie gebannt blieb sein Blick an dem Bild hängen. Einen Moment lang blickte er vor sich hin, dann blitzte es in seinen Augen vor jäher Erinnerung auf.
»Jetzt weiß ich’s!« schrie er. »Bringt mich zu Doc Savage – schnell!«
Seine Worte überschlugen sich jetzt. Zum größten Teil waren es seltsame, unzusammenhängende Worte. Er schrie, daß Doc Savage sein Freund sei, und daß der Bronzemann seinen Freunden nichts zustoßen lasse. Dann wieder schien er zu denken, daß er sich in einem Flugzeug befand.
Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck, wurde zu einer entsetzten Maske, und seine Stimme sank zu einem Flüstern ab. »Der Purpurne Drache! Der Purpurne Drache, der einem den Verstand auseinanderreißt!«
Bei diesem Ausbruch Mavriks lenkte der Fahrer den Wagen rasch in eine verlassene Seitenstraße hinein, in der niemand Mavriks Schreie hören konnte.
Der Fahrer wartete, bis Mavrik sich beruhigt hatte. Dann wandte er fragend den Kopf.
Der kleine Mann mit der Pistole nickte. »Die Idee, daß er sich für verrückt halten soll, wird nicht mehr lange ziehen. Nach und nach wird dem Kerl immer mehr einfallen.«
Der Fahrer zuckte die Achseln, wendete und fuhr zurück auf die Hauptstraße und aus der Innenstadt hinaus.
Joe Mavrik war in Schweigen verfallen. Er schien jetzt keine Angst mehr zu haben, daß ihm etwas geschehen könnte. Er fühlte, daß er kurz davor war, dahinterzukommen, was geschehen war. Und tatsächlich begann es sich wie ein Puzzlespiel zusammenzusetzen.
Er
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