Dschiheads
Dann gaben sie ihm mit der geflochtenen Peitsche aus Dongoleder je fünfzig Hiebe auf jede FuÃsohle. Er schrie vor Schmerzen, und als er wieder losgebunden wurde, wankte er weinend über den Landungssteg zu seinem Boot, seine elenden Schuhe in der Hand. Einige der Dorfbewohner lachten und warfen ihm Steine nach. Ich war starr vor Entsetzen und Mitleid. Die blutigen FuÃabdrücke auf dem Landungssteg glitzerten im Licht des Abendhimmels.
Nun ging ich selbst zum Fluss hinunter â obwohl die Sonne schon ziemlich hoch über dem Horizont stand und ich nur einen Hut ohne Schleier auf dem Kopf hatte â und legte meine roten, geschwollenen Hände auf die kühle Haut einer Begleiterin des Flusses. Ich spürte ihre Zuwendung. Es war eine Labsal, ihren schlanken weichen Leib zu berühren und ihr zuzusehen, wie ihre Trinkrüssel müÃig Schlangenlinien in die Strömung des Flusses malten.
Ich schmiegte mich an sie, hielt mich ganz still und weinte. Es waren Tränen des Zorns und der Enttäuschung, und zum ersten Mal dachte ich ans Weglaufen â für immer.
Ich hörte ein leises Schnauben, und als ich den Blick hob, sah ich in die aktinisch hell blitzenden Augen zweier Dongos, die ihren Kopf aus den gelbbraunen Fluten hoben. Ihre Rüssel bewegten sich fragend.
Hörten sie Anzos stumme Schreie?
Später, als ich zurückkam, standen Anzos Sandalen immer noch unten an der Treppe, klein, abgetragen und einsam. Ihr Anblick war so herzzerreiÃend, dass ich schluchzte.
Am Abend â ich lag auf meiner Matte und hatte schon ein wenig geschlafen â klopfte es an unserer Haustür. Mein Vater ging nach drauÃen. Ich hörte eine erregte Frauenstimme und dann meine Mutter aus dem Schlafzimmer rufen: »Lass bloà dieses Weib nicht rein! Du weiÃt doch, wie die Leute reden.«
»Bist du noch wach, Suk?«, rief mein Vater.
»Ja«, sagte ich, stand auf und ging nach vorn.
»Anzos Mutter fragt, ob du weiÃt, wo er ist. Ob er vielleicht hier ist.«
»Niemals«, rief meine Mutter aus dem Schlafzimmer. »Wie kommt die nur auf so etwas!«
»Er musste im Tempel bleiben«, berichtete ich mit stockender Stimme. »Der GroÃarchon hat ihn dabehalten. Er hat ihn bestraft.«
Anzos Mutter sah mich mit schreckgeweiteten Augen an. Mir war mulmig zumute.
»Weshalb?«, fragte sie.
Ich zuckte mit den Achseln. »Weil wir mit den Händen reden.«
»Wie soll der Junge denn anders reden?«, rief sie wutentbrannt. »Dieses Ungeheuer!«
Sie drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
»Was hat diese Schlampe da Lästerliches gesagt?«, lamentierte Mutter. »Und das an unserer Tür! Gott sei unseren Seelen gnädig. Sie hat Seine Heiligkeit beleidigt.«
| 11 |
Ailif verschränkte die Hände im Nacken, streckte die FüÃe von sich und starrte an die Decke. »Mein Vater ist viel im System herumgekommen, Maurya. Er war auch einige Male hier auf Hot Edge. Er hat mir von den Dongos erzählt und den geheimnisvollen Riesenraupen. Und auch von den elastischen Wasserbäumen, diesen Dijkengeln, die hundert Meter oder mehr in die Höhe wachsen, wenn das Meer ansteigt, sich der Flut entgegenstemmen und die Wellen brechen, die sonst weit das Delta hinaufdonnern würden. Er war auch auf Eisauge und erzählte mir von den blutroten Luftquallen, die nachts aus den Gletscherspalten aufsteigen und sich von den Nordostwinden zu den eisfreien Zonen des Ãquatorgürtels tragen lassen, um dort ihre Hunderte Meter langen giftigen Tentakel auf die Büffelherden abzuschieÃen und den sterbenden Tieren das Blut auszusaugen. Es ist ein schauriger Anblick, sagte er, wenn sie sich wie blutiger Schaum um die erlegte Beute drängen, um sich ihren Anteil zu sichern, bevor sie sich von den Konvektionsströmen wieder hochtragen lassen und in die Eisregion zurückkehren, verfolgt von den Hirten auf ihren gepanzerten AG -Plattformen, die mit Laserkanonen Jagd auf sie machen und sie zerschieÃen, bevor sie sich in ihren Schlupfwinkeln durch Teilung vermehren können. Das waren Geschichten ganz nach unseren Herzen. Batta und ich hingen an seinen Lippen.« Ailif seufzte und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen. »Bevor er starb, sagte er etwas sehr Seltsames zu mir. âºAilifâ¹, sagte er, âºich sterbe zwar bald, wenn ich dem Arzt glauben darf, aber deshalb bin ich nicht tot. Ich lebe dann
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