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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Augenbrauen und sein Bart waren vom Staub weiß gepudert. Wo der Schweiß herabgeströmt war, trat seine dunkle Haut hervor. Er sah aus wie ein schmelzendes Gespenst.
    Ich trank wie ein Verdurstender. Sand knirschte zwischen meinen Zähnen. Vater zündete die erloschene Kerze wieder an, erst beim dritten Versuch gelang es ihm. Mutter starrte seine Hände an und bewegte die Lippen, sagte aber nichts. Der Raum stank nach Schweiß und dumpfen Ausdünstungen. Ich würgte.
    Â»Trink, so viel du kannst«, krächzte Vater und reichte mir erneut den Krug. Ich schüttelte den Kopf – mir war übel von dem vielen Wasser im Magen –, aber ich drückte ein nasses Tuch gegen Stirn und Nacken. Plötzlich hatte ich Platzangst und musste meinen ganzen Willen aufbieten, um nicht zur Tür zu stürzen und ins Freie zu laufen. Es hätte meinen sicheren Tod bedeutet, der Sturm hätte mich in die Wüste hinausgeschleudert und in wenigen Minuten unter Sandmassen begraben.
    Irgendwann musste ich das Bewusstsein verloren haben oder vor Erschöpfung in der verbrauchten Luft eingeschlafen sein, denn als Vater mich an der Schulter rüttelte, war das Tosen verstummt.
    Ãœberall war Sand ins Haus eingedrungen, und wir mussten uns mit aller Kraft gegen die Tür stemmen, um sie einen Spaltbreit zu öffnen. Es war noch Tag, aber die Welt hatte sich verändert. Es würde lange dauern, den Sand wegzuschaufeln und in den Fluss zu kippen, und viel Wasser nötig sein, um alles wieder sauber zu kriegen.
    Â»Womit haben wir das verdient?«, klagte Mutter. »Schon der dritte Sturm in diesem Jahr. Weshalb straft uns Gott so?«
    Vater musterte sie schweigend. Ihr Haar war ebenfalls weiß vom Staub. Sie reichte uns kalten gekochten Fisch. Ich zupfte die Filets vom Rückgrat und stopfte sie mir in den Mund. Es knirschte zwischen den Zähnen, aber die Happen waren köstlich.
    Wie drei Geister standen wir vor der Haustür. Auch aus den anderen Häusern tauchten Geister auf, waren krächzende Stimmen zu vernehmen. Vom Tempel herab bimmelte die Glocke und rief zur Abendandacht.
    Mutter weinte. Die Tränen zogen dunkle Furchen über ihre gepuderten Wangen – es war, als liefen ihr die schwarzen Augen aus. »Danke, dass Du uns errettet und beigestanden hast in unserer Not, Du Einziger Alleiniger Gott«, schluchzte sie laut, damit es die Nachbarn auch gewiss hörten.
    Scheiße, dachte ich. Wer denn, wenn nicht Er, hat uns diesen Sturm geschickt?
    Die Gefährtinnen des Flusses spitzten durch die Verwehungen am Ufer und richteten sich allmählich wieder zu ihrer vollen Größe auf, beugten sich über das Wasser, entrollten ihre Trinkrüssel. Der Ontos wälzte sich dahin – er sah aus, als hätte man ihm eine Rüstung aus Metall übergestreift. Zwei zunehmende Monde, ängstlich zusammengedrängt wie Dongos in Not, waren am Abendhimmel zu sehen, der sich wieder mit Blau füllte. Doch noch Stunden nach Sonnenuntergang glühte er kupferfarben, als wäre eine zweite, viel größere Sonne aufgezogen, die sich diffus über den Horizont wölbte und vergeblich versuchte, Gestalt anzunehmen.

| 15 |
    Zwei Tage nach dem Ausflug zu den Reliefs landeten Fischer einen Dongokadaver am Ufer an. Jespersen holte ihn mit dem Hub von der Uferböschung. Dann bugsierte er ihn in einen großen Raum unter der Station und legte ihn auf einer Werkbank ab.
    Â»Er wiegt vierundvierzig Kilo«, sagte er mit einem Blick auf die Anzeigen. »Ein durchschnittliches Exemplar.«
    Â»Der ist aber schon länger tot«, sagte Jonathan, nachdem er den Dongo beschnüffelt hatte.
    Auch Ailif inspizierte den Kadaver. »Ein Auge ist zerstört, das andere wurde entfernt. Passiert so etwas hier öfters?«
    Jespersen zuckte mit den Achseln. »Häufig, ja.«
    Â»Wissen Sie den Grund?«
    Â»Ich weiß nicht viel darüber. Manche sind ganz scharf darauf, Dongoaugen zu ergattern.«
    Â»Wozu?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Ailif glaubte Jespersen kein Wort. »Sie zerfallen zu Ruß, oder?«
    Â»Ja, aber das kann man angeblich verhindern.«
    Â»Wie?«
    Â»Soviel ich weiß, muss man sie entnehmen, solange das Tier, also der Dongo, noch lebt. Und man muss sie in ein Öl einlegen, in dem bestimmte Flussalgen gekocht wurden. Dann bleiben sie erhalten.«
    Â»Wozu soll das gut sein?«
    Â»Fragen Sie mich etwas Leichteres,

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